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A27-Sperrung

T„Die Strecke ist Mist“: Lkw-Fahrer wehren sich gegen Böse-Buben-Image

Robert Effenberger fährt mit seinem Lkw täglich mehrmals von Bremen nach Bremerhaven und zurück. Die Umleitung hat er nur einmal ausprobiert, seitdem fährt er lieber über die alte B6.

Robert Effenberger fährt mit seinem Lkw täglich mehrmals von Bremen nach Bremerhaven und zurück. Die Umleitung hat er nur einmal ausprobiert, seitdem fährt er lieber über die alte B6. Foto: Jan Iven

Nach der Vollsperrung der Autobahn 27 im Kreis Cuxhaven verunglücken täglich Lastwagen auf der Umleitung. Viele nutzen daher eine alternative Strecke, was auch wieder nicht jedem passt.

Von Jan Iven Sonntag, 25.02.2024, 07:50 Uhr

Landkreis Cuxhaven. Einmal ist Robert Effenberger mit seinem 40-Tonner die ausgeschilderte Umleitung über Uthlede gefahren. Einmal und nie wieder. „Die Umleitung ist scheiße“, sagt der 51-jährige Brummi-Fahrer bei einer Kaffeepause in der Shell-Tankstelle am Autohof Bremerhaven-Wulsdorf.

Eine Umleitung für die Umleitung

Seit Mittwoch (21. Februar) ist die Autobahn 27 zwischen Hagen und Uthlede gesperrt, weil der Durchlass für einen Kanal unter der Fahrbahn einsturzgefährdet ist. Seitdem quält sich der Verkehr auf der ausgeschilderten Umleitung über Hagen und Uthlede. Für Schwerlasttransporte ist dort kein Durchkommen mehr. Sie müssen sich individuelle Routen über Nebenstrecken genehmigen lassen.

Reguläre Lastwagen sollen hingegen die reguläre Umleitung nehmen. Doch das ist ein Problem. „Die Landstraßen sind nur sechs Meter breit. Wenn sich zwei Lkw entgegenkommen, kann es richtig eng werden, wenn es dumm läuft“, sagt Robert Effenberger. Und dann rutscht im schlimmsten Fall ein Lastwagen von der Fahrbahn. Wo genau die größten Gefahrenstellen lauern, kann der Bremer gar nicht sagen: „Die ganze Strecke ist Mist.“

„Die Strecke ist Mist“: Lkw-Fahrer wehren sich gegen Böse-Buben-Image

Seit dem ersten Versuch nimmt der Lkw-Fahrer die inoffizielle Alternativ-Route über die alte B6. Sein Arbeitgeber, eine Bremer Spedition, macht ihm da keine Vorschriften: „Es geht schließlich um meine Sicherheit.“ Und natürlich auch um das Fahrzeug. Zeitlich mache es auch kaum einen Unterschied. Voll sind beide Strecken.

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Robert Effenberger fährt Container von Bremerhaven zum Güterverkehrszentrum Bremen. Heute hat er eine Ladung Elektrobatterien für Autos geladen. Sein eigener Schlepper fährt ebenfalls elektrisch und lädt während der Pause seine Batterien auf. Normalerweise benötigt Effenberger eine Stunde für die Strecke, wenn er die Autobahn nimmt. Über die Umleitung sind es eher 90 Minuten. Deswegen schafft er derzeit nur zwei Fuhren am Tag, anstatt wie üblich drei. „Ich muss ja meine Ruhezeiten einhalten“, sagt der Lkw-Fahrer.

Auf der Umleitungsstrecke rund um Uthlede verunglücken unterdessen derzeit täglich Lkw, zum Teil auch auf vermeintlichen Schleichwegen. Kritisch wird es vor allem, wenn sich zwei große Fahrzeuge entgegenkommen. Beim Ausweichen rutschen immer wieder Fahrzeuge in den Seitenraum der Straße, bleiben stecken oder drohen die Böschung herabzufallen.

Am Freitagmorgen rutscht bei einem weiteren Vorfall ein 60-Tonnen-Kranwagen entlang der Kreisstraße 48 zwischen der Autobahn-Anschlussstelle Uthlede und der Ortschaft Uthlede in den Seitenraum. Die Umleitung muss den ganzen Tag voll gesperrt werden, während Mitarbeiter eines Abschleppdienstes versuchen, den Kran zu stabilisieren und zurück auf die Straße zu ziehen.

Nun braucht es eine Umleitung von der Umleitung. „Die Umleitung wird von der K48 auf die L135 führen“, teilt eine Sprecherin des Landkreises Cuxhavens mit. Die Polizei sperrt die L134 zwischen Hagen und Uthlede und lässt nur noch Anwohner durch. Nach zwei Tagen haben die Menschen in Uthlede nun eine kurze Pause von dem Umleitungsverkehr mit bis 27.000 Fahrzeugen am Tag.

Stattdessen quält sich der Umleitungsverkehr nun über den Amtsdamm mitten durch Hagen zur L135. Vielleicht ist es sogar von Vorteil, dass der Amtsdamm wegen der massiven Straßenschäden von der Landesbehörde für Straßenbau in großen Teilen zur Tempo-30-Zone erklärt wurde. Die Gemeinde Hagen hat entlang der Umleitungsstrecke überall Halteverbotsschilder aufgestellt, damit der Straßenverkehr durch parkende Autos nicht noch weiter verlangsamt wird.

Abriss der Autobahnbrücke verschoben

Hagens Bürgermeister Andreas Wittenberg (parteilos) ist genervt. „Als ich die Nachricht von der Autobahnsperrung erhalten habe, ist mir fast das Handy aus der Hand gefallen“, sagt er. Mittlerweile ist der Bürgermeister auch schon selbst die Umleitung abgefahren. „Es ist schon viel Verkehr, aber im Großen und Ganzen funktioniert die Umleitung“, sagt Wittenberg. Die Stimmung bei einigen Hagenern sei dennoch angespannt, habe er festgestellt.

Seit die Autobahn gesperrt ist, würden die Telefone im Rathaus nicht mehr stillstehen. Ständig würden Medien und Behörden wegen der Umleitung anfragen. Der Bürgermeister will aber nicht ausschließen, dass man sich irgendwann an die Umleitung gewöhnen werde.

Unterdessen macht sich Lkw-Fahrer Robert Effenberger auf dem Autohof Sorgen, dass das Chaos auf den Straßen noch größer wird, wenn die Autobahnbrücke über die B71 an der Abfahrt Wulsdorf ab kommender Woche abgerissen wird. Doch zumindest diese Sorge ist unbegründet. Um den Straßenverkehr in der Region nicht noch weiter zu belasten, hat die Autobahn GmbH die angekündigten Arbeiten kurzfristig auf unbestimmte Zeit verschoben.

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