TFinanzielle Verluste und kranke Mitarbeiter belasten Elbe Kliniken in Stade und Buxtehude
Das neue Bettenhaus am Stader Elbe Klinikum soll im Sommer 2025 fertig sind. Foto: Daniel Hajduk
„Es war ein herausforderndes Jahr für die Elbe Kliniken, herausfordernder als die Corona-Jahre“, sagt Kliniken-Geschäftsführer Siegfried Ristau. Das sind die Gründe für seine Einschätzung. Es gibt aber auch gute Nachrichten.
Landkreis. Wie ein Großteil der Krankenhäuser in Deutschland und in Niedersachsen sind auch die Elbe Kliniken in schweres Fahrwasser geraten. Sie werden das Jahr mit einem finanziellen Verlust abschließen. Es ist das erste Mal seit mehr als 20 Jahren.
Die Rahmenbedingungen für die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung haben sich für die Kliniken weiter verschlechtert. Das gilt besonders für die Krankenhäuser, die die Notfallversorgung sicherstellen - und dazu gehören die Elbe Kliniken.
Landkreis beteiligt sich mit fast 40 Millionen Euro
Die beiden kommunalen Krankenhäuser haben das laufende Jahr überstanden, weil der Landkreis Stade als Träger der Kliniken die GmbH mit einer Liquiditätshilfe unterstützt hat. An den großen baulichen Weiterentwicklungen und Erneuerungen der Elbe Kliniken in Stade und Buxtehude beteiligt sich der Kreis ohnehin mit fast 40 Millionen Euro in den nächsten Jahren.
Die finanziellen Sorgen, aber auch mehrere positive Nachrichten, haben dafür gesorgt, dass die Elbe Kliniken 2023 häufig im TAGEBLATT präsent waren. Andere kommunale Häuser in Landkreisen aus Nordniedersachsen wie Harburg, Achim, Verden, Soltau, Walsrode, Cuxhaven oder Rotenburg bekommen schon lange Geld vom Träger, um den laufenden Betrieb sicherzustellen. Für die Elbe Kliniken ist das Neuland.
Elbe Kliniken der größte Arbeitgeber im Landkreis
Für die Region sind die Krankenhäuser in Stade, Buxtehude und Bremervörde von zentraler Bedeutung. Sie sichern die medizinische Versorgung der Menschen und sie sind einer der wichtigsten Arbeitgeber.
An den Elbe Kliniken Stade-Buxtehude und der zum Unternehmen gehörenden OsteMed-Gesellschaft arbeiten 4000 Beschäftigte. Alleine die Krankenhäuser in Stade und Buxtehude beschäftigen 3000 Menschen und versorgen 45.000 stationäre und 85.000 ambulante Patienten jährlich. Außerdem werden mehr als 20.000 Operationen durchgeführt. Die Elbe Kliniken GmbH hält 51 Prozent der OsteMed. Mit 49 Prozent ist der Landkreis Rotenburg beteiligt, der die Verluste der Bremervörder Klinik trägt.

Wie geht es dem Patienten Gesundheitssystem? Nicht nur im Elbe Klinikum Stade gehen die Warnleuchten an. Foto: Elsen
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat eine Krankenhausreform angekündigt. Ziel ist es, die Zahl der Kliniken zu reduzieren und den Konzentrationsgrad von medizinischen Leistungen zu erhöhen. In Zukunft soll ebenfalls ein Teil der sogenannten Vorhaltekosten finanziert werden, also Kosten, die ein Klinikum unabhängig von der Anzahl der Patienten hat.
Dass die angestrebten Ziele richtig sind, ist weitgehend unumstritten. Der Weg dahin wird aber von den Klinik-Leitungen als Katastrophe eingestuft. Während viele Kliniken ums finanzielle Überleben kämpfen, verweigert aus ihrer Sicht die Politik auf Bundes- und Landesebene klare Vorgaben und finanzielle Hilfen. Lauterbach geht davon aus, dass 20 Prozent der etwa 1700 Kliniken in Deutschland das nicht überleben werden. Dass der Gesundheitsminister Kliniken, die versorgungsrelevant sind, nicht explizit ausschließt, hat viele Verantwortliche in der Krankenhausbranche geschockt.
