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Artenschutz

T„Durchbruch“: Das sagen Politiker aus der Region zum EU-Wolfs-Beschluss

Der Umgang mit dem Wolf polarisiert: Gerade auf dem Land fordern viele, Problemwölfe abzuschießen.

Der Umgang mit dem Wolf polarisiert: Gerade auf dem Land fordern viele, Problemwölfe abzuschießen. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/ZB/dpa

Es kommt Bewegung in die Diskussion, ob Wölfe geschossen werden dürfen. So wird der EU-Beschluss, den Schutzstatus des Raubtiers herunterzustufen, im Kreis Stade und der Region aufgenommen.

Von Grit Klempow und Karsten Wisser Freitag, 27.09.2024, 05:50 Uhr

Landkreis. Die EU-Mitgliedstaaten wollen den Schutzstatus des Wolfs absenken. Am Mittwoch hatten sich die EU-Botschafter darauf geeinigt, die Änderung beim Ständigen Ausschuss der Berner Konvention zu beantragen.

Nah dran am Geschehen auf der politischen Ebene in Brüssel sind die Europa-Abgeordneten David McAllister (CDU) und Tiemo Wölken (SPD). Alle politischen Ebenen müssten konstruktiv zusammenarbeiten, um „endlich ein rechtssicheres Bestandsmanagement hinzubekommen“, sagt Wölken. Die Änderung des Schutzstatus sei die Voraussetzung, um die EU-FFH-Richtlinie anzupassen.

Der Wolf ist schon vor langer Zeit von einer bedrohten zu einer bedrohenden Art geworden.

David McAllister, CDU-Europaabgeordneter

„Als EU-Parlament werden wir diese Reform konstruktiv begleiten. Ich werde mich dafür einsetzen, dass in Regionen mit gesunder Population ein Bestandsmanagement rechtssicher möglich wird, um die Sicherheit von Menschen, den Herden- und den Deichschutz zu gewährleisten“, so Wölken.

Von der bedrohten zur bedrohenden Art

„Der Wolf ist schon vor langer Zeit von einer bedrohten zu einer bedrohenden Art geworden“, kommentiert Parlamentskollege David McAllister. Er sieht das Verdienst bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), die den Weg geebnet habe, und das Versäumnis bis dahin bei Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Dass die Entscheidung so lange gedauert habe, habe maßgeblich an ihr gelegen, kritisiert McAllister.

Die Europäische Volkspartei fordere seit Jahren die Anpassung der FFH-Richtlinie. „Die Entnahme des Wolfes muss dringend an die Realität der Menschen im ländlichen Raum und der Landwirtschaft angepasst und flexibler gestaltet werden“, so McAllister.

SPD-Abgeordnete appellieren an Ministerin

Auf anderer Ebene hatten der SPD-Bundestagsabgeordnete Daniel Schneider und die SPD-Landtagsabgeordnete Corinna Lange einen Appell verfasst und sich an die Bundesumweltministerin gewandt. Allein 2023 seien in Niedersachsen über 1400 Weidetiere von Wölfen gerissen worden – eine Steigerung um 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Schutz der Deichschafe sei existenziell in den Küstenregionen, betonte Schneider. „Es ist unerlässlich, dass wir zeitnah rechtssichere Maßnahmen implementieren, die sowohl den Schutz der Wölfe als auch die Existenzgrundlage der Tierhalter und Landwirte gewährleisten.“

Rechtssicherer Abschuss von Problemwölfen

Das sieht auch Corinna Lange so: „Es braucht dringend rechtssichere Verfahren für den schnellen Abschuss von Problemwölfen, wenn Herdenschutzmaßnahmen nicht ausreichen.“ Wo Herdenschutz nicht umsetzbar sei, müsse auch über wolfsfreie Zonen nachgedacht werden.

Die SPD-Landtagsabgeordnete Corinna Lange denkt über wolfsfreie Zonen am Deich nach.

Die SPD-Landtagsabgeordnete Corinna Lange denkt über wolfsfreie Zonen am Deich nach. Foto: Y. Möller / Corinna Lange

Deutschlands Votum für die Änderung des Schutzstatus wertet Lange als ersten Schritt in Richtung eines regionalen Wolf-Bestandsmanagements. Sie betont das Engagement von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Umweltminister Christian Meyer (Grüne) für diesen Schritt. Gut sei, dass die Anpassung der deutschen Rechtsgrundlagen schon vorbereitet werden könne.

Jetzt echtes Bestandsmanagement entwickeln

Jetzt komme es darauf an, dass der Beschluss in den Ständigen Ausschuss zur Berner Konvention durchgetragen werde, sagt Landrat Kai Seefried (CDU). Er sieht den Beschluss als „erstes, ermutigendes und sehr wichtiges“ Signal. „Auf dieser Grundlage sind Land und Bund nun auch wirklich gefordert zu handeln und die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein echtes Bestandsmanagement zu entwickeln.“

Zu Wort meldet sich auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Oliver Grundmann. Er sieht einen „Wendepunkt in der verfehlten Wolfspolitik der Bundesregierung“. Das dürfe aber nur der Anfang sein, das deutsche Recht müsse für eine vernünftige Balance zwischen Artenschutz, Landwirtschaft und Deichschutz dringend angepasst werden.

Jagdverbands-Sitzung in Brüssel

Vor Ort in Brüssel war auch Helmut Dammann-Tamke. Er weilte dort als Präsident der niedersächsischen und der deutschen Jäger bei einer Sitzung des europäischen Jagd-Dachverbands. Für ihn ist die Entscheidung „ein Durchbruch“. Nötig sei eine qualifizierte Mehrheit gewesen, mindestens 15 der 27 EU-Staaten, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung in der EU repräsentieren, mussten zustimmen, berichtet der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete.

Helmut Dammann-Tamke aus Ohrensen ist Präsident der niedersächsischen und deutschen Jäger.

Helmut Dammann-Tamke aus Ohrensen ist Präsident der niedersächsischen und deutschen Jäger. Foto: Fehlbus

Er verweist auf die komplexe Struktur aus Völkerrecht, europäischem Recht und Bundesnaturschutzgesetz. „Erst mal müssen wir sehen, ob im Dezember der Europarat dem Antrag der EU zustimmt - es ist sehr wahrscheinlich.“

„Feldzug gegen den Arten- und Naturschutz“

Für den Freundeskreis freilebender Wölfe sind die Pläne zur Herabsetzung des Schutzstatus keine Überraschung. „Sie sind lediglich Bestandteil eines seit Jahrzehnten laufenden Feldzuges gegen Natur- und Artenschutz“, so deren 2. Vorsitzender Thomas Mitschke. Der Verein hatte erfolgreich gegen die Abschusserlaubnis für den Wolf in Jork geklagt.

„Jagd und Wirtschaft dürfen in ihrem Tun nicht behindert werden. Geraten deren Ziele sowie generell die Haltung von Nutztieren, mit dem geringstmöglichen Aufwand, in Gefahr, scheuen deren Lobbyisten und Marionetten in der Politik keine Mittel und Wege“, so Mitschke.

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