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Tödliche Infektion

TBlauzungenkrankheit: Virus raubt jungem Deichschäfer Teil der Herde

Die Blauzungenkrankheit hat ihnen zugesetzt. Schäfer Daniel Reuscher und seine Partnerin Merle Kleymann zum Ende ihrer ersten Deichschäfer-Saison auf Krautsand.

Die Blauzungenkrankheit hat ihnen zugesetzt. Schäfer Daniel Reuscher und seine Partnerin Merle Kleymann zum Ende ihrer ersten Deichschäfer-Saison auf Krautsand. Foto: Knappe

Die erste Saison als Deichschäfer auf Krautsand verlief für Daniel Reuscher nicht, wie erhofft. Die Blauzungenkrankheit raubte ihm einen Teil seiner Tiere.

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Von Katja Knappe
Sonntag, 20.10.2024, 07:50 Uhr

Krautsand. Mit 500 Schafen startete Reuscher Anfang des Jahres hoffnungsfroh in seine erste Saison als Deichschäfer auf Krautsand. Eigentlich wollte der 26-Jährige seine Herde vergrößern. Doch alles kam anders.

Reuscher hat seine Schäferei in Winsen/Luhe. Mit 400 Schafen, vier Hüte- und vier Herdenschutzhunden kam er im März nach Krautsand, eine kleine Herde von 100 Tieren verblieb in seiner Schäferei. Den Deich soll Reuscher im Auftrag des Deichverbands Kehdingen/Oste auf einer Länge von neun Kilometern auf Krautsand und Asselersand pflegen, dazu kommen elf Kilometer auf dem Alten Deich.

„Herde war zeitweise nicht mehr marschfähig“

Zunächst lief alles gut. Rund 500 Lämmer wuchsen heran. Doch im Sommer traf die in Europa grassierende Blauzungenkrankheit seine ganze Herde. Ende Juli erkrankten die ersten Tiere. Das Virus wird durch kleine Stechmücken, auch Gnitzen genannt, übertragen. Nur Wiederkäuer erkranken.

50 Schafe, vor allem Lämmer und ältere Tiere, verlor Deichschäfer Reuscher in dieser Saison durch die Blauzungenkrankheit. Die Tiere waren zeitweilig zu schlapp zum Laufen.

50 Schafe, vor allem Lämmer und ältere Tiere, verlor Deichschäfer Reuscher in dieser Saison durch die Blauzungenkrankheit. Die Tiere waren zeitweilig zu schlapp zum Laufen. Foto: Knappe

„Die Schafe bekommen Fieber und Schmerzen, Schleimhäute schwellen an, außerdem gibt es Sekundärinfektionen wie Entzündungen an den Klauenrändern. Die Tiere haben einen extremen Speichelfluss, fressen nicht mehr“, erläutert Daniel Reuscher.

Die Schafe waren teils zu schlapp zum Gehen. „Die Herde war zeitweise nicht mehr marschfähig“, erzählt Reuschers Partnerin Merle Kleymann. Mangelnde Sauerstoffversorgung verfärbt die Zunge blau. „Das ist eher das Endstadium“, sagt Reuscher.

Anfang August ließ Reuscher seine Herde impfen. Da die jungen Bocklämmer bereits verkauft waren, waren es letztlich 800 Impfdosen. Eine Impfung kostete 4,50 Euro pro Tier, 3 Euro soll die Tierseuchenkasse rückerstatten. Auf das Geld wartet Reuscher noch.

„Das war ein neuer Impfstoff, mit einer Art Notzulassung für die Variante 3 der Blauzungenkrankheit.“ Wie bei Corona gebe es auch bei der Blauzungenkrankheit immer neue Varianten, für die immer neue Impfstoffe entwickelt werden müssten.

Daniel Reuscher und Merle Kleymann mit ihren Herdenschutzhunden, darunter auch Welpen. Es gibt Probleme, weil Passanten füttern. Ein Welpe ist erkrankt.

