TEx-BSVerin Katharina Filter: Deutschlands Nummer 1 bei den Olympischen Spielen

Katharina Filter hat in Norderstedt mit dem Handball angefangen. Foto: Scholz
Katharina Filter hat beim Buxtehuder SV eine der besten Torwartschulen des Landes durchlaufen. Jetzt fährt sie als Nummer eins zu den Olympischen Spielen nach Paris. Wie sie das geschafft hat? Zu Besuch in ihrer Heimat.
Norderstedt. Wenn Katharina Filter am Pariser Flughafen umsteigt, ist sie von Olympia umgeben. Werbung, Souvenirs, Banner. „Und ich fahre da einfach hin“, sagt sie. „Wahnsinn!“ Filter lächelt und schüttelt ungläubig den Kopf.
Auch drei Monate nach der erfolgreichen Qualifikation fühlt es sich noch surreal an. „Und zack“, Filter klatscht in die Hände, „jetzt ist es so nah.“
Die 25-Jährige sitzt unter einem Sonnenschirm vor einer Eisdiele in Norderstedt. „Ich bin nur ein paar Straßen von hier aufgewachsen“, sagt sie und zeigt Richtung Wohngebiet. „Und da hinten“, Filter zeigt in die andere Richtung, „ist die Halle“, in der sie im Grundschulalter mit dem Handball angefangen hat.

Katharina Filter hatte keine Angst vor dem Ball. Foto: privat (nomo)
Dazwischen, an einer viel befahrenen Straße, liegt die Eisdiele. „Früher haben wir hier nach dem Training ab und zu ein Eis gegessen“, sagt sie, „aber ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal hier war.“ Seit sie vor zwei Jahren aus Buxtehude weggezogen ist, war sie nicht mehr oft in ihrer Heimat.
Sie kann es in der Halle und im Sand
Mit der Beach-Nationalmannschaft hat Filter schon alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. EM, WM, World Games. Und jetzt erobert sie auch die große Handballbühne in der Halle.

WM, EM, World Games: Im Beachhandball hat Filter schon alle wichtigen Titel gewonnen. Foto: Jochen Korn (Archiv)
Filter lebt in der 1500 Kilometer entfernten Bretagne, spielt mit dem französischen Spitzenclub Brest in der Champions League. Und mit der Nationalmannschaft nimmt sie ab kommender Woche an den Olympischen Spielen in Paris teil. Wie hat sie es so weit gebracht?
Angetrieben vom Ehrgeiz: „Ich muss weitermachen“
Filter bestellt sich ein Eis, eine Kugel Cookie Dough, und spaziert zur Sporthalle. „Hier sieht vieles noch so aus wie früher“, sagt sie. Auf Fotos und Bannern neben dem Eingang entdeckt sie ihren früheren Trainer und ihren nur eine Minute älteren Bruder Paul, mit dem sie bei der HG Norderstedt angefangen hat. Angst vor dem Ball hatte sie nicht.

Katharina Filter zu Besuch in Norderstedt: Hier haben sie und ihr Bruder Paul mit dem Handball angefangen. Foto: Scholz
Wie bei den anderen Kindern stand damals der Spaß an erster Stelle. Doch Filter fiel auch durch ihren Ehrgeiz auf. „Meine Mama fragt sich auch, woher das kommt“, sagt sie und zieht die Schultern nach oben. „Ich denke immer: Ich bin zwar stolz auf alles, was ich erreicht habe, aber ich kann mich nicht darauf ausruhen. Ich muss weitermachen.“
Filter hat ein klares Ziel vor Augen
Filter hat große Sprünge gemacht. Technisch, körperlich, mental. Mit 14 ging sie für ein Jahr ins Handballinternat des dänischen Erstligisten Viborg, wechselte dann zum Buxtehuder SV - in eine der besten Torwartschulen des Landes.

Katharina Filter und ihre frühere Torwarttrainerin Debbie Klijn stehen noch heute in Kontakt. Foto: Jan Iso Jürgens (Archiv)
Eine so ambitionierte Torhüterin hat man beim BSV selten gesehen. „Viele Sportler denken, dass sie immer ihr Bestes geben. Aber bei Kathi war das wirklich so, in jedem Training“, sagt die Buxtehuder Torwarttrainerin Debbie Klijn. Sie hatte das Ziel Nationalmannschaft vor Augen, ging ans Limit und trotzdem hatte sie immer ein Lächeln im Gesicht.
Handball unter traumhaften Bedingungen
Vor drei Jahren feierte Filter ihr Debüt im DHB-Team. Doch ihr war klar, dass es nicht für einen festen Platz reicht, wenn sie in Buxtehude bleibt. „Ich brauchte ein höheres Niveau im Training und in der Liga“, sagt Filter. Sie brach ihr Maschinenbaustudium ab, wechselte nach Kopenhagen und hielt dort in einer der besten Ligen über 300 Bälle.

