TBSV gegen Leverkusen: Funkstille vor dem Duell der Andresen-Schwestern

BSV-Kapitänin Marie Andresen spielte bereits vier Mal gegen ihre Schwester - verlor aber alle Duelle. Foto: Jan Iso Jürgens/IsoluxX
Buxtehude gegen Leverkusen ist nicht nur das Traditionsduell in der Handball-Bundesliga der Frauen, es ist auch das Duell der Andresen-Schwestern. Wie gehen die beiden vor dem Spiel am Sonnabend damit um?
Buxtehude. Im Haus der Familie Andresen gab es eine Waschküche mit zwei Holztüren, die eine führte ins Bad, die andere ins Zimmer der älteren Schwester. Die Türen standen sich im Abstand von vielleicht fünf Metern gegenüber - und mussten oft als Handballtore herhalten.
Denn in der Waschküche warfen sich die Schwestern Marie und Johanna Andresen die Bälle um die Ohren. Sehr zum Ärger der älteren Schwester Freia. „Je älter wir wurden, desto härter wurden die Würfe und desto mehr knallte es am Holzrahmen“, sagt Marie Andresen und lacht.
Die Sonderschichten auf dem elterlichen Bauernhof unweit der deutsch-dänischen Grenze haben den Schwestern wohl nicht geschadet. „Hanni musste dadurch schon früh lernen, gut zu werfen, um ein Tor zu machen“, sagt Marie Andresen, die seit der D-Jugend im Tor steht.
Fünftes Andresen-Duell
Am Sonnabend (16 Uhr) könnte es in der Halle Nord erneut zu dieser Begegnung kommen: Marie Andresen (29), Kapitänin und Torhüterin des Buxtehuder SV, trifft auf Johanna (24), Rückraumspielerin und seit dieser Saison bei Bayer Leverkusen.
Während sich die Bundesliga-Dinos zum 70. Mal gegenüberstehen, gehen die Andresen-Schwestern in ihr fünftes Privatduell. Das wissen sie sehr genau. In der zweiten Liga standen sie sich vor einigen Jahren schon viermal gegenüber. Marie für Werder Bremen, Johanna für Nord Harrislee. Siegerin war jedes Mal: Johanna.
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„Ich erinnere mich an ein Spiel in Bremen, da habe ich ein paar Tore mehr geworfen. Das war ganz witzig“, sagt Johanna Andresen im Gespräch mit ihrer Schwester, „aber ich würde lieber auf das Tor einer anderen Torhüterin werfen als auf das von Marie, auch wegen ihrer aktuellen Form.“
Seltsame Situation vor dem Spiel
Überhaupt scheint es für die ganze Familie eine komische Situation zu sein. „Unsere Mama hat schon gesagt, dass es für sie als Mutter etwas Besonderes ist, so etwas zu erleben.“ Wen soll sie anfeuern? „Aber noch schöner wäre es, wenn wir in einer Mannschaft spielen würden.“
Marie und Johanna Andresen kommen aus einer Gegend, in der man am Handball kaum vorbeikommt. Der Vater war Flensburg-Fan. Marie Andresen begann im Grundschulalter mit dem Handball, die fünf Jahre jüngere Johanna eiferte ihr nach. Wegen des Altersunterschieds spielten sie in der Jugend nicht zusammen.
Doch da es in Harrislee zeitweise keine A-Jugend gab, durfte Johanna Andresen bereits für die Damenmannschaft um Schwester Marie spielen. Johanna blieb ihrem Heimatverein lange treu, war Führungsspielerin und Abwehrchefin. Erst im Sommer wechselte sie nach Leverkusen.
Schwestern kommen spät in die Bundesliga
Was auffällt: Beide Schwestern haben den Schritt in die Bundesliga erst spät gewagt. „Die Ausbildung zur Physiotherapeutin hatte Vorrang“, sagt Johanna Andresen. Schwester Marie unterstützte sie bei dem Wechsel, hörte sich in der Szene um und befand Leverkusen als „Top-Adresse“.
