TBedeutende Funde in Brobergen: Warum dieser Friedhof einmalig ist
Die reich verzierten Grabsteine wurden auf der Rückseite vielfach mit persönlichen Widmungen versehen. Foto: Schomaker
Der historische Bauernfriedhof Brobergen lag vor wenigen Jahren in Trümmern. Jetzt ist er wieder aufgebaut. Die Geschichte einer archäologischen Mammutaufgabe.
Brobergen. „Das ist kein Fantasieprodukt“, betonte Dietrich Alsdorf während der Einweihung des historischen Bauernfriedhofs in Brobergen. Vielmehr sei es eine einzigartige Dokumentation der Grabkultur seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Für den ehemaligen Mitarbeiter der Kreisarchäologie, auch bekannt als Autor historischer, regional geprägter Romane, ist der historische Bauernfriedhof Bobergen eine Erfolgsgeschichte, bei der „auf kleinem Dienstweg einfach gemacht“ wurde. Damit sprach er Verwaltung und Archäologie ebenso an wie den Fähr- und Geschichtsverein Brobergen.
Burggeschichte und Rolandfigur
Denn neben dem Betrieb der historischen Prahmfähre an der Oste befasst sich der Verein auch mit der Geschichte der Region, wie Vorsitzender Günther Schimkatis betonte. 2007 gegründet, um die Fährstelle Brobergen vor einer geplanten Ausdeichung zu bewahren, machte der Fähr- und Geschichtsverein unter anderem auf die Burg „derer zu Brobergen“ an der Oste aufmerksam und stellte dort wieder eine Nachbildung der Rolandfigur auf.
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Zur selben Zeit entdeckten die Vereinsmitglieder zudem einen verwilderten, mit Büschen und Bäumen zugewachsenen alten Friedhof, der direkt an den heutigen Brobergener Friedhof angrenzt. Und gleich daneben fand man in einer Mergelkuhle, die als Sammelplatz für Grünabfälle diente, Dutzende alte Grabsteine, teilweise mit noch gut erhaltenen schwarzen Glasplatten und deren Inschriften.
Unterstützung der Kreisarchäologie
So wurde das Gelände auf Initiative des Fähr- und Geschichtsvereins Brobergen und mit Unterstützung der Stader Kreisarchäologie 2007 zur Ausgrabungsstätte. „Das war viel, viel Arbeit, den Friedhof wieder herzustellen“, hob Günter Schimkatis während der Einweihung am Sonnabend hervor und richtete noch einmal seinen ausdrücklichen Dank an die beteiligten Archäologen.

Günther Schimkatis, Vorsitzender des Fähr- und Geschichtsvereins Brobergen (links), und Dietrich Alsdorf (rechts) neben einem der ältesten restaurierten Grabsteine des historischen Bauernfriedhofs. Foto: Schomaker
„So eine Aktion hat es noch nicht gegeben“, beschrieb Alsdorf das Projekt, das aus seiner Sicht zwischen Elbe und Weser einmalig sei. 2010/11 sei der Wald entfernt worden und die Grabsteine konnten ausgebaggert werden.
„Da hinten im Dickicht haben wir gusseiserne Grabkreuze gefunden“, so Alsdorf. Weiter davor seien unterschiedliche Grabsteine, zumeist aus Wesersandstein und mit Hand bearbeitet, gefunden worden. Überhaupt sei das gesamte Gelände mit Grabsteinfragmenten übersät gewesen.
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Die Grabsteine wurden gereinigt, mühsam wieder zusammengesetzt und erneut aufgestellt. Und zwar nach Vorgabe eines Grabregisters, das der inzwischen verstorbene Ortschronist Hannes Meyer dem Fähr- und Geschichtsverein zur Verfügung stellte. Dietrich Alsdorf: „So konnte das gesamte Gräberfeld wieder rekonstruiert werden.“ Seiner Vermutung nach wurde dieser Bauernfriedhof um 1830 angelegt. „Das war die Zeit, in der sich die Bauern von ihren Lehnsherren freikaufen konnten und eigenständig wurden.“
Eichenbohlen mit Lebensdaten
Gleichzeitig lösten sich die Dörfer aus dem Friedhofszwang des Kirchspiels. Damals wurden an den Gräbern Eichenbohlen mit den Lebensdaten der Verstorbenen aufgestellt.

Der historische Bauernfriedhof in Brobergen ist eine einzigartige Dokumentation der Grabkultur seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Foto: Schomaker
Mit zunehmendem Wohlstand der Bauern wurden auch die Verstorbenen besser geehrt, sagte Alsdorf. Sie wurden in zirka zwei Meter langen Reihengräbern beigesetzt und erhielten jene kunstvoll verzierten Grabsteine, oftmals noch mit persönlichen Anmerkungen auf deren Rückseite. Auffällig für den ehemaligen Kreisarchäologen waren die Kindergräber, die in den kleinen Winkeln zwischen den Reihengräbern positioniert wurden.
Alter Friedhof gerät in Vergessenheit
Die Blütezeit dieser Grabkultur war laut Alsdorf „ganz klar die Jahrhundertwende“. Später sei dann der Wunsch nach Familiengräbern aufgekommen. Dieser sei aber in Brobergen nicht realisierbar gewesen, da nach dem Ersten Weltkrieg dort auch Flüchtlinge beerdigt wurden und daher Ruhezeiten eingehalten werden mussten.
So wurde auf dem Acker gleich daneben ein neuer, der heutige Friedhof von Brobergen angelegt, und der alte geriet in Vergessenheit - bis die Mitglieder des Fähr- und Geschichtsvereins den alten Bauernfriedhof wieder rekonstruierten. Für Dietrich Alsdorf eine großartige Erfolgsgeschichte. Denn die Entwicklung der Grabkultur sei in Brobergen anschaulich nachvollziehbar: „Die ganze Frömmigkeit der Leute von damals ist hier sozusagen in Stein gemeißelt.“
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