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TEinstürzende Brücken: So gerne gehen Studenten in Buxtehude baden

So schön können mathematische Berechnungen sein: Studenten der Hochschule 21 bringen kontrolliert ihre Brückenkonstruktion zum Einsturz und gehen im historischen Hafenbecken von Buxtehude krachend baden.

So schön können mathematische Berechnungen sein: Studenten der Hochschule 21 bringen kontrolliert ihre Brückenkonstruktion zum Einsturz und gehen im historischen Hafenbecken von Buxtehude krachend baden. Foto: Hochschule 21

Bei der Prüfung Sommerbrücken der Hochschule 21 tragen Bauwerke Namen wie „Das geht in die Hose“. Warum das Versagen mit guten Noten belohnt wird.

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Von Thomas Sulzyc
Montag, 23.06.2025, 18:50 Uhr

Buxtehude. Das Versagen ist hier Bedingung für den Erfolg: Eine der wohl schönsten Hochschulprüfungen Deutschlands dürften die Sommerbrücken in Buxtehude sein. Dabei lassen angehende Bauingenieure der Hochschule 21 ihre über dem historischen Fleth errichteten Brücken kontrolliert einstürzen, um baden zu gehen. Das alles unter den Augen der Öffentlichkeit.

Alle zwei Jahre ereignet sich das Spektakel. Am vergangenen Wochenende war es wieder so weit - mittlerweile zum zehnten Mal am Fleth in der Altstadt.

Extravagantes Design bei den Sommerbrücken: Die Konstruktion mit dem Namen „Das geht in die Hose“ haben ihre Erbauer mit Jeanshosen dekoriert.

Extravagantes Design bei den Sommerbrücken: Die Konstruktion mit dem Namen „Das geht in die Hose“ haben ihre Erbauer mit Jeanshosen dekoriert. Foto: Sulzyc

Insgesamt 18 Brücken haben mehr als 100 Studenten und Studentinnen konstruiert. Nicht gerade vertrauenerweckend sind die Namen: Einen Steg haben seine Erbauer „Das geht in die Hose“ genannt. Zur Deko sind Jeanshosen daran befestigt.

Carolabrücke haben andere Studenten ihre Konstruktion getauft. Benannt nach dem eingestürzten Bauwerk in Dresden, das zum Sinnbild für marode Infrastruktur in Deutschland wurde. Oder wer mag schon einen Wassergraben über einen Steg queren, der „Statisch nie bestimmt“ heißt?

Aus Holz, PVC-Rohren, Dämmplatten oder Papprollen bestehen die pfiffigen Konstruktionen. Etwa 50 Kilo wiege die leichteste Brücke, rund 200 Kilo schwer sei das Bauwerk mit dem höchsten Gewicht, sagt Prof. Dr. Martin Betzler. Der stellvertretender Leiter des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen Bau moderiert den Buxtehuder Brückensturz.

Reihenweise stürzen Brücken kontrolliert ein. Studenten gehen baden. Alles ist exakt vorausberechnet. Die Prüfung besteht, wenn zwei Personen sich zunächst auf der Brücke begegnen, sich mit Handschlag begrüßen - und anschließend die Brücke meist mit Hilfe eines dritten Studenten durch Hüpfen zum Einsturz bringen.

Teil der Prüfung bei den Sommerbrücken der Hochschule 21: Zwei Erbauer testen die Belastbarkeit, indem sie sich auf der Brücke begegnen und sich mit Handschlag begrüßen.

Teil der Prüfung bei den Sommerbrücken der Hochschule 21: Zwei Erbauer testen die Belastbarkeit, indem sie sich auf der Brücke begegnen und sich mit Handschlag begrüßen. Foto: Sulzyc

Bei zwei Brücken verzichtet die Jury auf das Einsturzszenario - zu gefährlich. Bauteile könnten die Studenten treffen und verletzen. Ihre Erbauer wirken sichtlich enttäuscht, nicht in das Hafenwasser fallen zu dürfen. Nach dem Einsturz einer anderen Brücke verletzt sich eine Studentin leicht, wird von einer herabstürzenden Bohle getroffen. Mit Verband an einem Oberschenkel zeigt sie sich später bei der Siegerehrung aber unverwüstlich.

So fühlt sich das Wasser im Fleth an

28 Grad Lufttemperatur, ein herrlicher Frühsommertag. Aufgeheizt hat die Sonne das Wasser im Fleth jedoch nicht. „Arschkalt“, beantwortet ein Student nach dem Sprung ins Hafenbecken die Frage nach der Wassertemperatur. Gelassen zeigen sich die Helfer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), die im Wasser verweilen: „Geht so“, äußert sich einer zur Temperatur.

An der Kaikante stehen die Zuschauer dicht gedrängt, filmen, fotografieren und applaudieren. Eine Zusatztribüne hätte errichtet werden können - so viele Menschen verfolgen das Spektakel. Pfiffige haben sich einen Tritthocker mitgebracht, um über die Köpfe der anderen zu schauen.

Bei den Sommerbrücken herrscht Volksfeststimmung. „Die Menschen sind wie elektrisiert“, beschreibt Martin Betzler die Atmosphäre. „Wir freuen uns immer, wenn wir als Hochschule mit dieser Veranstaltung ein besonderer Teil des Buxtehuder Lebens sind und von vielen Zuschauern wahrgenommen werden“, sagt Hochschulpräsident Prof. Dr. Ingo Hadrych.

So bewertet die Jury die Sieger-Brücke

Am Ende siegt eine Brückenkonstruktion, die aus Cola-Kisten gebaut ist. Das nachhaltige Material könne nach dem Brückentest weiter verwendet werden. Die Konstruktion sei sehr genau und sauber gearbeitet, das Handwerk sauber ausgeführt, sagt Jury-Vorsitzender Prof. Dr. Karsten Ley.

Die Prüfung bestanden haben alle Brückenbauer. Mindestens mit der Note gut - oft mit der Note sehr gut. Gefeiert hatten die Studenten und Studentinnen bereits einen Tag vor der Sommerbrücken-Schau: Die letzten Klausuren des Semesters waren geschrieben.

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