TBahn statt Lkw: EVB will mehr Güter auf die Schiene bringen

Mehr als 30 Güterlokomotiven hat die EVB im Einsatz. In der Wiederbelebung des Einzelwagenverkehrs, im Zubringerdienst und mit neuen Partnern beabsichtigt das Unternehmen Güter auf die Schiene zu holen. Foto: EVB
Der Lkw-Verkehr nimmt zu. Die Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser (EVB) zeigen Perspektiven auf, wie es gelingen kann, Gütertransport aus der Region und in der Region auf die Schiene zu verlagern.
Zeven. „Güter gehören auf die Schiene.“ Mit diesem Glaubensbekenntnis treten Verkehrspolitiker seit Jahren an die Öffentlichkeit. Doch der Lkw-Verkehr nimmt ungeachtet dessen zu. In den Lkw-Wänden auf den rechten Spuren der deutschen Autobahnen sind keine Lücken entstanden. Lediglich 19 Prozent der Güter rollen auf der Schiene durchs Land.
Die Ampel-Regierung hatte sich vor bald zweieinhalb Jahren vorgenommen, diese Quote bis 2030 auf 25 Prozent zu steigern. An den Eisenbahnen- und Verkehrsbetrieben Elbe-Weser (EVB) soll es nicht liegen. Sie wirbt um Kunden, bietet sich Firmen als Partner an und zeigt Perspektiven auf. So bei einem Symposium dieser Tage in Zeven, dem Sitz der EVB.
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Rund 70 geladene Gäste hörten im Rathaussaal von den Fähigkeiten des öffentlichen Unternehmens, den Chancen am Markt, den Zielen und von einer Vision. Die setzt bei Versäumnissen an - oder Sünden, wie sie Professor Uwe Höft, Wirtschaftswissenschaftler an der Technischen Hochschule Brandenburg, nennt.
Als Sündenfall in der jüngeren Vergangenheit kann gelten, den Login-Park Elsdorf nicht an die EVB-Strecke Bremervörde-Rotenburg angeschlossen zu haben, wie es der einstige Elsdorfer Bürgermeister Heinrich Willenbrock gefordert hatte. Als Sündenfall, der rund 20 Jahre zurückliegt, können der Rückbau des Anschlussgleises an das Industriegebiet Zeven-Aspe und die Bebauung der Trasse gelten.
Appell: Gleisanschlüsse für Gewerbegebiete
Doch im Rathaussaal geht der Blick nach vorne. Und so sieht Oliver Heckmann, Leiter Logistik bei der EVB, am Horizont geschäftiges Treiben an der Rampe der Verladestation südlich der Hallen von Noerpel und Ikea in Elsdorf. Ein Traum. Und Anlass, um einen Appell an Bürgermeister, Wirtschaftsförderer, den Landrat zu richten: „Denken Sie an die Schiene bei der Planung und Ausweisung von Gewerbegebieten.“
Dass es sich lohnt, öfter, wenn nicht unentwegt, an die 235 Kilometer Schienenstrecke zu denken, die die EVB im Elbe-Weser-Dreieck besitzt und befährt, stellen neben Heckmann dessen Kollege Ingo Heine, EVB-Geschäftsführer Christoph Grimm und Rotenburgs Landrat Marco Prietz in seiner Funktion als stellvertretender EVB-Aufsichtsratsvorsitzender unisono heraus.
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Schließlich ist die EVB „ein einzigartiges Unternehmen“ (Prietz), ein „Komplettdienstleister“ (Grimm), ein „Netzwerker“ (Heine), ein Baustein des Green Deal der EU (Heckmann).
Die angestrebte Verkehrswende und die akute Klimakrise machten eine Stärkung des Güterverkehrs auf der Schiene erforderlich, betonte Prietz und versicherte, der Landkreis unterstütze die EVB. Grimm verwies auf starke Stellung der EVB im Hinterlandverkehr der Seehäfen Hamburg und Bremerhaven sowie auf den noch jungen Standort am Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven.
