Zähl Pixel
Abschied

TBirgit Pergande: Architektin von Stades sozialer Infrastruktur geht

Birgit Pergande und ihre Nachfolgerin Annette Müller-Borghardt.

Birgit Pergande und ihre Nachfolgerin Annette Müller-Borghardt. Foto: Richter

Mit 400 Mitarbeitern ist Bildung und Soziales der größte Fachbereich der Stadt Stade. Sieben Jahre lang stand Birgit Pergande an der Spitze - eine besonders trubelige Zeit.

author
Von Anping Richter
Mittwoch, 25.09.2024, 19:50 Uhr

Stade. 46 Jahre hat Birgit Pergande bei der Stader Stadtverwaltung gearbeitet, die letzten sieben davon als Leiterin des Fachbereichs Bildung und Soziales. 2017 stieg sie gleich voll in alle damit verbundenen Problematiken ein:

Die Flüchtlinge, die seit 2015 nach Deutschland gekommen waren, wollten untergebracht werden - nicht nur in Wohnungen. Ihre Kinder gingen in die Kitas, so wie die vieler Familien aus Ländern wie Polen, Bulgarien und Rumänien, die im Rahmen der EU-Freizügigkeit kamen. Auch bei den Einheimischen stieg der Bedarf an Kita-Plätzen. Gleichzeitig machte sich der Fachkräftemangel bemerkbar.

Pergande ist krisenfest. Sie hat den Biss, Projekte durchzuziehen - und die nötige Gelassenheit. In ihrer Amtszeit wurden Kitas in Schölisch, im Benedix-Land und auf dem Bildungscampus Riensförde mit jeweils fünf Gruppen eröffnet, dazu die neue Pestalozzi-Kita mit drei Gruppen. Die DRK-Kita wurde um eine Gruppe erweitert, die im Altländer Viertel um zwei. „Bützfleth soll noch kommen, dann ist diese Warteliste endlich weg“, sagt Birgit Pergande.

Mehr News aus Stade

Warum sich Pergande Stahlkappenstiefel zulegte

Der Kita-Ausbau war ein Kraftakt und Pergande so oft auf Baustellen, dass sie sich Stahlkappenstiefel zulegte. Doch es hat ihr auch Freude gemacht, die Bildungslandschaft mitzugestalten. Eigentlich wollte sie nämlich mal Lehrerin werden. Nur, weil eine Freundin sie überredete, spontan mit zu einem Vorstellungsgespräch bei der Stadtverwaltung zu kommen, lief alles anders, denn sie bekam den Job.

Birgit Pergande ist am Ortsrand von Himmelpforten aufgewachsen. Ihre Familie hatte einen Fuhrbetrieb mit Kiesgrube, vier Generationen lebten unter einem Dach. Als junges Mädchen durfte sie mit ihrer Oma die Lohntüten der Mitarbeiter fertigmachen. Urlaub gab es nie. „Aber den brauchte ich auch nicht“, sagt Pergande, die sich an eine unbeschwerte Kindheit mit viel Natur und Freiheit erinnert.

Die einzige Abiturientin aus ihrer Grundschulklasse

Sie war die einzige aus ihrer Grundschulklasse, die später das Abitur machte - am Vincent-Lübeck-Gymnasium in Stade, damals noch eine reine Mädchenschule. Dass sie sich für die duale Ausbildung zur Diplomverwaltungswirtin bei der Stadt Stade und der Fachhochschule Hannover entschied, hat sie nie bereut.

„Deerns wöt wi nicht“, hat sie den damaligen stellvertretenden Stadtdirektor Heinrich Stülten noch sagen hören. Doch sie machte 1981 ihren Abschluss und fing in der Krankenhausverwaltung an. Weil junge Leute rotieren sollten, ging sie ins Personalamt und ins Hauptamt.1985 kam der Sohn, drei Jahre später die Tochter.

Wie schwierig es sein kann, Beruf und Familie zu vereinbaren, weiß Birgit Pergande genau: Nach der Elternzeit musste sie um die Rückkehr auf ihre alte Beamtenstelle kämpfen. Ihr kam zugute, dass sie einen Fuß in der Tür behalten hatte: Die Ausbildung der städtischen Verwaltungsfachangestellten im Kommunalrecht hatte sie nebenbei übernommen und auch in der Elternzeit fortgeführt.

Mehr News aus Stade

Als es noch kein Recht auf Teilzeit gab

Man kam ihr nicht mit einer Teilzeitstelle entgegen. Es musste Vollzeit sein, wozu die Kita-Betreuungszeiten nicht passten. Nach einem dreiviertel Jahr gab sie auf und stieg später halbtags als Personal-Sachbearbeiterin für die Kitas wieder ein. 1999 durfte sie ein neues Sachgebiet schaffen, das es bis heute gibt: Personalentwicklung, Aus- und Fortbildung. 2005, nun wieder in Vollzeit, übernahm sie die Leitung der Fachgruppe Personal.

„Personaler wissen viel. Und sie müssen die Dinge für sich behalten können“, sagt Pergande. Das kam ihr zugute, als sie 2017 den Fachbereich Bildung und Soziales übernahm. Mit 400 Mitarbeitern, darunter 250 Erzieher in den städtischen Kitas, ist es der größte der Stadtverwaltung. Dass sie ehrgeizig ist, räumt sie ein: „Aber ich habe die anderen in der Schule auch immer abschreiben lassen.“ Sie kann klare Ansagen machen, aber auch trösten, beruhigen und helfen - „wenn es gewünscht ist“.

Den Umbau der alten Pestalozzi-Schule zu einem Haus für Begegnung und Jugendarbeit hätte Birgit Pergande, die bald 66 wird, gerne noch mitgemacht. Doch ihr Mann Ulrich, vielen noch als Kämmerer in Harsefeld bekannt, ist schon länger im Ruhestand. „Ich habe vieles auf den Weg gebracht, das lässt mich mit einer gewissen Zufriedenheit gehen“, sagt sie. Den Abschied versüßt ihr noch etwas: Sie wird bald zum ersten Mal Großmutter.

Die Nachfolgerin ist schon eingearbeitet

Und so hat Birgit Pergande in den vergangenen Wochen ihre Nachfolgerin eingearbeitet: die 44-jährige Annette Müller-Borghardt. Die Juristin, die mit ihrer Familie in Stade lebt, kennt die Stader Verwaltung schon, weil sie dort früher in der Rechtsabteilung gearbeitet hat. Zuletzt war sie in der Hamburger Sozialbehörde in der Steuerung der Kindertagesbetreuung tätig. Ab dem 1. Oktober ist sie offiziell in Verantwortung.

Weitere Artikel