TBuxtehudes Bürgermeisterin: „Der Ton wird rauer“

Katja Oldenburg-Schmidt (65, parteilos) ist seit zehn Jahren Bürgermeisterin der Hansestadt Buxtehude. Foto: Stadt Buxtehude
Zehn Jahre im Amt der Buxtehuder Bürgermeisterin: Katja Oldenburg-Schmidt (65) nimmt im TAGEBLATT-Gespräch Stellung zu der Schulkrise, der Halle Nord und dem Wachstum der Stadt.
Buxtehude. TAGEBLATT: Frau Bürgermeisterin, wie fühlt es sich für Sie an, wenn Sie hören, dass schon über Ihren Ruhestand gesprochen und mögliche Nachfolger diskutiert wird?
Katja Oldenburg-Schmidt: Das ist der Lauf der Zeit. Allerdings hört sich das Wort Ruhestand für mich aktuell noch sehr befremdlich an. Denn mein Arbeitsalltag ist so ausgefüllt, die Termindichte so groß, die Herausforderungen werden immer mehr, dass ich darüber nicht nachdenken kann. Für mich ist der Ruhestand noch weit weg, es gibt noch so viel zu tun. Bis zum letzten Tag sicherlich.
Wie hat sich Buxtehude während Ihrer bisherigen Amtszeit in den vergangenen zehn Jahren verändert?
Die Lebensqualität in der Stadt hat sich spürbar verbessert, es gibt viele kommunale Angebote. Wir haben beispielsweise eine große kulturelle Vielfalt, eine lebhafte Innenstadt mit gutem Stadtmarketing, eine leistungsstarke Wirtschaft. Wir können unsere Sportvereine finanziell unterstützen. Das ist im Vergleich zu anderen sehr bemerkenswert.
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Wir haben es geschafft, für alle Kinder ab 3 Jahren Betreuungsplätze anzubieten, eine echte Entlastung für die Eltern. Als Stadt mit rund 43.000 Einwohnern zählen wir zu den wenigen Kommunen in Niedersachsen, die eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie mit Buxtehude 2035 entwickelt haben. Darin enthalten sind unsere Ziele, die wir in den nächsten 10 bis 15 Jahren erreichen wollen.
Die Erarbeitung unserer Strategie war ein toller Beteiligungsprozess mit vielen Bürgern, Vereinen und auch Unternehmern. Ich war überrascht davon, wie viele dabei mitmachen wollten. Das ist das Positive an Buxtehude, dass sich so viele Menschen einbringen wollen. Und insofern ist ein großes Plus dieser Stadt auch das hohe ehrenamtliche Engagement.
„Das Buxtehude Museum ist ein Kleinod“
Welche Projekte bringen Buxtehude voran?
Aus dem Hochbaubereich gehören die Sanierung und der Teilneubau der Halepaghen Schule sowie der Neubau der Halle Nord zu den markanten Projekten. Der Teilneubau ist auf einem guten Weg und die Halle Nord bald fertig. Die haben wir bekanntermaßen gegen viele Widerstände gebaut. Ich bin aber sehr sicher, dass wir am Ende mit Stolz auf diese Halle blicken werden, die den neuesten Standards entspricht, und es den Schülern sowie den Sportvereinen richtig Spaß machen wird, darin Sport zu treiben. Und ich bin auch davon überzeugt, dass der Spitzensport unserer Handball-Bundesliga-Mannschaft weiterhin erstklassig sein wird.

Die Bürgermeisterin mit ihrem Vorgänger am Wahlabend 2014: Katja Oldenburg-Schmidt und Jürgen Badur. Foto: Jan Iso Jürgens
Was fast schon in Vergessenheit geraten ist, ist unser Buxtehude Museum. Wir mussten das Gebäude sanieren und hatten die Chance, die alte Bäckerei Samel zu kaufen. Das hat uns die Möglichkeit gegeben, das Museum zum Petri-Platz hin zu öffnen. Jetzt haben wir ein wunderbares Kleinod in der Altstadt. Ein Meilenstein in unserer Stadtentwicklung wird das gerade entwickelte sogenannte Integrierte Stadtentwicklungskonzept sein. Daraus werden wir zusammen mit der Politik und der Stadtgesellschaft die Leitlinien unserer Stadt festlegen können.
Corona und Energiekrise gemeistert
Die vergangenen fünf Jahre sind durch Krisen geprägt worden. Wie bewerten Sie den Umgang damit?
Man kann schon sagen, dass wir vergleichsweise gut durch die Corona-Zeit gekommen sind. Die Energiekrise konnten wir gut abfedern und auch die mit den Flüchtlingsbewegungen seit 2015 aufkommenden Herausforderungen haben wir gut gemeistert. Meistens sehr geräuschlos.