EVB sammelt Einzelwagen ein und stellt Züge zusammen
Nunmehr nimmt die EVB die Unternehmen in der Region in den Blick. Das geschieht unter dem Eindruck dessen, dass die Bundesregierung den sogenannten Einzelwagenverkehr auf der Schiene zu fördern beabsichtigt. Das ruft die EVB auf den Plan, verfügt sie doch über etliche Verladepunkte im Elbe-Weser-Dreieck - so unter anderem in Geestenseth, Bremervörde, Hesedorf, Sittensen, Zeven, Godenstedt, Elsdorf, Heidenau.
Im Einzelwagenverkehr sieht die EVB Chancen, mit ihren 30 Diesel- und E-Loks alle Arten von Gütern in der Region und aus der Region zu befördern - neben Holz, Dünger, Schutt das klassische Stückgut. Die EVB und DB Cargo sind eine Kooperation eingegangen. Zum gegenseitigen Nutz und Frommen. So könnte die EVB entlang ihrer Gleise Einzelwaggons „einsammeln“ und zusammengestellt als Ganzzug zum Umschlagterminal der Deutschen Bahn nach Maschen bringen.
Güter werden in Bremervörde gelagert und umgeschlagen
Eine weitere Chance erkennen Grimm, Heckmann und Heine in einer Stärkung des Zubringerverkehrs. Will heißen, Firmen dienen der EVB ihre beispielsweise in Container geladene Fracht für Kunden in Deutschland und der Welt an.
Die EVB bringt sie zu den Mega-Hub genannten Schnellumschlaganlagen der Deutschen Bahn nach Hamburg-Billwerder oder Hannover-Lehrte, von wo aus sie die Reise ans Ziel antreten.
Als Partner auf diesem Geschäftsfeld haben sich die Bremervörder EM Spedition Eduard Meyer und die EVB gefunden. Das Firmengelände der Spedition verfügt über einen Gleisanschluss. Meyer übernimmt die per Lkw angelieferten Güter und belädt die bereitgestellten Waggons der EVB.
Speditionsinhaber Andreas Meyer bekannte im Rathaussaal, er sei zuvor mehrfach mit Versuch gescheitert, Güter auf der Schiene zu transportieren. Dank Kooperation mit der EVB sei ihm das nunmehr möglich.
78 Prozent geringerer Kohlendioxid-Ausstoß
Die Einrichtung eines solchen Umschlagterminals bietet sich nach Ansicht von Uwe Höft auch im Rotenburger Industriegebiet an. Ziel müsse sein, Lkw und Schiene zu verzahnen - ein Gebot sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch im Hinblick auf die Vermeidung von CO₂-Emissionen.
Der Kohlendioxid-Ausstoß fällt laut Oliver Heckmann beim Transport auf der Schiene um 78 Prozent geringer aus als beim Transport auf der Straße. Der Güterverkehr auf der Schiene punktet zudem mit geringerem Personal- und Kapitaleinsatz.
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Und die Rechnung geht nicht nur auf, wenn lange Strecken zurückzulegen sind, sondern auch auf kürzeren Distanzen. Den Beweis tritt die EVB laut Heckmann beispielsweise auf der Strecke Soltau-Hamburg und Adelebsen-Hamburg an. Sowohl von Soltau als auch von Adelebsen bei Göttingen aus rollen mehrmals pro Woche Ganzzüge mit bis zu 22 Wagen in die Hansestadt und zurück.
Schließlich bietet die EVB individuelle Ganzzuglösungen mit Umschlag abseits von Hauptstrecken an. So wie in Osberghausen bei Gummersbach. Von dort fährt die EVB auf einer reaktivierten Nebenstrecke Holz ab. Am Ende steht die Erkenntnis: Die Schiene bietet Perspektiven. (ZZ/vdb)