Katharina Filter spielte bisher 50 Mal für Deutschland. Foto: dpa
Das blieb nicht unbemerkt. Filter bekam das Angebot aus Frankreich, löste ihren Vertrag vorzeitig auf und ging nach Brest. „Kathi weiß genau, was sie will und worauf sie verzichten muss“, sagt Debbie Klijn, die ehemalige Torwarttrainerin der deutschen und niederländischen Nationalmannschaft. „Solche Entscheidungen sind nicht ohne. Damit muss man erstmal zurechtkommen.“
Weltklasse-Quoten bei der WM
Mit Hilfe ihres Vaters, einem Spediteur, hat Filter vor einem Jahr eine Wohnung in Brest mit Blick auf den Atlantik bezogen. Jetzt spielt sie dort unter Profibedingungen. „Brest hat auf jeden Fall gute Mittel“, sagt sie. Zu manchen Champions-League-Spielen fliege die Mannschaft mit dem Privatjet, „und abends liegt man schon wieder im eigenen Bett. Das ist mega für die Regeneration“, sagt Filter. Den Aufwand für ihr neues Studium (Medizintechnik) hat sie erstmal zurückgefahren.
Filter spielt jetzt auf dem Niveau, das sie braucht, um sich weiterzuentwickeln. In der Königsklasse trifft sie auf Spielerinnen, die auch bei Welt- und Europameisterschaften auf ihr Tor werfen. Bei der WM 2023 erzielte sie Weltklasse-Quoten und rettete ihrer Mannschaft in brenzligen Situationen „den Arsch“, wie es ihre Mitspielerin Xenia Smits ausdrückte. Der Karriereplan scheint aufzugehen.
Filter nutzt den Faktor Glück
Und noch etwas kam hinzu: Ob in Buxtehude, Kopenhagen, Brest oder in der Nationalmannschaft - immer wieder verletzte sich eine Konkurrentin im Tor, wurde schwanger oder, wie in Kopenhagen, vor Saisonbeginn verkauft. Und Filter war plötzlich die Nummer eins. „Ich hatte super viel Glück, habe aber auch jedes Mal meine Chance genutzt“, sagt sie. „Hätte ich nichts gehalten, hätte ich sicher nicht so viel Vertrauen bekommen.“

DHB-Kapitänin Emily Bölk und Torhüterin Katharina Filter spielten bereits beim BSV zusammen. Foto: Tom Weller/dpa
DHB-Kapitänin Emily Bölk, mit der sie schon in Buxtehude zusammengespielt hat, ist von der Entwicklung beeindruckt. „Kathi hat athletisch große Sprünge gemacht und ist eine richtige Maschine geworden, sie ist fleißig und ehrgeizig wie Sau, aber auf eine coole und angenehme Art“, sagt sie.
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Kommende Woche beginnen die Spiele in Paris. Klijn rät ihr, die Zeit zu genießen und sich nicht von der Größe des Events ablenken zu lassen. Filter selbst spürt Vorfreude und Anspannung, wenn sie an Olympia denkt. „Olympia ist das Ereignis, bei dem man als Sportler dabei sein will“, sagt sie und hofft, dass sich die Anspannung rechtzeitig legt.
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Die deutschen Spiele
Das DHB-Team trifft in der Vorrunde auf Südkorea (25. Juli, 16 Uhr), Schweden (28. Juli, 14 Uhr), Slowenien (30. Juli, 9 Uhr), Dänemark (1. August, 19 Uhr) und Norwegen (3. August, 19 Uhr). Die Plätze eins bis vier erreichen das Viertelfinale. Die Vorrunde wird in Paris ausgetragen, die K.o.-Runde in Lille. Titelverteidiger ist Frankreich.

Bei der WM 2023 rettete Filter ihrer Mannschaft in brenzligen Situationen „den Arsch“, wie es eine Mitspielerin ausdrückte. Foto: Marco Wolf/dpa