THausarztpraxis in Buxtehude schließt - Veränderungen in Harsefeld und Horneburg

In Niedersachsen wird in den kommenden zehn Jahren rund ein Drittel der Hausarztpraxen schließen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Buxtehude hat ohnehin zu wenig Hausärzte, jetzt schließt auch noch eine Arztpraxis. Damit verschärft sich die Unterversorgung in der Stadt dramatisch. Auch in Horneburg und Harsefeld gibt es Veränderungen.
Buxtehude. In den ersten Wochen konnten Patienten zumindest noch Atteste bestellen, inzwischen gibt es auf dem Anrufbeantworter der Hausarztpraxis in Hedendorf nur noch den Hinweis, wie sie an ihre Krankenakte kommen können. In den sozialen Netzwerken gibt es viel Bedauern, dass die offenbar beliebte Ärztin nicht mehr praktiziert.
An der Praxistür in der Harsefelder Straße hängt eine Erklärung für die Schließung. „Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Viele Gründe haben mich dazu bewogen“, heißt es dort. Hauptgrund sei die seit elf Monaten anhaltende Problematik mit der neuen Arztsoftware und der nicht funktionierenden Telematik. Über Monate habe die Praxis versucht, eine Lösung zu finden. Dies sei nicht gelungen. Nachdem ihr die Kassenärztliche Vereinigung (KVN) am 22. Januar mitgeteilt habe, dass sie keine weitere Hilfe erwarten könne, sei der Entschluss zur Schließung erfolgt.
Druck auf die niedergelassenen Arztpraxen steigt
„Der Druck auf uns niedergelassene Praxen steigt seit Jahren. Bei nicht vorhandener Telematikinfrastruktur (TI) wird ein Teil unseres erwirtschafteten Geldes - also quasi unser Gehalt - abgezogen“, heißt es weiter. Ein weiterer Grund für die Schließung sei die wachsende Bürokratie. Die KVN will sich mit einem Hinweis auf die Verschwiegenheitspflicht zum Einzelfall nicht äußern. Dass die TI ein Problem für Praxen werden kann, davor hatte Dr. Stephan Brune bereits vor einem Jahr im TAGEBLATT gewarnt. Der Kardiologe und Sportmediziner ist KVN-Sprecher der Bezirksstelle Stade.
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Die Telematik-Infrastruktur soll die Datenautobahn des Gesundheitswesens werden, so der Plan. Sie soll eine schnelle und sichere Kommunikation ermöglichen. In der Praxis funktioniert das aber wohl nicht reibungslos. Zuletzt kam es am Montagnachmittag zu einer zentralen Störung in der TI. Betroffen war auch das Ausstellen von E-Rezepten.
Hausärzte aus dem Kreis Stade beschreiben das System mitunter als „dysfunktional“. Auch individuelle Probleme mit dem elektronischen Datenaustausch von Patientendaten kommen vor. Ärzte verlieren bis zu 2,5 Prozent des Quartalsumsatzes der gesetzlich versicherten Patienten, wenn sie Telematik nicht nutzen.
Buxtehude deutlich unterversorgt: In der Stadt fehlen Hausärzte
„Für Buxtehude ist das jetzt wirklich eine schwierige Situation“, sagt Brune, konkret auf die Praxisschließung in Hedendorf angesprochen. Das Problem betrifft besonders Neubürger, die immer wieder Absagen von anderen Hausarztpraxen erhalten.
Die Statistik belegt, dass es zu wenig Ärzte gibt: Laut der KVN lag der Grad der hausärztlichen Versorgung in der Stadt Buxtehude schon vor der jüngsten Schließung bei lediglich 74 Prozent - das gilt als Unterversorgung. Ab 75 Prozent gilt ein Ort noch als ausreichend versorgt. „Die Lage war vorher schon schlecht, jetzt brennt es lichterloh“, sagt Brune.
Sollte ein Hausarzt mit dem Gedanken spielen, sich im Landkreis Stade niederzulassen, würde dies in Form eines Investitionskostenzuschusses mit bis zu 60.000 Euro von der KVN unterstützt. „Aber wir bekommen wenige Anfragen“, sagt Brune. Die KVN Niedersachsen befürchtet, dass in den kommenden zehn Jahren ein Drittel aller Hausarztpraxen schließen wird, weil keine Nachfolger gefunden werden.
Harsefeld bekommt Anfang März eine zusätzliche Hausärztin
Jede Praxisschließung löst einen Run auf die benachbarten Praxen aus. Ein aktuelles Beispiel: „Bei uns sind die Telefone heiß gelaufen“, sagt Dr. Ole Rathje, der in Nottensdorf eine Hausarztpraxis betreibt. Seine Praxis liege ähnlich wie die Praxis von Dr. Susanne Breyer in Neukloster am dichtesten zu Hedendorf. „Aber wir können nicht alle aufnehmen“, sagt Rathje. In Notfällen und in Fällen mit akutem Handlungsbedarf habe man geholfen. „Wir können nur noch Patienten aus Nottensdorf und Bliedersdorf und Familienangehörige aufnehmen“, sagt Rathje.
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Besser sieht der Versorgungsgrad noch im weiteren Versorgungsbereich Buxtehude aus, der den gesamten Südkreis umfasst. Dazu gehören die Gemeinden wie Harsefeld, Apensen, Jork und Horneburg. Insgesamt gibt es hier 48,75 Hausarztstellen und einen Versorgungsgrad von 83,5 Prozent. Auch gibt es jetzt den Umzug einer Hausärztin innerhalb des Bereichs: Ärztin Claudia Nolte verlässt ihre Praxis in Horneburg und eröffnet in Harsefeld im März eine neue Praxis.

In dieser Hausarztpraxis in Hedendorf werden ab sofort keine Patienten mehr versorgt. Foto: Wisser