Das Ende des sieben Jahre langen Duells: Michael Lemke gratuliert 2021 Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt zum Wahlsieg. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende trat auch 2014 gegen sie an und verlor. Foto: Wisser
Richtig ist aber auch, dass all diese Krisen bei den Menschen durchaus Spuren hinterlassen haben - bei den Mitarbeitern ebenso wie bei den Bürgern sowie den Unternehmen in unserer Stadt.
Wie hat sich die Arbeit der Stadtverwaltung verändert?
Sie hat sich komplett verändert. Gerade die genannten Krisen haben ein deutlich agileres Arbeiten nötig gemacht. Starke Veränderungen spiegeln sich zudem im städtischen Haushalt wider. Hatten wir in 2015 ein Haushaltsvolumen von nur 90 Millionen Euro, liegen wir jetzt bei über 130 Millionen, wobei der größte Sprung mit mehr als 30 Millionen Euro gerade in den vergangenen fünf Jahren stattfand.
Das ist ein Riesensprung und verdeutlicht unsere Leistungsstärke. Denn zeitgleich ist die Anzahl der städtischen Mitarbeiter nur um rund 10 Prozent gestiegen. Da gehen inzwischen viele an ihre Grenzen und weit darüber hinaus. Von den Herausforderungen, überhaupt neue qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen, will ich gar nicht sprechen.
„Viel Vertrauen scheint verloren gegangen zu sein“
Wie haben sich in Ihrer Amtszeit die Investitionen entwickelt?
2015 lagen unsere Investitionen bei rund 7 Millionen Euro, in 2024 waren es 43 Millionen. Damit haben wir im vergangenen Jahr so viel Geld investiert wie noch nie in der Geschichte von Buxtehude. Daran kann man auch ermessen, was die ganze Mannschaft hier im Haus zusammen mit der Politik auf den Weg gebracht hat.
Wie bewerten Sie das gesellschaftliche Klima?
Eine schwierige Frage, auf die es keine einfache Antwort gibt. Ich beobachte in unserer Gesellschaft bei vielen Menschen steigende Frustration, Zweifel an politischen Institutionen und Sorge um die eigene Zukunft. Es scheint viel Vertrauen verloren gegangen zu sein. Der Ton wird rauer, zeitweise aggressiv. Das erlebe ich auch persönlich.
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Den Zweiflern kann ich nur sagen, für mich gibt es keine bessere Lebensgrundlage als unsere Demokratie. Mehr als 75 Jahre in Frieden und Freiheit gelebt zu haben, ist das Fundament für die Zukunft. Nur, dazu muss jeder seinen Beitrag leisten. Und das vermisse ich manchmal.
Was ist in den vergangenen zehn Jahren schiefgelaufen?
Wo gearbeitet wird, werden natürlich Fehler gemacht. Und im Zeitpunkt einer jeden Entscheidung gab es gute Gründe dafür. Rückblickend hätten wir vielleicht früher und mehr in den Erhalt unserer Gebäude investieren können. Heute sind wir sicherlich klüger, können das Versäumte aber nicht in kurzer Zeit aufholen.
„Viel Zeit beim Bau der Halle Nord verloren“
Gibt es in Buxtehude zu viele Pläne, Strategien und Masterpläne und zu wenig Umsetzung?
Ich bin der festen Überzeugung, dass es für jede Maßnahme eine gute Analyse geben muss, aus der sich eine Strategie entwickelt, um am Ende das Beste zu erreichen. Manch fehlende zeitnahe Umsetzung gerade im Baubereich war den vorgenannten Krisen geschuldet. Aufträge konnten nicht vergeben, Ausschreibungen mussten wiederholt werden. Allein beim Bau der Halle Nord haben wir hier viel Zeit verloren, mussten ein Jahr warten, weil die Stahlpreise so hoch waren. Das trifft ja nicht nur die öffentliche Hand, sondern auch die Privatwirtschaft.
Hat Buxtehude in den vergangenen Jahren zu kompliziert und zu teuer gebaut? Etwa beim Goldstandard für die Halle Nord?
Das ist ein Zielkonflikt: Der Rat der Stadt hat beschlossen, dass alle städtischen Gebäude bis 2035 klimaneutral sein sollen. Wenn das konsequent umgesetzt werden soll, kann das beim Bau zunächst höhere Investitionen zur Folge haben.
Langfristig rechnet sich das aber bei der laufenden Bewirtschaftung und hat positive Auswirkungen auf unser Klima. Bei der Halle Nord haben wir uns deshalb bewusst für diese Zertifizierung entschieden.
Neuer Grundschulstandort soll im Sommer feststehen
Seit zwei Jahren stehen die Buxtehuder Schulen im Fokus. Wie ist die Situation aus Ihrer Sicht?
Was wir gebraucht haben, ist eine Bestandsanalyse für alle Buxtehuder Schulen. Für die Grundschulen haben wir das jetzt. Zudem wissen wir durch die aktuelle Schülerzahlenprognose, wie sich die Grundschulen entwickeln. Aus diesen Erkenntnissen erarbeiten wir jetzt den Masterplan für die nächsten Jahre. Ich rechne damit, dass wir zusammen mit der Politik im Sommer entscheiden, wo eine neue Grundschule gebaut werden soll und wie wir die anderen Grundschulen ertüchtigen. In der Abfolge hatten wir uns in den vergangenen Jahren um die weiterführenden Schulen gekümmert. Auch am Schulzentrum Süd hat sich die aktuelle Lage durch veränderte Schülerzahlen geändert. Darauf werden wir kurzfristig reagieren.
Macht es Sinn, die beiden Gymnasien an den Landkreis Stade abzugeben?
Über diese Frage wird politisch zu sprechen sein. Spielen wird dieses Szenario einmal durch: Wir sanieren beide Gymnasien für viel Geld aus unserem städtischen Haushalt. Wenn wir sie so an den Landkreis übergeben, wäre doch zu klären, ob der Landkreis uns diese hohen Investitionen erstattet.
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Das kann ich mir, auch aufgrund der Finanzlage des Landkreises, aktuell nicht wirklich vorstellen. Das Thema bleibt deshalb spannend. Persönlich bin ich davon überzeugt, dass sich unsere Trägerschaft der Gymnasien in Buxtehude bewährt hat.
Hat Buxtehude die Grenzen seines Wachstums erreicht? Teile der Politik sehen das so?
Nur auf ein quantitatives Wachstum zu setzen, greift für mich zu kurz. Gleichzeitig muss aus meiner Sicht die Qualität der Stadtentwicklung mit diskutiert werden, zum Beispiel Fragen zusätzlicher Infrastruktur für mehr Menschen. Wir müssen uns vielmehr anschauen, wie sich das Leben in Buxtehude und in den Quartieren entwickelt. Da geht es um Altersstrukturen, um die soziale Durchmischung oder um Innenverdichtung. Antworten dazu erwarte ich aus dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept. Ich setze daher mehr auf Qualität als auf Quantität.

