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Wirtschaft

TDie ganze Chemie-Branche leidet – die Dow in Stade auch

Ein Mitarbeiter der Dow Stade bei der Arbeit (Symbolbild).

Ein Mitarbeiter der Dow Stade bei der Arbeit (Symbolbild). Foto: Fehlbus

Der Optimismus von Stades Dow-Werkleiter Dr. Neldes Hovestad ist ansteckend. Das kann aber nicht über die Probleme der Chemiebranche speziell in Stade hinwegtäuschen.

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Von Lars Strüning
Dienstag, 07.01.2025, 16:30 Uhr

Stade. Neldes Hovestad ist überzeugt vom Dow-Standort auf Bützflethersand. Nur wird die Zukunft wohl anders aussehen als die Gegenwart. Hovestad selbst wird die Entwicklung nicht mehr lange eng begleiten können, seine Zeit im Stader Werk läuft ab. Der für Dow typische Wechselmodus beschert ihm im Unternehmen noch im Frühjahr einen neuen Job und dem Werk Stade einen neuen Chef. Wer das sein wird, ist noch nicht bekannt. Hovestad verlässt Stade in einer Zeit des Umbruchs.

Alte Unternehmen gehen - neue Betriebe kommen

Trinseo spielt im Chemiepark keine Rolle mehr. Dow und Olin kämpfen mit hohen Energie- und fallenden Weltmarktpreisen für ihre Produkte. AOS scheint sich stabilisiert zu haben. Die alten Produktionsweisen haben es schwer, dafür kommen neue Projekte ins Spiel. Holzkraftwerk, Lithium-Produktion für Autobatterien, grüner Wasserstoff, ein Terminal für verflüssigte Gase wie LNG, womöglich der Ausbau des Stader Seehafens an der Elbe. Für Hovestad eine ganz normale Entwicklung.

Nach dem Motto „alles hat seine Zeit“ sieht er keine Dramatik in der Entwicklung. Alte Produkte gehen vom Markt, neue kommen. Hovestad selbst wird in seine Heimat, die Niederlande, zurückkehren. Als Direktor für EH&S (Umweltschutz, Gesundheit, Sicherheit) wird er rund 35 Dow Werke in der Region Europa, dem Mittleren Osten und in Afrika in seinem Fachbereich betreuen.

Stade könne sich glücklich schätzen ob der vielfältigen Zukunftsperspektiven. Der Chemiepark ist angeschlossen ans bundesdeutsche Gasnetz, erhält einen Zugang zum nationalen Wasserstoffnetz und hat Zugang zu grünem Strom übers Umspannwerk der Tennet direkt auf dem 550 Hektar großen Dow-Gelände. Hovestad: „Dieser Mix ist einmalig in Deutschland, vielleicht sogar in Europa.“

Die Produktionsstätten im Bützflether Chemie-Park bei Nacht.

Die Produktionsstätten im Bützflether Chemie-Park bei Nacht. Foto: Christian Hager

Hinzu komme, dass es niedersachsenweit nur wenig Industriegebiete gibt, wo chemische Produktion zugelassen sei. Dow wähle mit Bedacht die Firmen aus, die aufs Gelände kommen. Die projektierten Ansiedlungen stehen alle in direkter Verbindung mit der Dow-Produktion. Das kann als eine Art Zukunftsgarantie gesehen werden - und nicht als die einzige.

Millionenbeträge fließen in den Bestand

2024 wendete das Unternehmen 45 Millionen Euro auf, um die bestehenden Anlagen fit zu halten. Das geschieht pro Anlage alle sechs Jahre, die Experten nennen das „turnaround“. Neldes Hovestad: „Die Firma nimmt Geld in die Hand, um auch die nächsten Jahre hier zu produzieren.“ Dieses Jahr sollen es 30 Millionen Euro sein, die ab März in die Instandhaltung fließen.

Der Neubau der Werkfeuerwehr ist ein weiteres Beispiel. 30 Millionen Euro kostet das Gebäude, das im Frühjahr in Betrieb genommen wird. Die neuen Firmen würden sich auch an den Kosten für den Werkschutz beteiligen. Die vorhandene Infrastruktur sei für Firmen auch ein Argument für die Ansiedlung.

Perspektivisch ist auch die Personalpolitik zu sehen. 2024 seien alle 24 Azubis, die bleiben wollten, übernommen worden - mit Verträgen. 24 neue Lehrlinge wurden eingestellt. Eine Million Euro flossen in das neue Ausbildungslabor. Zusätzlich haben 17 Umschüler ihre Abschlusszeugnisse erhalten. Dow hatte mit Unterstützung der Agentur für Arbeit eine Qualifikation zur Produktionsfachkraft Chemie angeboten. Zurzeit arbeiten bei der Dow 1300 feste Mitarbeiter, mit den benachbarten Unternehmen wie Olin finden hier 2000 Menschen Arbeit.

Salz ist der Grundstoff der Dow-Tätigkeit an der Elbe. Er wird in den Kavernen von Harsefeld-Ohrensen gewonnen und per Sole-Leitung ins Stader Werk transportiert. Im Sommer 2024 ist die Kaverne K32 in Betrieb genommen worden, um den Nachschub für die kommenden Jahre zu sichern.

Stockender Absatz und billige China-Produkte

Dennoch ist nicht alles eitel Sonnenschein auf Bützflethersand. Es gibt auch Schattenseiten, die die gesamte Chemie-Branche umgeben. In China stockt das Wirtschaftswachstum, erklärt Hovestad. Deswegen bieten die Chinesen ihre Grundstoffe, wie sie auch Dow herstellt, auf dem Weltmarkt an - zu Schleuderpreisen. Die Verbraucher verhielten sich zurückhaltend, der Absatz stockt, die Wirtschaft lahmt.

Stades Dow-Chef Neldes Hovestadt.

Stades Dow-Chef Neldes Hovestadt. Foto: Martin Bauendahl

In dieser Gemengelage ist die Dow mit ihrem Werk in Stade, das ausschließlich für den europäischen Markt produziert, froh, wenn sie ihre Anlagen zu 60 Prozent auslasten kann. Geld verdient wird ab einer Auslastung von 70 Prozent, so der Werkleiter. In guten Jahren waren es über 90 Prozent. Hovestad bleibt trotzdem „reserviert optimistisch“. Die Optionen reichten von einem „weiter so“ - wovon Hovestad ausgeht - bis zu einem Verkauf der Anlagen.

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