TBaupfusch: Nachbarschaftsstreit um diese Fenster eskaliert

Der Mieter ärgert sich über die Kälte in seiner Wohnung, die unter anderem von teilweise fehlenden Scheiben der Kellerfenster herrührt. Im Bild ist zu sehen, dass die Plexiglasscheibe eines Fensters im Keller nicht ganz verschlossen ist. Foto: Scheschonka
Der Ärger mutet skurril an - und schwelt seit Jahren: Ein Mieter klagt, weil es in seiner Wohnung schimmelt. Schuld sollen die Kellerfenster sein, doch es geht auch um Baupfusch.
Bremerhaven. Essensgerüche im Flur und eine gewünschte Kühlung der Speisen im Keller sollen Stein des Anstoßes für ein Verfahren gewesen sein, das jetzt vom Amtsgericht Bremerhaven entschieden wurde. Ein Bewohner eines Mehrparteienhauses habe deshalb Fenster so umgebaut, dass sie ganzjährig geöffnet sind und es eine Dauerbelüftung in Keller und Treppenhaus gegeben habe. Das zumindest sagt ein Nachbar, der dagegen geklagt hat. Der Grund: Der Kläger habe Schimmel in Wohn- und Arbeitszimmer in der ersten Etage über dem Keller und einen ständig zu kalten Fußboden gehabt, so dass er unter seinen Teppichen mobile Fußbodenheizungen installieren musste.
Das Amtsgericht verurteilte den Vermieter der Wohnung dazu, den Schimmel in der Wohnung des Mieters zu beseitigen. Der Kläger befürchtet jedoch, dass der Schimmel zurückkommen wird, solange die Fenster in den Gemeinschaftsräumen des Hauses 365 Tage im Jahr geöffnet bleiben.
Seit sechs Jahren Nachbarschaftsstreit
Der Kläger beschreibt den Streit um die vermeintlich ständig geöffneten Fenster als sehr belastend und hat den Fall fotografisch dokumentiert.
Der Disput zieht sich seit mittlerweile sechs Jahren hin und hat für Aktenberge gesorgt. „Die Kellerfenster wurden bereits 2019 mit Arretierungen und Haken versehen, so dass diese sich nicht mehr verschließen ließen, den Schlüssel dafür hatte nur unser Nachbar“, sagt er. Inzwischen gebe es an der Stelle zwar keine Haken mehr. „Stattdessen wurden die Originalkellerfenster aus Glas durch Plexiglasscheiben ersetzt – allerdings mit Einschnitten, die Kälte, Feuchtigkeit und unterschiedliche Temperaturen im Sommer und Winter und weitere Witterungseinflüsse ungehindert eindringen lassen.“
Ein Teil des Fensters ist damit ständig offen. „Auch im Treppenhaus ist durch Arretiervorrichtungen ein Schließen der Fenster durch andere Hausbewohner nicht mehr möglich“, so der Kläger weiter.
Mieter kritisiert: Energie wird verschleudert
Und nicht nur das: „Wir reden seit Jahren über verstärkten notwendigen Klimaschutz, die Vermeidung von Energieverlusten in Häusern und Wohnungen, über Dämmungen – und bei uns geschieht täglich das genaue Gegenteil: Energie wird – im wahrsten Sinne des Wortes – aus den nicht verschlossenen Fenstern im Hausflur und im Keller täglich verschleudert“, kritisiert der Kläger.
„Systematisch werden Beweise wissenschaftlicher Studien und Forschungsergebnisse, die Urteile, Stellungnahmen und Gutachten von mehreren Sachverständigen von einem Nachbarn konsequent ignoriert. Unverantwortlich: für das Haus und seine Mitbewohner, für die Umwelt.“ Ein weiteres Problem: „In Gefährdungssituationen können wir die Fenster nicht schließen“, ist der Mieter besorgt. „Was ist, wenn die Feuerwehr darum bittet, Fenster und Türen zu schließen? Bei uns geht das gar nicht vollständig.“
Weder der genannte Hausbewohner noch der Vermieter der Kläger-Wohnung wollen sich öffentlich äußern.

Schimmelbildung in den Fensterecken – es ist einfach zu kalt, unter anderem weil die Scheiben der Fenster im Keller unter der Wohnung teilweise nicht ganz verschlossen sind. Foto: Scheschonka Foto: ls
Gericht zieht Gutachten eines Sachverständigen heran
Das Gericht stützt sich in seinem Urteil auf das Gutachten eines Sachverständigen. Der Vermieter wird verurteilt, die Feuchtigkeitsschäden in den Fensterlaibungen in sämtlichen Fenstern im Wohn- und Arbeitszimmer des Mieters zu beseitigen. Der Vermieter hingegen behauptete vor Gericht, der Mieter habe den Schimmelbefall durch eigenes Fehlverhalten, insbesondere falsches oder unzureichendes Lüften selbst verursacht.
Das Gericht schloss sich jedoch der Einschätzung des Sachverständigen an, dass in den Räumen des Mieters von einem mittelschweren Schimmelbefall auszugehen sei. Dieser sei auf die Konstruktion der Mietwohnung zurückzuführen, also auf bauliche Mängel, und nicht etwa (wesentlich) auf einen vertragswidrigen Gebrauch des Klägers.
Baumängel als Ursache
Im Bereich des Fensters im Wohnzimmer sei ein ungedämmter Sockelanschluss vorhanden, der zu einem erheblichen Wärmestrom aus der Wohnung nach außen führe, so der Gutachter. Er führt in erster Linie Baumängel als Ursache für den Schimmel an, aber schreibt ebenso, dass auch die teilweise fehlenden Scheiben der Kellerfenster ausschlaggebend für die Schimmelpilzbildung seien.
Weitere Gründe werden vom Gutachter angeführt: Er benennt klar, dass die Treppenhausfenster, soweit sie ständig geöffnet sind, während der kalten Jahreszeit zu einem Absinken der Temperatur der Schlafzimmerwand führen. Das erhöhe die Gefahr der Schimmelbildung.
Auch die Lage der Heizkörper und „zum Teil Abschirmung der Fensterlaibungen durch Vorhänge“ werden als weitere Ursachen genannt. Vermutlich sei es ein Zusammenspiel mehrerer Gründe.
Der Schimmel muss also zunächst beseitigt werden. Doch was passiert, wenn die angeblich ständig geöffneten Fenster weiter dauerhaft geöffnet bleiben? Dann könnte das Schauspiel von vorn beginnen.