Glücklich: Die neue Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt mit Wahlkampf-Unterstützerin Sabine Hippert-Otromke. Foto: Jan Iso Jürgens

Große Freude bei Wahlsiegerin Katja OldenburgSchmidt (rechts) während ihrer Wahlparty im Primus. Mit ihr feierte damals das Wahlkampfteam, unter anderem Susanne von Arciszewski (links neben ihr) und Stefan Schilling (links daneben). Foto: Vasel
Zur Person
Katja Oldenburg-Schmidt ist seit 1992 in der Buxtehuder Stadtverwaltung tätig. Die Volljuristin übernahm damals das Ressort Recht und Ordnung. Ab 1994 war sie auch Geschäftsführerin der Gesellschaft, die die Grundstücke der Estetal-Kaserne vermarktete. Der Rat wählte sie 2009 in das Amt der Ersten Stadträtin. In dieser Funktion war sie für den Sozialbereich und die Finanzen zuständig. 2014 entschied sie die Direktwahl zur Bürgermeisterin von Buxtehude mit 59,6 Prozent gegen den Grünen Michael Lemke für sich. Am 1. November 2014 übernahm sie das Amt von ihrem Vorgänger Jürgen Badur. 2021 wurde sie - erneut gegen Michael Lemke als Gegenkandidat - mit 66,1 Prozent für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt. Bei der Neuwahl 2026 darf die 65-Jährige aus Altersgründen nicht wieder antreten.