TDebatte um rechte Kräfte: So stehen Parteien im Kreis Stade zum AfD-Verbot

TAGEBLATT-Podiumsdiskussion der Bundestagskandidaten im Februar im Dorfgemeinschaftshaus Hammah. Foto: Martin Elsen
Die AfD will ins Dorfgemeinschaftshaus Hammah, darf es laut Satzung aber nicht - und will sich im Kreis Stade jetzt ausbreiten. Würde ein Verbot der Partei helfen?
Landkreis. Die AfD verbieten? „Nein“, sagt Melanie Reinecke, Landtagsabgeordnete und CDU-Kreisvorsitzende, zur Verbotsdebatte. „So ein Verfahren kann Jahre dauern und gibt der AfD die Möglichkeit, sich ständig in der Opferrolle zu inszenieren.“ Die Folgen, wenn die Beweise vor dem Bundesverfassungsgericht für ein Verbot nicht ausreichen sollten, wären verheerend. Hier ist aus ihrer Sicht das in dieser Woche vom Verfassungsgericht aufgehobene Verbot des rechtsextremen Compact-Magazins eine Warnung.
Fünf bis neun Prozent Rechtsextremisten
„Wir sehen das auch in anderen Ländern. Es gibt zwischen fünf und neun Prozent überzeugte Rechtsextreme“, sagt Reinecke. Die anderen AfD-Wähler müsse man durch gute Politik zurückholen. „Wir müssen die Menschen, die sich abgehängt fühlen, ernst nehmen“, sagt sie.
„Die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch durch das Bundesamt für Verfassungsschutz ist ein deutliches Warnsignal“, sagt Corinna Lange. Laut der SPD-Kreisvorsitzenden und Landtagsabgeordneten zeigten sich auch im Landkreis Stade zunehmend Aktivitäten und Aussagen der AfD, die auf Ausgrenzung, Demokratieverachtung und Spaltung setzen würden.
Rechtliche Hürden für Verbot sind hoch
Auch Lange rät bei der Verbotsdiskussion zur Vorsicht: „Ein mögliches Parteiverbot muss jedoch sorgfältig geprüft werden. Klar ist: Die rechtlichen Hürden dafür sind - zu recht - sehr hoch“, so Lange. Das Bundesverfassungsgericht verlange stichhaltige Belege dafür, dass eine Partei planvoll und mit Aussicht auf Erfolg gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung arbeite. Lange: „Ein solches Verfahren braucht Zeit, juristische Sorgfalt und eine breite politische Unterstützung.“
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Kommunal ist aus Sicht der SPD Haltung gefragt. Kommunen sollten bei der Vergabe öffentlicher Räume an die AfD genau hinschauen. Wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass Veranstaltungen der Partei demokratiefeindliche Inhalte verbreiten oder die öffentliche Sicherheit gefährden, müssten die rechtlichen Möglichkeiten genutzt werden, um diese zu unterbinden.
Pauschale Raumverbote sind rechtlich unzulässig
Aber: „Pauschale Raumverbote allein für eine bestimmte Partei sind rechtlich unzulässig. Raumverbote für parteipolitische Veranstaltungen würden auch andere, demokratische Parteien treffen und die Offenheit des politischen Wettbewerbs gefährden“, so Lange.
In Sachen AfD-Verbot positioniert sich Joachim Fuchs deutlicher. „Aus der historischen Sicht gibt es für das Verbot einer rechtsextremen Partei nie ein zu früh, aber schon ein zu spät“, sagt der Co-Kreissprecher von Bündnis 90/Die Grünen.
Aus der historischen Sicht gibt es für das Verbot einer rechtsextremen Partei nie ein zu früh, aber schon ein zu spät
Joachim Fuchs, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen
Die Grünen auf Bundesebene fordern Bund und Länder auf, in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe Material für ein AfD-Verbotsverfahren zu sammeln. Man dürfe nicht zusehen, wie eine rechtsextreme Partei vor aller Augen die Demokratie zu zersetzen versuche, gesellschaftliche Spaltung vorantreibe und sich dabei von staatlichen Mitteln finanzieren lasse.
Uwe Arndt: AfD bei Kommunalwahlen schlechter
Bei den Wahlen auf kommunaler Ebene spielt die Freie Wählergemeinschaft (FWG) in vielen Kommunen eine zentrale Rolle. „Ich glaube nicht, dass die AfD bei der Kommunalwahl so gut abschneidet wie der Bundestagswahl“, sagt Uwe Arndt.
Der Bürgermeister von Ahlerstedt und Fraktionsvorsitzende der FWG im Kreistag geht davon aus, dass bei der Kommunalwahl am 13. September 2026 die Menschen die Kandidaten wählen, die sie kennen. Die AfDler kenne niemand, so Arndt mit einem Hinweis auf die fehlenden regionalen AfD-Strukturen jenseits der Kreisebene. AfD-Fraktionen gibt es nur im Kreistag und in Buxtehude.
Linke: Mit sozialer Politik Vertrauen zurückgewinnen
„Diese Partei ist gefährlich“, sagt Benjamin Koch-Böhnke. Der Linken-Fraktionsvorsitzende im Kreistag und im Rat der Stadt Buxtehude sieht viele Parallelen zum Aufstieg der NSDAP zur Macht. „Wir brauchen eine sozial gerechte Politik, die das Vertrauen der Menschen zurückgewinnt“, sagt Koch-Böhnke. Er habe Zweifel, ob die jetzige Bundesregierung dafür geeignet sei.
Herkunftsländer
Aus diesen Ländern kommen die Staatsbürger im Landkreis Stade
„Wir müssen die AfD demokratisch stellen“, sagt Hilke Ehlers, Vorsitzende der FDP im Kreis Stade. Die Strategie, sich mit der AfD nicht auseinander zu setzen, habe in den vergangenen zehn Jahren keinen Erfolg gehabt. „Jetzt öffentliche Räume für alle Parteien aus Angst vor der AfD zu sperren, wird kein Problem lösen“, sagt Hilke Ehlers.

Viele Menschen demonstrieren gegen die Auftritte der AfD, auch wenn sie nur einen Teilnehmer stellt, wie bei der TAGEBLATT-Veranstaltung in Hammah. Foto: Elsen

Die Direktkandidaten des Wahlkreises Cuxhaven - Stade II waren dem Aufruf des TAGEBLATT gefolgt und diskutierten in Hammah vor knapp 170 Zuschauern. Foto: Elsen
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