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Marie Andresen selbst kam mit 26 in die Bundesliga und startete erst in der Vorsaison durch. Gleich in ihrem ersten Jahr in Buxtehude wurde sie zur BSV-Handballerin der Saison gewählt. Seit diesem Sommer ist sie Kapitänin und eine der formstärksten Torhüterinnen der Liga.
Doch der BSV hat große Probleme, steht auf Platz zehn und musste kürzlich das Karriereende von Spielmacherin Kalia Klomp verkraften. „Das ist extrem traurig. Wir waren geschockt“, sagt Marie Andresen.
BSV-Kapitänin im Prüfungsstress
Andresen ist in einer solchen Situation als Kapitänin gefordert. Sie versucht, das Amt in diesen Wochen so gut wie möglich auszufüllen, „auch wenn meine Zeit sehr begrenzt ist“, sagt sie. Wenn nicht gerade Training oder Spiel war, hat sich Andresen zuletzt „24/7“ auf die letzte Prüfung ihres Referendariats vorbereitet.
Am gestrigen Donnerstag hatte sie an der Grundschule Harburger Straße erst Unterrichtsbesuche in ihren Fächern Mathe und Sport und dann eine mündliche Prüfung. „Ich weiß nicht, ob ich wegen der Prüfung oder wegen des Spiels am Samstag aufgeregter bin“, sagte Andresen am Dienstag.
Der BSV wird es nicht leicht haben. Gegner Leverkusen hat am Mittwoch den VfL Oldenburg mit 29:25 geschlagen und ist jetzt Achter. „Leverkusen wird mit breiter Brust in die Halle Nord kommen“, sagt Co-Trainer Adrian Fuladdjusch, der den erkrankten Dirk Leun vertritt. Johanna Andresen warf ein Tor.
Fuladdjusch vertritt Trainer Leun
Außerdem muss der BSV ohne gelernte Spielmacherin auskommen. Dabei hätte Sinah Hagen nach überstandener Knieverletzung spielen können, doch nun hat sie sich im Training ein Band im Daumen angerissen. „Es ist jetzt die Challenge, das zu kompensieren“, sagt Fuladdjusch. Marie Andresen: „Wir werden das als Team auffangen.“ Von Krisenstimmung sei nichts zu spüren.
Marie und Johanna Andresen haben ein gutes Verhältnis, werden sich aber am Samstag nichts schenken. „Hanni hat schon lange nicht mehr auf mein Tor geworfen, aber ich glaube, ihre Lieblingsecke hat sich nicht geändert“, sagt Marie Andresen.

2019 trafen die Schwestern Marie (links) und Johanna, hier mit einer Nichte, mit Werder Bremen und dem TSV Nord Harrislee aufeinander. Foto: privat/nomo
Über Handball reden die beiden in diesen Tagen weniger. Interna über die Kadersituation werden natürlich nicht ausgeplaudert, auch wenn es Anfragen aus dem Umfeld der beiden gibt: Zum Beispiel, ob Leverkusens Toptalent Viola Leuchter am Samstag spielen wird.
Große Unterstützung von den Rängen
Marie Andresen: „Einige meiner Mitspielerinnen wollten wissen, was mit Viola ist. Aber ich spreche meine Schwester nicht darauf an. Ich erzähle ihr ja auch nicht, wie es bei uns ist.“
Johanna Andresen: „Unsere kleine Schwester Sophie hat auch schon gefragt.“
Marie Andresen: „Aber ich habe sie nicht darauf angesetzt.“ Beide lachen.
Für das Spiel haben sich bis zu 50 Leute aus ihrem Umfeld angekündigt. Mutter, Oma, die beiden Schwestern, ihre Nichten, Cousins, Cousinen, Tanten, Freundinnen. Und danach? „Wir gehen zusammen essen und feiern dann hoffentlich meinen Sieg und meine bestandene Prüfung.“
Tickets gibt es unter tickets.bsv-live.de und an der Tageskasse.