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Landgericht Stade

TEx-Freundin mehrfach vergewaltigt? „Wenn du mich anzeigst, blüht dir was“

Blick in einen Gerichtssaal des Landgerichts Stade.

Einem 47-Jährigen wird vor dem Stader Landgericht Vergewaltigung in zwei Fällen an seiner Ex-Partnerin vorgeworfen. Foto: Koppe

Ein 47-Jähriger soll seine Ex-Partnerin zweimal vergewaltigt und ihr gedroht haben. Die Befragung der Beteiligten am Landgericht Stade war für den Richter herausfordernd.

Von Theo Bick Sonntag, 27.10.2024, 13:05 Uhr

Stade. Am Vormittag war zunächst der 47-Jährige vernommen worden - auf Antrag seines Anwaltes unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Dem Mann, der mittlerweile wieder in Schleswig-Holstein lebt und dem laut Richter Hase in einem psychiatrischen Gutachten eine Intelligenzminderung attestiert wird, wird von Staatsanwaltschaft und Nebenklage unter anderem vorgeworfen, seine damalige Freundin im Jahr 2022 in dem gemeinsam bewohnten Haus in Hipstedt zweimal vergewaltigt haben.

Außerdem soll er seiner Ex-Partnerin mit Gewalt und sogar mit dem Tode gedroht haben, sofern diese ihn bei der Polizei anzeige. „Wenn du mich anzeigst, oder was erzählst, dann blüht dir was“, zitierte das mutmaßliche Opfer den 47-Jährigen. Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe.

Angeklagter soll 53-Jährige in aller Öffentlichkeit intim berührt haben - gegen ihren Willen

Unstrittig ist: Nach dem Beginn der Beziehung im Juni 2021 durch Kontaktaufnahme über Facebook zog das Paar später in der Gemeinde Hipstedt zusammen. Danach weichen die Schilderungen voneinander ab.

Wie die 53-Jährige ausführte, habe sich das Verhältnis des Paares im Laufe der Zeit verkompliziert. Regelmäßig habe er sie in der Öffentlichkeit gegen ihren Willen im Intimbereich und an den Brüsten angefasst, schilderte die Frau. Von Beleidigungen war die Rede. Bei den im Raum stehenden Vergewaltigungen habe er sie jeweils gewürgt.

Hals zugedrückt und vergewaltigt?

Immer wieder gab die Frau zu Protokoll, der Angeklagte habe sie mit seinen „großen Terminatoraugen“ eingeschüchtert. Zum Zeitpunkt der beiden Vergewaltigungen zwischen Mai und November 2022 seien die Schlafzimmer bereits getrennt gewesen.

Die Frau schilderte, wie sich der Mann zunächst unter der Dusche an ihr vergangen habe und ihr später ins Schlafzimmer gefolgt sein soll. Dort habe er gegen ihren Willen und unter Gewaltanwendung den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzogen.

Einige Monate später sei er erneut leicht bekleidet in ihr Schlafzimmer gekommen. Trotz Protests habe ihr Ex-Partner das Zimmer nicht verlassen, stattdessen sich selbst und sie entkleidet, ihr den Hals zugedrückt und sie vergewaltigt.

Hipstedterin berichtet von schwerwiegenden Folgen nach mutmaßlichen Vergewaltigungen

Ausführlich schilderte die 53-Jährige, wie sie insbesondere nach dem zweiten Vorfall bei der Bewältigung des Alltags Probleme bekommen habe. Ihre Arbeitsstelle habe sie durch ständige Unkonzentriertheit und daraus resultierende Fehler verloren, alle beruflichen und privaten Verbindungen nach Schleswig-Holstein habe sie abgebrochen und ihr „Privatleben schleifen lassen“.

Sie besuche keine Konzerte mehr und „verkrieche“ sich verstärkt in der Wohnung. Nach diesem Vorfall habe sie den Angeklagten schließlich mithilfe ihres telefonisch verständigten Sohnes aus dem Haus geworfen.

Kommunikation mit der Zeugin gestaltet sich schwierig

Was den Fall für die Dritte Große Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Marc-Sebastian Hase so kompliziert und mehrere Denkpausen nötig machte: Immer wieder wich die Frau in ihren Antworten vom Kern der Fragen ab. Erhebliche grammatikalische Schwierigkeiten der Frau, ihr ausschweifender Erzählstil sowie sich teilweise widersprechende Formulierungen gestaltete die Befragung sehr zeitintensiv.

Viele Aspekte blieben der Dritten Großen Strafkammer auch nach mehrmaliger Nachfrage des Vorsitzenden Richters offenbar unklar. „Wir müssen den Sachen nun einmal auf den Grund gehen“, sagte Richter Hase zwischenzeitlich entschuldigend.

Mehrfach konfrontierte der Richter die Zeugin mit zuvor im Zeugenstand oder vorab bei der Vernehmung durch die Polizei getätigten Aussagen, die ihren Antworten auf die Fragen des Richters in wichtigen Details widersprachen. Warum die 53-Jährige ihren Ex trotz mutmaßlicher Morddrohung zwar bei der Polizei wegen Vergewaltigung angezeigt habe, dort aber einige Details verschwieg, beantwortete die Zeugin wiederholt mit „Angst“.

Einen Arbeitskollegen, dem sie sich nach der angezeigten Vergewaltigung anvertraut haben will, konnte sie auf Nachfrage namentlich nicht benennen. Nicht deutlich wurde zudem der Zeitpunkt, an dem die Frau ihren Sohn über die Vergewaltigungen informiert haben will. Apropos:

Der Sohn der 53-Jährigen ist mittlerweile mit einer früheren Partnerin des Angeklagten liiert. Diese wirft dem Angeklagten ebenfalls vor, sie im Rahmen der gemeinsamen Beziehung sexuell missbraucht zu haben.

„Er soll seine gerechte Strafe kriegen“

Ginge es nach der Angeklagten, wäre der Fall schnell zu Ende. „Er soll seine gerechte Strafe kriegen. Drei Jahre im Knast“, sagte die 53-Jährige. Ob es zu einem derartigen Urteil kommt, ist unklar. Schnell dürfte es jedoch nicht gehen.

Am Donnerstag beendete Richter Hase den Prozessauftakt sichtlich erschöpft. Hase: „Jede Frage bringt die nächste Frage gleich mit.“ Die Befragung der 53-Jährigen wird am kommenden Mittwoch, 30. Oktober, ab 9.15 Uhr fortgesetzt.

Auch der Sohn der Frau sowie ein Polizeibeamter sollen als Zeugen gehört werden. Weitere Verhandlungstermine sind für Dienstag, 5. November, sowie Freitag, 15. November, jeweils um 9.15 Uhr, angesetzt.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erscheint in Kooperation mit der Zevener Zeitung.

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