TDebatte im Stader Kreistag: Mehr Verkehrssicherheit durch mehr Blitzer?

Blitzer-Anhänger Anette ist bereits im Landkreis Stade im Einsatz. Foto: Landkreis Stade
Der dritte mobile Blitzer im Landkreis Stade kommt. Braucht es auch einen vierten, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen? Darüber debattierte der Kreistag - und unterschiedlicher könnten die Positionen der Politiker kaum sein.
Landkreis. Die Entscheidung löste eine Grundsatzdebatte zur Verkehrsüberwachung und zum Umgang mit Rasern im Landkreis Stade aus. Wie berichtet wird der Kreis für 300.000 Euro einen neuen, dritten mobilen Blitzer kaufen. Diese Entscheidung hat der Kreistag mit großer Mehrheit getroffen. Die einzige Gegenstimme kam von der AfD.
Zu schnell fahren ist kein Kavaliersdelikt
„Geschwindigkeitsüberschreitungen sind kein Kavaliersdelikt“, sagte Ulrich Felgentreu. Der Kreistagsabgeordnete (Bündnis 90/Die Grünen) aus Buxtehude ist Unfallsachverständiger und wird beruflich mit den Folgen zu hoher Geschwindigkeit konfrontiert.
„Wir sind gegenüber denen in der Verpflichtung, die durch das zu schnelle Fahren anderer in ihrer Unversehrtheit gefährdet werden und nicht gegenüber den Verursachern“, so Felgentreu. Er spricht sich im Gegensatz zu Landrat Kai Seefried (CDU) und der Mehrheit in der Politik gegen die vorherige Ankündigung der Radarfallen aus. Auch das TAGEBLATT nennt die Standorte der mobilen Blitzer-Anlagen.
Geschwindigkeit entscheidet über Leben und Tod
„Die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit kann besonders bei Unfällen zwischen Autos sowie Fußgängern und Radfahrern über Leben und Tod entscheiden“, so Felgentreu. Für die Grünen-Fraktion stehe fest, dass ein vierter dieser Blitzer angeschafft werden müsse.

Die Blitzer-Anhänger sollen Unfälle verhindern. 2023 gab es im Landkreis Stade 4691 Verkehrsunfälle. 17 Personen verloren dabei ihr Leben. Foto: Landkreis Stade
Die Gegenposition vertrat Helmut Dammann-Tamke, Fraktionsvorsitzender der CDU. Die Verkehrssicherheit sei seit vielen Jahren gemeinsames Ziel. Es dürfe aber nicht so aussehen, dass der Landkreis Stade zu der Kategorie gehöre, die die Blitzer zur Haushaltsfinanzierung nutzen würden.
CDU warnt vor Abzocke der Autofahrer
„Wir müssen die Menschen mitnehmen und an den verantwortungsvollen Bürger appellieren“, so Dammann-Tamke. Er forderte, die Blitzer dort aufzustellen, wo sie der Sicherheit dienen - vor Schulen, Kindergärten und Seniorenwohnanlagen; und nicht dort, wo die größten Einnahmen zu erzielen seien.
Dammann-Tamke warnt auch vor einer „Aufrüstungsspirale“. Er stelle fest, dass immer mehr Menschen mit Blitzerwarnern fahren. Diese Geräte können in Deutschland gekauft werden, ihr Einsatz ist jedoch meistens illegal.
Es gebe überall auf den Straßen rechtsfreie Räume, entgegnete Felgentreu. Nachts in Buxtehude gebe es Wettrennen auf der Konrad-Adenauer-Allee, Harburger Straße und der Bahnhofstraße. „Es wird Zeit, dass wir diesen Leuten auf die Finger schauen und sie zur Rechenschaft ziehen. Jeder muss damit rechnen, zu jeder Tages- und Nachtzeit kontrolliert und erwischt zu werden“, so Felgentreu.
Mehr Tempo-30-Zonen in den Ortschaften
Die Debatte um die Verkehrssicherheit hat aber noch weitere Aspekte: „Die Benutzungspflicht für Radwege wird aufgehoben. Wir werden in den Ortschaften immer mehr gemischten Verkehr bekommen und mehr Tempo-30-Zonen einrichten“, sagte Sonja Zinke, CDU-Kreistagsabgeordnete und Bürgermeisterin von Steinkirchen.
Die Autofahrer müssen sich deshalb keine Sorgen machen. Es steht ja überall dran, wie schnell gefahren werden darf.
Sonja Zinke (CDU), Bürgermeisterin von Steinkirchen
Tempo 30 nutze nichts, wenn nicht kontrolliert und sanktioniert werde, es dürfe nachts keine rechtsfreien Räume geben. Und: „Die Autofahrer müssen sich deshalb keine Sorgen machen. Es steht ja überall dran, wie schnell gefahren werden darf“, so Sonja Zinke.
Unfallstatistik
Mehr Verkehrstote in Niedersachsen
Die Grünen-Fraktionssprecherin Verena Wein-Wilke forderte die Städte und Gemeinden dazu auf, möglichst umfangreich und überall vom neuen kommunalen Recht, Tempo-30-Zonen einzurichten, Gebrauch zu machen.
Vision Zero: Keine Toten und Schwerverletzten mehr
Johann Schlichtmann, Bürgermeister von Oldendorf und Abgeordneter der Freien Wählergemeinschaft, sprach sich für mehr Verkehrsüberwachung aus. Er sei 45 Jahre lang Polizist gewesen und habe dabei die Vision Zero verfolgt. Das bedeutet, dass es durch Unfälle keine Toten und keine Schwerverletzten geben soll. Neben der Verkehrsüberwachung spiele dabei die Verkehrsinfrastruktur eine entscheidende Rolle, so Schlichtmann.
Die FDP hat kein großes Vertrauen in die Autofahrer: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Die Anlagen haben Wirkung“, sagte der FDP-Abgeordnete Wolfgang Ehlers aus Stade. „Wir sind Menschen und versuchen, möglichst viele Dinge zu tun, die nicht dem Gesetz entsprechen, wenn dies möglich wäre.“
SPD fordert Tempo 30 für alle Ortschaften
Für den ehemaligen Stader Stadtbaurat und SPD-Kreistagsabgeordneten Kersten Schröder-Doms würden einheitliche Tempo-Limits Besserung bringen. „Ein Tempolimit ist eine klare und einfache Regelung.“ Sein Wunsch: „Tempolimits für die Autobahn und Tempo 30 in den Ortschaften.“