Zähl Pixel
Jagd als Hobby

TDeutschlands jüngste Jägerin ist jetzt keine Vegetarierin mehr

Marie Teppe büffelte schon mit 15 Jahren für die Jägerprüfung, damit sie den Schein so früh wie möglich bekam.

Marie Teppe büffelte schon mit 15 Jahren für die Jägerprüfung, damit sie den Schein so früh wie möglich bekam. Foto: Philipp Schulze/dpa

Erst die Jagdlizenz, dann das Abi - das ist der Plan der 16-jährigen Marie Teppe aus Uelzen. Vor dem Jagdfieber ernährte sie sich vegetarisch, nun schmeckt ihr auch die Currywurst aus Wildfleisch.

Von Britta Körber Samstag, 28.09.2024, 17:15 Uhr

Uelzen. An ihrem 16. Geburtstag im April hält Marie Teppe endlich ihren Jagdschein in der Hand - und ist an dem Tag Deutschlands jüngste Jägerin. Von Kindesbeinen an nahm Vater Christin Teppe sie und ihre beiden Brüder mit ins Revier nach Stadensen bei Uelzen. Das Wild zerlegt hat sie schon im Alter von sechs Jahren. „Seitdem wir im Maxi-Cosi sitzen, gehen wir auf Jagd“, erzählt Marie lachend.

An den ersten Schuss erinnert sie sich, als sie mit ihren Brüdern auf dem Auto-Rücksitz saß und ihr Vater mit der Büchse auf dem Zielstock, also einer Gewehrauflage, ein Reh erlegte. Als Heranwachsende lernten sie früh, Fährten zu lesen, Mais als Lockfutter auszustreuen oder auch Wildschweine anzulocken.

Auch die Mutter besitzt eine Jagderlaubnis, sammelt am liebsten im Frühjahr die Abwurfstangen der Rehböcke, wenn sie ihr Geweih verlieren. Es eignet sich zur Dekoration. Die Jagd als Familien-Hobby.

Marie büffelte schon ab fünfzehneinhalb für die Jägerprüfung, damit sie den Schein so früh wie möglich bekam. Auf den Hochsitz geht es derzeit aber nur in Begleitung und ohne eigene Büchse. 2.000 Euro kostete die Lizenz, für die sie neben der Schule online bei „Jagdleben.com“ büffelte und einen zweiwöchigen Kurs absolvierte. 40 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer seien durchgefallen, berichtet sie. Als einzige Absolventin des Lehrgangs in Dannenberg habe sie bestanden.

Einen kleinen Vorteil hatte sie, denn Vater und Rechtsanwalt Teppe ist dafür verantwortlich, das gedruckte 900-Seiten-Standardwerk „Jagdleben“ zu aktualisieren. Auch Jagdhornsignale konnte sie schon lange unterscheiden.

Beim ersten Rehbock kam das Jagdfieber

Ganz so einfach sei es nicht gewesen, die Theorie in die Praxis umzusetzen und den ersten Rehbock zu erlegen: „Vorher war ich gar nicht aufgeregt, aber hinterher hat mich das Jagdfieber erwischt, ich habe gezittert.“

Auf eine Treibjagd darf sie erst nach drei Jahren Erfahrung - bis dahin ist sie als Treiberin unterwegs mit ihren Brüdern. Nur ein Messer hat sie dabei, um Gestrüpp oder Brennnesseln wegzuschneiden. Oder für den Notfall, falls einmal etwas schiefgeht und sie sich wehren muss.

So sei vor einiger Zeit eine angeschossene Wildschweinsau vor ihr aufgetaucht: „Sie wurde aggressiv, ich habe ihr Röcheln gehört“, beschreibt Marie die Situation. Erst, als sie den erlösenden Schuss eines Jägers hörte, habe sie keine Angst mehr um ihren jüngeren Bruder gehabt.

Im Hintergrund sind an diesem Spätsommertag die Schießübungen aus Unterlüß beim Waffenhersteller Rheinmetall zu hören. „Da wackeln manchmal unsere Fenster“, berichtet der 51-jährige Teppe. Auch die Schüsse vom Truppenübungsplatz in Munster sind die Menschen in der Heide gewohnt.

Ungerührt demonstriert Marie die ruhige Haltung mit dem Gewehr und behält den Überblick auf dem Hochsitz. Die Büchse des Vaters bekam der 18 Jahre alte Sohn Carl jüngst zum Geburtstag geschenkt. Auf ein eigenes muss die Schülerin noch warten. Aber zunächst steht das Abitur mit einer guten Abschlussnote im Vordergrund, damit sie Medizin studieren kann.

Junge Menschen interessieren sich für die Jagd - Frauenanteil steigt

Immer mehr junge Frauen zieht es in die zum Teil äußerst abgelegenen Reviere. Auch für Marie ist es ein Anliegen, Verantwortung für den Schutz der Natur zu übernehmen. „2011 lag der weibliche Anteil bei den Kursen bei 11 Prozent, 2021 schon bei 28“, sagt Torsten Reinwald, Sprecher des deutschen Jagdverbands. Die Tendenz sei steigend. Insgesamt gehörten zur organisierten Jägerschaft 435.930 Menschen mit Waffenschein, 2020 habe der Anteil der Frauen bei 11 Prozent gelegen.

Reinwald registriert einen vermehrten Zulauf junger Leute: „Ich habe die Vermutung, dass Corona die Menschen beflügelt hat, in die Natur zu gehen“. Viele sehnten sich nach einem intensiven Naturerlebnis.

Die Redaktion empfiehlt
Weitere Artikel

Senat fordert Schadenersatz für Toiletten-Pleite

„Hamburgs teuerstes Klo wird zugeschüttet!“ - meinte der Steuerzahlerbund zur Entscheidung, bei einem millionenschweren Bauprojekt die Reißleine zu ziehen. Der Senat will sich das Geld wiederholen.