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Bäuerliches Hauswesen

TEs begann mit einem Backhaus: Bliedersdorf feiert sein „Dorf im Dorf“

Samtgemeindebürgermeister Knut Willenbockel (links), stellvertretende Landrätin Birgit Butter und Bürgermeister Tobias Terne (beide rechts) schenken Vereinsvorstand Rainer Kröger (mittig) einen symbolischen Wegweiser.

Samtgemeindebürgermeister Knut Willenbockel (links), stellvertretende Landrätin Birgit Butter und Bürgermeister Tobias Terne (beide rechts) schenken Vereinsvorstand Rainer Kröger (mittig) einen symbolischen Wegweiser. Foto: Buchmann

Wer durch das Museumsdorf spaziert, betritt eine andere Welt. Seit 25 Jahren setzen die Ehrenamtlichen sich dafür ein, Geschichte zu retten und erlebbar zu machen.

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Von Steffen Buchmann
Dienstag, 02.09.2025, 17:00 Uhr

Bliedersdorf. Am vergangenen Freitag strahlte die Sonne besonders hell über Bliedersdorf. Denn der Verein Bäuerliches Hauswesen Bliedersdorf feierte sein 25-jähriges Bestehen mit Sekt, Spanferkel und klassischer Musik. Vor einem Vierteljahrhundert haben sich 13 Gründungsmitglieder um Rainer Kröger und Jens Wilke zusammengetan, um Kraft und Schweiß dem bäuerlichen Kulturerbe zu widmen.

Über die Jahrzehnte ist der Verein kräftig gewachsen, 280 Mitglieder unterstützen inzwischen das Museumsdorf an der Dohrenstraße. Das erste Vereinsprojekt war ein 150 Jahre alten Backhaus vom Hof Tamcke in Dollern, das 2001 Wand für Wand nach Bliedersdorf umzog.

Der Grundstein war damit gelegt, über die Jahre wuchs das Dorf im Dorf etwa durch einen Schafstall aus Helmste oder ein zur Schmiede umfunktioniertes Backhaus aus Rahmsdorf weiter. Translozieren nennt sich dieser Prozess im Fachjargon, also das Ab- und Wiederaufbauen historischer Gebäude an einem anderen Ort.

Bliedersdorfs eigener Kiekeberg

„Unsere Mitglieder haben es maßgeblich ermöglicht, das aufzubauen, was hier zu sehen ist“, sagt der Erste Vereinsvorsitzende Rainer Kröger vor den versammelten Gästen und lässt den Blick über das Gelände schweifen. Zum Jubiläum haben sich die Kulturhüter selbst ein großes Geschenk gemacht: Auf einem 1680 Quadratmeter großen Grundstück soll bald eine 200 Jahre alte Durchfahrtscheune aus dem Bremischen wiederaufgebaut werden. Der Clou: Die Scheune soll eine eigene Brauerei enthalten - erste Kostproben der vereinseigenen Braumeister konnten sich Gäste auf der Jubiläumsfeier schmecken lassen.

Rainer Kröger bei seiner Festrede zum Vereinsjubiläum.

Rainer Kröger bei seiner Festrede zum Vereinsjubiläum. Foto: Buchmann

25 Jahre Bäuerliches Hauswesen bedeuten auch 25 Jahre Einsatz für Fläche und Fördergelder. Bliedersdorfs Bürgermeister Tobias Terne erinnert sich nur zu gut an Rainer Krögers Engagement in der ein oder anderen Ratssitzung. „Das eine Gebäude, das muss noch, dann ist aber auch gut“, zitiert Terne augenzwinkernd Krögers Credo. Er habe die Arbeit des Vereins bewundert, wodurch dieses „Dorf im Dorf“ entstanden sei und legt nach: „Wir haben unseren Kiekeberg hier vor der Tür.“

Ein reumütiger Schilderdieb

Gemeinsam machten Bürgermeister Terne, Samtgemeindebürgermeister Knut Willenbockel und die stellvertretende Landrätin Birgit Butter dem Verein ein symbolisches Geschenk: Fünf offizielle Wegweiser mit der Aufschrift „Museumsdorf“ in DIN-genormtem Braun, die laut Butter bereits seit diesem Sommer „Touristen schon von der B73 aus den Weg zu diesem Kleinod zeigen“.

Zahlreiche Wegbegleiter und Gäste feiern gemeinsam mit dem Verein das Jubiläum bei bestem Wetter.

Zahlreiche Wegbegleiter und Gäste feiern gemeinsam mit dem Verein das Jubiläum bei bestem Wetter. Foto: Buchmann

Die neuen Schilder fielen nicht nur Museumsfreunden ins Auge: Kurz nach dem Aufstellen stahl jemand Unbekanntes eines der Schilder. Doch der Dieb bekam anscheinend ein schlechtes Gewissen. „Eineinhalb Monate später stand es plötzlich hier im Museumsdorf“, sagt Rainer Kröger.

Bei diesem besonderen Geschenk verschlug es selbst Rainer Kröger die Sprache.

Bei diesem besonderen Geschenk verschlug es selbst Rainer Kröger die Sprache. Foto: Buchmann

Eine freudige Nachricht hatte Lienhard Varoga vom Amt für regionale Landesentwicklung im Gepäck: Den Leader-Förderbescheid für die geplante Durchfahrtscheune über exakt 117.577,50 Euro. „Der Verein ist bei uns im Amt als sogenanntes ‚Unwesen‘ bekannt“, bemerkt Varoga scherzhaft bezogen auf die etlichen Förderanträge des Vereins innerhalb der letzten 20 Jahre. Auch Rainer Krögers Hartnäckigkeit betonen mehrere Festredner immer wieder, wenn sie ihn augenzwinkernd als „Der Terrier“ betiteln.

Verein bringt eigenes Sachbuch auf den Markt

Doch eine besondere Überraschung verschlägt dem sonst so wortgewandten Kröger kurz die Sprache: Seine Weggefährten haben dem Museumsdorf zum Jubiläum einen sorgsam ausgesuchten Stein gravieren lassen - ohne Krögers Wissen. Immer wieder betastet Rainer Kröger die feinen Buchstaben und das schmiedeeiserne Hausemblem. „Ich habe doch gar nichts getan“, sagt er sichtlich gerührt, während Gäste und Vereinsmitglieder wissend lächeln.

Anlässlich des Jubiläums hat der Verein ein umfangreiches Buch rund um seine Geschichte und die zahlreichen Projekte veröffentlicht.

Anlässlich des Jubiläums hat der Verein ein umfangreiches Buch rund um seine Geschichte und die zahlreichen Projekte veröffentlicht. Foto: Buchmann

Zum 25-jährigen Bestehen hat der Bliedersdorfer Verein seine eigene Geschichte in Buchform gegossen. Zum Festakt wurde der über 200 Seiten starke Buchband „Eine wahre Geschichte - 25 Jahre Bäuerliches Hauswesen Bliedersdorf e.V.“ enthüllt. Über zwei Jahre haben Vereinsmitglieder und Förderer des Museumsdorfes historische Fakten, Fotografien und Rezepte gesammelt und so eine Mischung aus Vereinschronik sowie illustriertem Sachbuch zum bäuerlichen Kulturerbe geschaffen. Das Buch ist für 29,80 Euro über den Verein Bäuerliches Hauswesen Bliedersdorf sowie im Buchhandel (ISBN 978-3-00-083520-9) erhältlich.

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