Daniel Reuscher und Merle Kleymann mit ihren Herdenschutzhunden, darunter auch Welpen. Es gibt Probleme, weil Passanten füttern. Ein Welpe ist erkrankt. Foto: Knappe

50 Tiere verendet oder erlöst

Es sei umstritten, ob es Sinn mache, nach Ausbruch der Erkrankung noch zu impfen. „Da gibt es unterschiedliche Meinungen bei den Tierärzten.“ Reuscher und seine Lebensgefährtin Merle Kleymann haben sich für die Impfung entschieden. Im Laufe des Sommers verloren sie dennoch etwa 50 Tiere, vor allem Lämmer und ältere Tiere, die entweder verendeten oder von ihrem Leiden erlöst werden mussten.

Erkrankte Tiere können nach wenigen Tagen wieder fit sein, etliche benötigen aber auch Schmerzmittel und Medikamente. Kranke Tiere haben Daniel Reuscher und Merle Kleymann zur Erholung auf die Weide nach Winsen/Luhe gebracht, etliche mussten täglich behandelt werden. Schafe können auch nach überstandener Infektion wieder neu erkranken. „Bei der zweiten Erkrankung ist der Zustand nicht zwingend besser als bei der ersten Erkrankung“, hat Reuscher festgestellt.

Im September waren im Kreis Stade bereits mehr als 300 Schafe und rund 60 Rinder an der Tierseuche gestorben.

100 Alttiere habe er dieses Jahr altersbedingt verkaufen müssen, sagt Reuscher. Dieses Jahr wollte er seine Herde vergrößern. Die rund 200 Mutterlämmer, die er jetzt behalten hat, benötigt er, um zumindest den Herdenbestand von 500 Tieren zu halten. Eigentlich wollte er auch Schafe dazu kaufen. Doch da die Blauzungenkrankheit überall gewütet hat, sei das nicht so einfach.

Herdenhunde: Probleme durch fütternde Passanten

Daniel Reuscher und seine Partnerin Merle Kleymann hoffen auf die Zukunft. Der Deichverband sei zufrieden gewesen, die Herde hat trotz Krankheit die Deiche gepflegt. Außerdem hat der Schäfer am Deich Heu als Winterfutter gemacht. Bei den vier Herdenschutzhunden - es sind Pyrenäen-Berghunde - hat es Nachwuchs gegeben: Vier Welpen zieht Reuscher in der Herde groß, der Nachwuchs ist bereits ein gutes halbes Jahr alt. Aber auch hier gibt es Sorgen: Ein Welpe leidet unter Futter-Unverträglichkeiten, ist krank.

„Unser Futter verträgt sie. Aber wir haben ein großes Problem damit, dass Passanten füttern und Essbares über den Zaun werfen, obwohl wir Schilder aufgestellt haben, dass nicht gefüttert werden soll“, berichtet Reuscher. Einige wollten sich dadurch mit den Herdenschutzhunden anfreunden. „Da ist einfach keine Einsicht“, sagt Kleymann.

Herdenschutzhunde sollen Schafe vor Wolfsangriffen schützen und verbellen Passanten, vor allem solche mit Hunden, die am Elektrozaun entlanggehen.„Man sollte einfach vorbeigehen und den Hunden keine Beachtung schenken“, rät Kleymann.

Eine 60-jährige Krautsanderin berichtet, sie habe beobachtet, dass Passanten ihre eigenen Hunde für ein Selfie über den Elektrozaun gehalten hätten: ein gefährliches Unterfangen, denn die Herdenschutzhunde verteidigen ihr Revier und der Zaun ist die Reviergrenze.

Ende Oktober wird Daniel Reuscher seine erste Saison als Deichschäfer beenden und die Herde auf seine Winterweide bringen. Anfang 2025 bekommt er in Kehdingen einen Stall. Die neue Saison beginnt im Februar oder März.

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