TBusfahrer streiken: Fast alle Räder stehen am Mittwoch im Kreis Stade still

Busfahrer der KVG in Stade zeigten sich während des Warnstreiks kampfbereit. Foto: Strüning
Die Busfahrer lassen nicht locker: Sie wollen mehr Geld und gingen dafür am Mittwoch in einen eintägigen Warnstreik. Das sind ihre Forderungen und Sorgen.
Stade. Das Gehalt der Busfahrer im Tarifbereich Verkehrsbetriebe Niedersachsen (AVN) ist in der Tat übersichtlich. Hier wird schlechter gezahlt als zum Beispiel in Hamburg. Zwischen 17,46 Euro und 18,06 Euro bekommen die KVG-Busfahrer pro Stunde - in Hamburg kommen die Kolleginnen und Kollegen auf Löhne von mehr als 21 Euro, berichten die Busfahrer.
Die Streikenden fahren nach Winsen - mit dem Bus
Das finden sie ungerecht - auch die zehnköpfige Gruppe, die sich am Mittwochmorgen vor dem KVG-Werktor in Stade an der Harburger Straße als Streikposten versammelt hat. Gerd van Welie war als Erster da, um 4.20 Uhr. Von Welie gehört zum KVG-Betriebsrat und zur Tarifkommission. Um 7.15 Uhr haben er und seine Kollegen den Tross verabschiedet, der sich zur zentralen Kundgebung nach Winsen aufgemacht hatte. Ironischerweise mit dem Bus.
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Zuletzt hatten sich die streikenden Busfahrer in Stade versammelt. Am KVG-Zaun hängt gut sichtbar ein Banner der Gewerkschaft Verdi: „Wir streiken“. Zehn Meter weiter haben sich die Busfahrer auf farbige Stühle gesetzt, diskutieren, hören Musik, haben einen kleinen Grill vorbereitet. Auf Streikbrecher müssen sie nicht aufpassen.

Vor dem Werktor der KVG in Stade haben sich am Mittwochmorgen Streikposten versammelt. Foto: Strüning
Bei der KVG ziehen sie alle an einem Strang, selbst die, die nicht Mitglied in der Gewerkschaft sind, sagen die Busfahrer. Lediglich die von der KVG beauftragten Subunternehmer waren unterwegs. Sonst standen entsprechend einem alten Gewerkschafter-Spruch fast alle Räder still. Leidtragende waren Schüler und deren Eltern sowie alle, die auf den Bus angewiesen sind. Es soll Wartende an Bushaltestellen gegeben haben, obwohl Verdi wie auch die KVG den flächendeckenden Streik angekündigt hatten.
Angebot der Arbeitgeber ist Busfahrern zu gering
Sie wollen allen zeigen, dass sie es ernst meinen mit ihren Forderungen, nicht nur den Arbeitgebern, sondern auch der Politik, die letztlich die Gelder für die Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs freigeben. Sie trügen hohe Verantwortung, wenn bis zu 100 Personen in einem Bus mitfahren. Der Lohn müsse entsprechend ausfallen. Das Angebot, das vorliegt halten sie für deutlich zu gering. In der laufenden Tarifrunde bieten die Arbeitgeber eine Erhöhung von 4,2 Prozent an - gestreckt auf drei Jahre.
„Das deckt nicht einmal den Inflationsausgleich“, schimpfen die Busfahrer. „Die ein oder zwei Prozent im Jahr, das ist uns zu wenig“, sagt von Welie. Nichts werde billiger. Und neue Busfahrer, die dringend gesucht werden, finde man bei dem Angebot auch kaum. Ein Kollege springt ihm bei: Die Spanne zum Mindestlohn sei viel zu gering, wenn der mal 15 Euro beträgt.
Es gehe darum, die Entlohnung weitgehend an den Landestarifvertrag TV-N anzugleichen, sagt der KVG-Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Häusler: „Der läuft uns sonst weg.“ Wenn es so weitergehe, könnte der Unterschied demnächst bei drei bis vier Euro pro Stunde liegen. Die Busfahrer bei der KVG brauchen mindestens zehn Jahre, um vom Grundlohn von 17,47 Euro auf 18,06 Euro pro Stunde zu kommen. „Danach haben sie keine Perspektive mehr“, sagt Häusler.
KVG-Busfahrer prophezeien Abwanderung nach Lüneburg
Die Kollegen in Lüneburg, wo eine kommunale Verkehrsgesellschaft gegründet wurde, sollen ab dem 1. Dezember entsprechend dem TV-N bezahlt werden. „Dann werden von der KVG viele nach Lüneburg abwandern“, prophezeit Häusler – jedenfalls, wenn der Streik keinen Erfolg habe.
Verdi fordert eine Angleichung des Entgelts an den Bundestarifvertrag TV-N, der für Busfahrer eine Bezahlung von 17,71 Euro bis zu 21,93 Euro vorsieht. Davon können die Stader Busfahrer nur träumen. Sie aber meinen: Gleiches Geld für gleiche Arbeit. „Bei 20 Euro würde ich nicht meckern und auch wieder Überstunden machen“, ruft einer von ihnen in die Runde. Die anderen nicken - mit einem süffisanten Lächeln. Sie ahnen: So viel wird es wohl nicht werden. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 29. Mai in Hannover geplant.
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