TDiese Drohnen können Landwirten bei der Arbeit helfen

Bill Gutbier hat die Drohne BETH-01 konstruiert. Sie wiegt 10 Kilogramm und ist ein Prototyp.Foto: Hippler Foto: Hippler
In der Pandemie verlor Bill Gutbier seinen Job. Für den Mechaniker die Chance, sich mit einer Idee selbstständig zu machen. Von der Arbeit seiner Firma könnte die Landwirtschaft zukünftig profitieren.
Nordenham. Es ist ein Büro am Ende eines Ganges im Innovationszentrum für Nachhaltigkeit und Produktionstechnologie, in dem sich Bill Gutbier mit seiner Drohnenfirma niedergelassen hat. Seit der Kindheit ist er von der Fliegerei begeistert. „Mein Großvater flog die SG 38. Das ist ein Gleitflugzeug“, berichtet er.
„In der Schule gab es ein Modellprojekt mit einem Segelflugzeug aus Balsaholz“, erinnert er sich an eine weitere prägende Erfahrung. Aus dem anfänglichen Hobby wurde bei ihm beruflicher Enthusiasmus. Inklusive seiner Ausbildung verbrachte Bill Gutbier zwei Jahrzehnte beim Flugzeugwerk in Einswarden.
Beginn der nebenberuflichen Selbstständigkeit
Bill Gutbier fing an, nebenberuflich eine Dienstleistungsfirma aufzubauen. Er nannte sie „BillzEye - Multicoptersysteme“ und konzentrierte sich bei seinem neuen Projekt ganz auf die Drohnentechnologie.

Die Drohne DGI M300 RTK kommt unter anderem in der Landwirtschaft zum Einsatz. Foto: Stefan Hippler
Als der Mechaniker seine erste Drohne gekauft hatte, war er unzufrieden mit der Akkuhalterung des Geräts. „Das war eine Art Klettverschluss“, sagt Bill Gutbier. „Der Akku, der unterhalb der Drohne angebracht wurde, wackelte hin und her.“ Mithilfe eines 3D-Druckers baute er ein Akkufach und gab dem Ganzen damit mehr Stabilität.
Im Jahr 2017 sollte eine Drohne mit einer Wärmebildkamera ausgestattet werden, die eine neue Gimbal (3-Achsstabilisierung) erforderlich machte.
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Die neue Gimbal war für den gekauften Hexacopter jedoch zu groß. Der Mechaniker beschloss, eine eigene Drohne zu konstruieren. Es entstand der Prototyp BETH-01.
Bill Gutbier setzt alles auf die Drohne
„Bis auf zwei CFK-Platten, die Arme und das Landegestell habe ich die Drohne allein entwickelt“, sagt Bill Gutbier. Das Besondere an seiner 10 Kilogramm schweren Drohne ist die Absicherung dank mehrerer Motoren. Fällt einer der Motoren aus, bleibt die Drohne dennoch in der Luft. Für Extremfälle ist sie mit einem zusätzlichen Rettungsfallschirm ausgestattet. Entsprechende LED-Leuchten ermöglichen es, die Drohne auch bei Dunkelheit fliegen zu lassen.
Die maximale Flugzeit beträgt zehn bis zwölf Minuten. Für aktuelle Einsätze hat Bill Gutbier industrielle Drohnen, die bis zu 45 Minuten fliegen können und über eine bessere Sensortechnik verfügen.
„Die Wärmebildkamera an der Drohne kann bei Hausinspektionen eingesetzt werden, um beispielsweise Isolationsschäden an Wärmebrücken, zu überprüfen“, sagt der Unternehmer. „In größeren Industrieanlagen können mit ihr Isolationen an Rohrleitungen ausfindig gemacht werden.“
Ende des Jahres 2020 baute man im Flugzeugwerk in Einswarden Personal ab. Bill Gutbier war ebenfalls davon betroffen. Der Mechaniker akzeptierte den Aufhebungsvertrag und erhielt eine entsprechende Abfindung. Er investierte in sein Unternehmen. Von jetzt an konzentrierte er sich voll und ganz auf seine eigene Firma.
Ausbau seiner Dienstleistung mit Multicoptersystemen
Schnell erhielt Bill Gutbier erste Aufträge. Im Jahr 2021 investierte er in die Drohne DJI 300 RTK. Die Abkürzung RTK steht für Real Time Kinematik. Hierbei handelt es sich um ein Verfahren, mit dem Positionskoordinaten zentimetergenau bestimmt werden. „An der Drohne kann ich unter anderem die Kameras wechseln und eine Multispektralkamera anschließen“, erläutert Bill Gutbier.

Mithilfe der Wärmebildkamera können Isolationsschäden an Häusern festgestellt werden. Foto: Stefan Hippler
Diese Technologie kann in der Agrarwirtschaft eingesetzt werden. Die Multispektralkamera ermöglicht Rückschlüsse auf die Vitalität der Pflanzen. „Die Kamera verfügt über einzelne Sensoren in verschiedenen Spektren des Lichts, um höhere Kontraste bei der Analyse des Blattgrüns sehen zu können“, sagt Bill Gutbier. „So kann die Software mit einer KI punktuell Unkraut auf einer Ackerfläche identifizieren. Der Landwirt kann so zielgerichtet das Unkraut bekämpfen.“
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Die abgespeicherten Flugrouten können routinemäßig wiederholt, mit dem Datenmodell im Rechner abgeglichen und ausgewertet werden. Diese Art der Digitalisierung wird im sogenannten „Smartpharming“ eingesetzt.
Vor rund zwei Jahren gab Bill Gutbier ein Angebot an das Grünlandzentrum in Ovelgönne ab. Dort zeigte man sich interessiert und überzeugt, dass man mithilfe seiner Drohnentechnologie eine sogenannte Feldoptimierung ermöglichen könnte. Die Zusammenarbeit kam jedoch nicht zustande. Bill Gutbier wäre aber weiter interessiert, in Zusammenarbeit mit dem Grünlandzentrum die Digitalisierung in der Agrarwirtschaft voranzubringen.

Im Jahr 2014 erwarb Bill Gutbier eine Drohne und war unzufrieden mit der Akkuhalterung. Mittels eines 3D-Druckers konstruierte er ein Akkufach.Foto: Stefan Hippler Foto: Stefan Hippler
Der staatlich geprüfte Windenergie- und Maschinenbautechniker hat noch weitere zukunftsweisende Ideen im Kopf. Das Interesse an Technologie gibt der Dozent unter anderem an der Kreisvolkshochschule weiter. Im Kreativlabor Nordenham-Brake möchte Bill Gutbier auch die nachfolgende Generation für die Flugtechnik begeistern.