TBuxtehudes Omas gegen Rechts: Wer sie sind, was sie antreibt

Zehn von 30 Buxtehuder Omas gegen Rechts: Dorte, Marita, Josefa, Erika, Bettina W., Inge, Uschi, Heide, Angelika und Bettina S. (von links). Foto: Richter
Gerade in letzter Zeit machen sie Schlagzeilen, werden verbal und medial angegriffen. Den Ausraster von Friedrich Merz lassen sich die Omas nicht gefallen. Hier ist ihre Antwort.
Buxtehude. Kukident-Kommando, Rollator-Geschwader, Gicht-Guerilla: Über solche Bezeichnungen können die Buxtehuder Omas gegen Rechts von Herzen lachen. Polit-Satire darf das, finden sie und posten eine Merz-Parodie, in der er mit diesen Worten auf sie schimpft, sogar auf ihrer eigenen Instagram-Seite. Die echten Angriffe, denen sie in letzter Zeit vor allem medial ausgesetzt sind, finden sie weniger lustig. Und gar nicht mehr lustig fanden die Buxtehuder Omas den Münchner Ausraster von Friedrich Merz beim Wahlkampfabschluss.
Merz bringt Oma zum Weinen
„Als er auf die linken, grünen Spinner geschimpft hat, die da draußen demonstrieren, habe ich geweint“, sagt Marita, Jahrgang 1953. In diesem Moment habe sie gedacht: Investiere ich so viel Zeit und Kraft, um für die Demokratie einzustehen, damit ein zukünftiger Kanzler so etwas sagt? Marita ist eine von sechs Buxtehuder Omas gegen Rechts, die im Gespräch Auskunft über sich und die Gründe für ihr Engagement geben.
Parteipolitik sei bei den Omas kein Thema. Sie seien überparteilich, das ganze Spektrum von konservativ bis links sei vertreten, sagt Marita: „Ich weiß, dass es unter den Omas viele CDU-Wählerinnen gibt. Und die sind jetzt besonders sauer.“ Merz’ Bemerkung, er mache Politik für Menschen, die „noch alle Tassen im Schrank“ haben, hat zu einer ungewöhnlichen Protestaktion geführt: Tausende Tassen wurden in die CDU-Zentrale in Berlin geschickt und füllten Container. Die Buxtehuder Omas haben eine Tasse mit der Bitte um Weitergabe bei der Buxtehuder CDU-Vorsitzenden Arnhild Biesenbach abgeliefert. Sie hat sie angenommen.
In Buxtehude verlaufen die politischen Fronten offenbar anders: Bei der Demo „Buxtehude wählt bunt“ mit 1500 Teilnehmern am 8. Februar war die Linke nicht dabei und die CDU mit auf der Bühne, wo ein gemeinsames Statement der demokratischen Parteien verlesen wurde. Diese Demo war übrigens vom Bunten Block organisiert und nicht von den Omas gegen Rechts. Aber sie standen im Blickpunkt. Das ist oft so.
Die Superkraft der Omas gegen Rechts
Heide, Jahrgang 1957, hat eine Erklärung: „Die Schilder sind massiv. An uns kommt man nicht vorbei.“ Sie seien eine Marke - da sind sich alle einig. Seit die Omas gegen Rechts 2017 in Österreich gegründet wurden, sind sie stetig gewachsen. Ein Verein sind sie nicht, nur eine rein ehrenamtliche Initiative. Woher kommt die Kraft dieser Bewegung? „Was wir tun, tun wir für die Sache. Und wir stehen für friedlichen Protest. Omas sind lieb“, sagt Dorte. Aber nicht nur lieb: „Wir sind hier viele Alpha-Frauen.“
Nachbarkreise
T „Omas gegen Rechts“ auf dem Wochenmarkt lautstark angepöbelt
„Wir sprechen auch viele junge Leute an“, sagt Bettina S. Es sei ansteckend, wie ein Virus - auch ihr Neffe gehe jetzt zu Demos. „Als in der Schule darüber gesprochen wurde, hat meine Enkelin ganz stolz erzählt: Meine Oma ist auch dabei“, berichtet Uschi. Nicht alle Omas gegen Rechts sind auch Großmütter: Von den sechs im Gespräch haben nur drei Enkelkinder. Auch Männer können bei den Omas mitmachen. „Oma gegen Rechts ist kein Familienstand, sondern eine Haltung“, erklärt Dorte. Omas haben Durchhaltevermögen, sagt Uschi. „Ja. Wir geben niemals auf“, bestätigt Marita.
Der Rechtsruck macht ihnen Sorgen
Zurzeit nehmen die Buxtehuder Omas einen Rechtsruck wahr, der ihnen Sorgen macht - nicht nur in Deutschland, auch in Österreich, Belgien, Italien, Ungarn und den USA, sagt Bettina W. Die AfD habe sich auch immer mehr radikalisiert. Nicht zu vergessen: Putin und sein Einfluss. „Es ist, als ob die Welt ver-rückt ist“, sagt Heide. Sie glaubt, dass es in der heutigen Zeit eine Sehnsucht nach dem starken Mann gibt, nach einem, der sagt, wo es langgeht.
Hier kommen die Omas ins Spiel. „Das ist etwas, das wir schon kennen, und wir haben gesehen, wohin es führt“, sagt Dorte, Jahrgang 1968. Ihre Großeltern seien dabei gewesen, ihr Vater habe sich gegen sie aufgelehnt. Maritas Vater war Sozialdemokrat und musste nach der Machtübernahme nach Frankreich abhauen. Uschi, Jahrgang 1941, hat nach dem Krieg in den Trümmern gespielt. Immerhin bekam ihr Vater, weil er Sozialdemokrat war, schnell wieder eine Stelle bei der Stadt. „Wehret den Anfängen“ - diese Botschaft wurde ihr mitgegeben: „Aber das haben wir versäumt.“
Die anderen nicken nachdenklich. Als sich die Buxtehuder Omas im Mai 2022 gründeten, waren es brennende Merkel-Puppen und die Querdenker-Demos, gegen die sie aktiv werden wollten. Gedenkveranstaltungen zum 9. November zogen weitere Mitstreiterinnen an. Als die Abschiebungspläne des Potsdam-Treffens bekannt wurden, machten die Omas stark mobil. Inzwischen gehören 30 Aktive zur Gruppe. Heide sagt mit Blick auf das Wahlergebnis der AfD: „Dass es so kommt wie jetzt, hätte ich trotzdem nie gedacht.“ Sie findet, dass die Demokratie „ein bisschen daniederliegt“. Die Buxtehuder Omas wollen sie aufrichten - auch mit Veranstaltungen wie den Internationalen Wochen gegen Rassismus, die sie mitorganisiert haben und die am Samstag beginnen. Ihr Tipp: Um 12 Uhr wird die Ausstellung „Erinnern heißt Kämpfen“ im Stadthaus eröffnet. Die Omas haben sie mit aufgebaut.
Ein Podcast mit den Buxtehuder Omas über das Tassen-Desaster ist auf ihrer Seite zu hören: omasgegenrechts-nord.de/tag/buxtehude/

Die Buxtehduer Omas gegen Rechts in Aktion. Foto: Wisser