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Chemie-Industrie

TDow stellt Standorte auf den Prüfstand – auch in Stade

Blick ins Stader Dow-Werk: Wie ungewiss ist der Blick in die Zukunft?

Blick ins Stader Dow-Werk: Wie ungewiss ist der Blick in die Zukunft? Foto: Christian Hager

Was hat der US-Konzern mit dem Standort in Stade vor? Aussagen von Dow-Chef Jim Fitterling sorgen bei Landrat Seefried schon für ein „Alarmsignal“. Die Belegschaft ist informiert worden.

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Von Lars Strüning
Montag, 28.10.2024, 20:00 Uhr

Stade. Der US-Chemiekonzern Dow will einige seiner Geschäfte in Europa auf den Prüfstand stellen. Dies sei unter anderem wegen einer schleppenden Erholung der Nachfrage notwendig, teilte der Konzern mit. Zuerst hatte das Handelsblatt darüber berichtet.

Dow hat 3500 Mitarbeiter in Deutschland

Die Überprüfung von Vermögenswerten werde sich in erster Linie auf den Bereich Polyurethan konzentrieren und bis Mitte 2025 abgeschlossen sein, sagte Dow-Chef Jim Fitterling. In Deutschland arbeiten nach Konzernangaben etwa 3500 Mitarbeiter an 13 Standorten. In Stade stellt Dow Vorprodukte für Polyurethan her. Dort sind Unternehmensleitung, Belegschaft und Politik entsprechend hellhörig geworden.

Trotz einer anziehenden Nachfrage in den USA und Kanada nach bestimmten Industrieprodukten, wie dem Verpackungs-Kunststoff Polyethylen, habe sich die globale Konjunktur nach Ansicht von Dow-Chef Jim Fitterling nicht wie erhofft entwickelt. „Das Tempo der weltweiten makroökonomischen Erholung ist langsamer als erwartet“, sagte er. „Wir arbeiten gemeinsam mit unseren Kunden an Innovationen, was sich in diesem Quartal durch die steigende Nachfrage in den Bereichen Verpackung, Elektronik sowie Haushalts- und Körperpflege gezeigt hat.“

Auswirkungen auf das Stader Dow-Werk ungewiss

Was heißt diese Ankündigung für den Standort Stade? Nichts Genaues weiß man nicht, könnte die Antwort heißen. Da die Überprüfung erst Mitte 2025 abgeschlossen ist, sei es „ verfrüht und unangemessen, zu diesem Zeitpunkt über mögliche Auswirkungen auf einzelne Anlagen, Standorte oder Mitarbeiter zu spekulieren“, sagte Stades Dow-Sprecher Stefan Roth am Montag auf konkrete TAGEBLATT-Nachfrage.

Christian Deppe vom Stader Dow-Betriebsrat sieht es ähnlich. Die Belegschaft sei am Freitag während einer „Townhall-Session“ von der Unternehmensleitung über die neue Lage informiert worden. Die Ankündigung sei nicht schön, weil sie alle Interpretationen offen ließen - von einem „Weiter so“ bis zur Schließung oder den Verkauf von Anlagen. In Stade beschäftigt sich die Dow an vier Anlagen mit der Produktion von Grundstoffen für Polyurethan. Zurzeit seien aber alle Gedanken Spekulationen.

Anlass für die Überprüfung sei die langgezogene Talsohle, welche die Dow mit seinen Produkten auf dem Weltmarkt durchschreiten müsse. Sinkende Nachfrage, günstige Konkurrenz aus China oder Indien und die hohen Energiekosten in Stade könnten die Gründe dafür sein. Ein Auf und Ab habe es schon immer mal gegeben, so Deppe. Aber irgendwann müsse auch wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen sein. Deppe: „Wir wissen nicht, was passiert.“

Landrat Seefried: Alarmsignal für Industrie

Als „Alarmsignal“ wertet Stades Landrat Kai Seefried die Ankündigung der Dow. Er macht sich Sorgen um die Industrie- und speziell die Chemie-Standorte in Europa, Deutschland und eben auch in Stade. Es sei Aufgabe der Bundespolitik für Verlässlichkeit und Investitionssicherheit zu sorgen. Was ihm Hoffnung macht: Durch den Bau von Energiehafen und LNG-Terminal im Stader Chemie-Park an der Elbe, sei der Standort in den Fokus von Unternehmen gerückt. Die Nachfrage von potenziellen Investoren sei gestiegen.

  • Chemiebranche dringt vor Industriegipfel auf Entlastungen

Die deutsche Chemie- und Pharmabranche fordert vor dem Industriegipfel im Bundeskanzleramt Entlastungen für die Wirtschaft. Die Bundesregierung müsse ein starkes Maßnahmenpaket für mehr Wettbewerbsfähigkeit schnüren, sagte Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), mit Blick auf das geplante Treffen von Kanzler Olaf Scholz mit Wirtschaftsvertretern und Gewerkschaften am Dienstag.

Ein großer Hebel liege bei den viel zu hohen Stromkosten, die viele Unternehmen belasteten. „Wir werden beim Industriegipfel im Kanzleramt einfordern, dass die Bundesregierung für eine deutliche Entlastung bei den Netzentgelten sorgt, indem sie den Netzkostenzuschuss – so wie ursprünglich geplant – wieder aus dem Bundeshaushalt übernimmt“, sagte Große Entrup. Diese Maßnahme sei unbürokratisch, schnell umsetzbar und helfe nicht nur der Industrie, sondern allen Unternehmen und auch Privathaushalten.

Die Chemiebranche steckt wegen gestiegener Energiepreise und der schwachen Konjunktur in der Krise. Von Januar bis August lag der Inlandsumsatz der Chemie dem VCI zufolge 5,7 Prozent unter dem Niveau im Vorjahreszeitraum. Die Pharmabranche verbuchte hingegen leichte Zuwächse im Heimatmarkt. Zuletzt hatten mehrere ausländische Konzerne Milliardeninvestitionen in Deutschland angekündigt.

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