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Himmelpforten

TWenn der Bus nicht fährt: Bürgermeister kritisieren Nahverkehrsplan

Die Bushaltestelle in Engelschoff. Der Bus hält hier nur früh morgens und mittags - der Nahverkehr soll auch in den nächsten vier Jahren vor allem der Schülerbeförderung dienen. Verbesserungen sind im Nahverkehrsplan des Landkreises nicht vorgesehen.

Die Bushaltestelle in Engelschoff. Hier steigen früh morgens meist nur Schüler ein. Foto: Klempow

Morgens oder mittags in den Bus steigen, zum Einkauf, Arzttermin oder Bahnhof fahren und wieder zurück - klingt selbstverständlich. In Engelschoff und Großenwörden ist es das nicht. Dabei soll es bleiben. Zum Ärger der Bürgermeister.

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Von Grit Klempow
Donnerstag, 19.10.2023, 10:00 Uhr

Himmelpforten. „Abgehängt“, sagt Martin Doerksen, Bürgermeister in Großenwörden. „Vergessen, wir sind egal“ - aus seinen Worten klingt Frust. Wer in Großenwörden an der Bushaltestelle einen Blick auf den Fahrplan wirft, liest den Frust in Zahlen: Montags bis freitags fährt der Bus drei Mal täglich ab. Um 6.45 Uhr, um 7.40 Uhr und um 8.25 Uhr nach Himmelpforten. Danach ist der Fahrplan leer. Und wer früh morgens in den Ferien an der Haltestelle steht, wartet vergeblich.

Mau sieht es auch in der Nachbargemeinde aus. In Neuland und Engelschoff leben etwa 750 Menschen. Die Bushaltestelle ist außer zu den Abfahrten am frühen Morgen verwaist - das Haltestellen-Schild ist verblasst, noch nicht mal das „H“ ist noch zu erkennen. Fast schon sinnbildlich für den Nahverkehr zwischen Himmelpforten und Hüll.

Massive Kritik: Keine Verbesserung in Sicht

„Wir haben gar nichts“, sagt Bürgermeister Sven Frisch. „Und es gibt auch keine Verbesserung“, kritisiert er massiv den neuen Nahverkehrsplan, der von 2024 bis 2028 gelten soll und derzeit kreisweit diskutiert wird.

Verbesserungen sind weder für Engelschoff noch für Großenwörden in Sicht. Überarbeitet wird der Nahverkehrsplan durch die Verkehrsgesellschaft Nord-Ost-Niedersachsen mbH (VNO).

Thorsten Liebeck von der Samtgemeindeverwaltung hat beim Blick auf den Plan Verständnis für den Ärger der beiden Bürgermeister, deren Gemeinden besonders schlecht gestellt sind. Wenngleich es auch andernorts nicht immer rosig aussieht:

„Die Feststellung, dass das Nahverkehrsangebot in der Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten sehr lückenhaft ist und nicht die gewünschte Qualität erreicht, ist bedauerlicherweise absolut zutreffend“, schreibt Liebeck. Fahrten zum Einkauf oder zum Arzt fließen auch künftig nicht in die Auswertung ein.

Unzureichend und unübersichtlich

Laut Nahverkehrsplan ist vor allem das Grundzentrum Oldendorf bislang unzureichend angebunden, auch die Verknüpfungen zwischen Bus und Bahn sind nicht zufriedenstellend ausgebaut. Die Verbindungen und Linienwege werden als unübersichtlich bezeichnet. Weil das Angebot auf die Schülerbeförderung ausgerichtet ist, wurde es bislang „nur vereinzelt an veränderte Unterrichtsmodelle und Schülerströme angepasst“. Jetzt gibt es ein neues Bus-Konzept.

Die aktuellen Bus-Abfahrten in Großenwörden sind auf den Schulbusverkehr reduziert.

Die aktuellen Bus-Abfahrten in Großenwörden sind auf den Schulbusverkehr reduziert. Foto: Klempow

Zwei neue Hauptlinien, die 2080 (Stade-Heinbockel-Elm-Bremervörde) und die 2090 (Stade-Hammah-Heinbockel-Oldendorf-Himmelpforten) sollen das Kernstück sein. Beide Linien sollen von Montag bis Freitag im Zweistundentakt fahren. Die Linie 2090 zu den Bahnhöfen Hammah und Himmelpforten soll auch sonnabends und sonntags betrieben werden. „Buweg, Estorf, Gräpel und Kranenburg erhalten mit den Linien 2093 oder 2096 Verbindungen nach Himmelpforten oder Oldendorf, wo Anschlüsse an den RE5 oder die Linie 2090 hergestellt werden“, so der Plan.

Zwei neue Linien binden zentrale Orte besser an

Das neue Konzept ist eine Verbesserung für die zentralen Orte Hammah, Himmelpforten und Oldendorf, lautet die Einschätzung der Verwaltung. Auch Düdenbüttel und Heinbockel profitieren. In Brobergen, Kranenburg, Blumenthal und Burweg würden sich die Anzahl der Verbindungen zum und vom Himmelpfortener Bahnhof erhöhen. Von Gräpel nach Oldendorf oder Himmelpforten gäbe es sogar mehr Verbindungen als bisher. Allerdings wäre je nach Fahrtzeit ein Umstieg notwendig - ein Kritikpunkt der Verwaltung.

Die bewährte Verbindung zum Himmelpfortener Bahnhof würde massiv eingeschränkt oder auf den Bürgerbus verlagert.

Wobei der Bürgerbus Osteland Großenwörden und Engelschoff ohnehin nicht anfährt. Und mangels ehrenamtlichen Personals scheint eine Ausweitung des Bürgerbus-Streckennetzes auf diesen Bereich auch in weite Ferne gerückt zu sein.

Anruf-Sammel-Taxi ist vielen zu teuer

Bleibt noch das Anruf-Sammel-Taxi. Sven Frisch winkt ab. Die AST-Linie 2822 (Drochtersen-Hüll-Hemmoor/Himmelpforten) fährt zwar über Großenwörden und zumindest Neuland, aber es fehlt die Akzeptanz. Auch, weil das Angebot für viele zu teuer ist.

Frisch hätte sich anderes erhofft: „Wenn wir etwas verändern und auch den Individualverkehr reduzieren wollen, brauchen wir Konzepte, die die Einwohner auch nutzen können. Weil es eine Regelmäßigkeit gibt.“ Das sieht auch Martin Doerksen so: „Ich behaupte, wenn das Angebot stimmt, macht man davon auch Gebrauch“, sagt er.

Im Hinblick auf Klimakatastrophe und 49-Euro-Ticket fragt er sich, wo seine Gemeinde bleibt. Er vermisst den Willen, mehr möglich zu machen, vielleicht auch über kleinere Busse. Doerksen ärgert sich über den Vierjahresplan: „Anscheinend sind wir sowas von egal.“

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