T„Diskriminiert und zurückgestuft“ - Bank sperrt Schwestern das Konto

Christine (li.) und Katharina Middendorf können mit ihren Bankkarten kein Geld mehr abheben. Foto: Dührkop
Katharina und Christine Middendorf sind leicht geistig eingeschränkt und haben aber seit Jahren ein eigenes Konto. Jetzt blieb die Bankkarte im Automaten. Die Empörung ist groß.
Debstedt. Die Zwillinge aus Drangstedt kommen nicht mehr an ihr Konto bei der Volksbank im Elbe-Weser-Dreieck. Sie kämpfen mit den Tränen, als sie von der Situation berichten.
An jedem Ersten eines Monats heben die 29-jährigen Zwillingsschwestern in der Volksbank-Geschäftsstelle in Bad Bederkesa jeweils 100 Euro ab. So auch am Donnerstag, 1. August. Die beiden wollten den Zoo am Meer besuchen und zum Einkaufsbummel in den Bremer Weserpark fahren. Doch daraus wurde nichts. Die Bankkarte blieb im Automaten. Geld gab es nicht.
Plötzlich ist das Konto gesperrt - ohne ein Vorkommnis
Die Volksbank im Elbe-Weser-Dreieck hat nach Darstellung von Martina Homann, der Pflegemutter und gesetzlichen Betreuerin, das Konto gesperrt. Nur auf ihr Drängen seien den Zwillingen die Bankkarten ausgehändigt worden. Doch Geld abheben können sie seit drei Wochen nicht mehr.
„Sie haben sich nichts zuschulden kommen lassen“, beteuert Homann. Sie hat die Vollmacht. Auch könne das Konto gar nicht überzogen werden, da es vergleichbar mit einem Konto für Kinder sei. Doch die Sperrung des eigenen Bankkontos kam für die Zwillinge komplett plötzlich und unvorbereitet. „Wir finden das blöd“, sagt Christine. Die Volksbank kann die Beschwerde nicht nachvollziehen.
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Pflegemutter ist empört über das Vorgehen der Volksbank
Die Zwillinge sind seit frühester Kindheit geistig leicht beeinträchtigt. Aufgewachsen sind sie bei Familie Homann in Drangstedt, „aber trotz ihrer schweren ersten Jahre sind es sehr lebensbejahende und fitte Mädels geworden“, schreibt Homann an die Nordsee-Zeitung.
Die erfahrene Pflegemutter ist empört über das Vorgehen der Volksbank im Elbe-Weser-Dreieck. „Unsere Zwillinge fühlen sich diskriminiert und zurückgestuft, auch in ihrer Lebensführung eingeschränkt“, so Homann.
Die Zwillinge sind bei der Lebenshilfe in Bremerhaven beschäftigt: Christine in der Hauswirtschaft und Katharina in der Verpackungsabteilung. Allerdings ist Katharina seit eineinhalb Jahren aufgrund einer schweren Krebsdiagnose krankgeschrieben. „Seitdem leben beide wieder bei uns“, sagt Homann. Zuvor hatten die Zwillinge eine gemeinsame Wohnung in Bremerhaven und konnten eigenständig ihren Alltag meistern.
Herabwürdigende Situation kränkt die beiden Schwestern
Es habe nie Probleme gegeben, seit sie vor zehn Jahren ein eigenes Konto eröffnet hätten. Die beiden Frauen seien sehr gewissenhaft, sagt Homann.
Wie sehr es sie in ihrer Ehre kränkt, ist spürbar, die Tränen kullern. Erst bei der einen, dann bei der anderen. Als sie sich an die herabwürdigende Situation erinnern, sagt Katharina: „Ich war eifersüchtig auf die anderen Kunden.“
Bank beruft sich auf Datenschutz und Bankgeheimnis
„Mehrere Gespräche mit der Bank waren eine Farce“, sagt Homann. Es wurde sich auf eine rechtliche Anordnung des Betreuungsgerichts berufen, da es ein neues Urteil gäbe. Doch dies kann Paul Stich, Richter am Amtsgericht Langen, nicht bestätigen. „Die Tatsache, dass ein Bankkunde unter Betreuung gestellt ist, verändert zunächst nicht sein rechtliches Verhältnis zu der Bank“, teilt der Richter mit.
Eine Reihe von Kunden seien im Juni über eine „veränderte Vorgehensweise bei sogenannten Betreuungskonten informiert worden“, teilt die Bank schriftlich mit. Zu dem Inhalt des Schreibens äußert sich Volksbank-Vorstand Frank Koschuth nicht, da es sowohl den Datenschutz als auch das Bankgeheimnis betrifft.
Doch bei Familie Homann ist bis heute kein Informationsschreiben angekommen. Die Bank will nun „zum wiederholten Male“ mit einem Brief direkt an die Kundin die Situation schildern.
Inklusionsbeirat unterstützt die Familie
Um Unterstützung zu bekommen, hat sich Familie Homann an den Inklusionsbeirat des Landkreises Cuxhaven gewandt. Zweifel an der Geschäftsfähigkeit könnten für den Inklusionsbeauftragten Jürgen Wintjen der einzige Grund sein, warum die Bank das Konto sperrt.
Doch dies dürfe nicht die Bank feststellen, sondern sie als Betreuerin, so Martina Homann. Dem pflichtet auch der Richter am Amtsgericht bei: „Ist die Bank also verpflichtet, Zugriff auf ein Konto für den Bankkunden zu gewähren (zum Beispiel bei einem Girokonto), so bleibt diese Verpflichtung auch nach der Bestellung eines Betreuers genauso bestehen und der Zugriff müsste, wie zuvor, weiter gewährt werden.“ Die Kundin müsse die Bank an diese Vertragsverpflichtung erinnern, so Stich.
Allerdings könne die Kundin die Bank vor Gericht bringen, wenn die Vertragsmodalitäten einseitig verändert worden sind. Für das Betreuungsgericht ist es nicht das erste Mal, dass es Probleme mit Kreditinstituten gibt. Sie würden sich immer mal wieder auf geänderte Vorgehensweisen berufen, die ohne eine neue gesetzliche Grundlage ausgegeben werden.