Lohnsteigerungen werden nicht vollständig refinanziert
Für Elbe Kliniken-Geschäftsführer Siegfried Ristau haben sich die wirtschaftlichen Sorgen kulminiert. „Seit Mitte der 90er Jahre werden die Lohnsteigerungen nicht vollständig refinanziert. Das ist ein Unding“, sagt er. Der Gesundheitsmanager ist auch Landesvorsitzender des Verbands der Krankenhausdirektoren (VDK) Niedersachsen/Bremen. Ristau ist derzeit oft in Hannover. Aktuell verhandeln die Krankenhäuser wieder mit den Krankenkassen. Es geht um die Entwicklung des Preises für stationäre medizinische Leistungen im Jahr 2024. Zusätzlich zu den jahrelang nicht vollständig refinanzierten massiven Preissteigerungen auf allen Ebenen, erhalten die Kliniken weiterhin keine adäquate Kostenerstattung in Bezug auf gestiegene Energie- oder sonstige Sachkosten sowie Tarifsteigerungen. Unter diesen Bedingungen werden viele Krankenhäuser die neue Reform gar nicht mehr erleben.

Elbe-Kliniken- und Oste-Med-Geschäftsführer Siegfried Ristau leitet ein Unternehmen mit insgesamt 4000 Beschäftigten. Foto: Stephan
„Die Bilanz dieses Jahres für den Krankenhausbereich kann durchaus als erschütternd bezeichnet werden“, beurteilt Dr. Josef Düllings, Präsident des VKD, die Lage der deutschen Krankenhäuser. „Das ist, als ob Sie ein marodes Haus haben und Ihnen jemand sagt, Sie sollen Energie einsparen“, skizziert Ristau die Lage im Gesundheitssystem aus Sicht der Krankenhäuser. Wer daraufhin einfach nur die Heizung runterdrehen würde, lasse das Haus nur weiter und schneller verfallen. „Es braucht erst einmal eine Sanierung des Hauses, damit das Einsparen auch sinnvoll möglich ist“, sagt Ristau. Bei einem finanziell geordneten Prozess sieht der Kliniken-Geschäftsführer alle drei Krankenhäuser in seiner Verantwortung gut aufgestellt. „Diese Einschätzung ist mir in einem Gespräch von Niedersachsens Sozialminister Dr. Andreas Philippi bestätigt worden“, sagt er.
Kommentar
T Gerechter Lohn – aber steigender Kostendruck
Hoher Krankenstand belastet die verbliebenen Beschäftigten
Die finanziellen Sorgen werden von Sorgen um die Mitarbeiter begleitet. Aktuell gibt es einen Krankenstand von über zehn Prozent. In Vor-Corona-Zeiten waren es um die fünf Prozent. „Das führt dazu, dass diejenigen, die da sind, noch mehr arbeiten müssen und dies ist für viele eine sehr belastende Situation“, so Ristau. Die Elbe Kliniken würden auch zusätzliches Personal einstellen, aber das ist angesichts des Fachkräftemangels nur sehr begrenzt möglich.
Die Mitarbeiter sind ein Faktor, der das Jahr 2023 für die Kliniken aber auch erfolgreich macht. „Die Mitarbeiter haben unter schwierigen Bedingungen einen tollen Job gemacht. Der Einsatz ist herausragend“, sagt Ristau. Dass dies nicht nur seine Meinung ist, zeige eine große Krankenhaus-Studie der FAZ. Das Stader Klinikum landete dabei bundesweit auf einem der vorderen Plätze. „Es freut mich besonders, dass es gelungen ist, die Gehälter deutlich zu erhöhen. Das betrifft alle Berufsgruppen, doch die unteren Lohngruppen partizipieren besonders.“ Die Gehälter erhöhen sich hier um bis zu 18 Prozent.
Studenten aus Riga absolvieren ihre Ausbildung in Stade
In Sachen Personal gibt es eine weitere gute Nachricht. Medizinstudenten werden in Kooperation mit der Universität der lettischen Hauptstadt Riga drei Jahre ihrer Ausbildung in Stade und Buxtehude absolvieren. Die Hoffnung ist, dass viele der häufig deutschsprachigen Ärzte in der Region bleiben und sowohl am Krankenhaus als auch bei den niedergelassenen Ärzten Lücken schließen können. Im Zuge dessen wird auch die Pflegeschule ausgebaut. Es soll eine weitere Klasse geben und auf dem Klinikgelände soll ein Ausbildungscampus entstehen. Die Kliniken sind schon jetzt der größte Ausbildungsbetrieb im Landkreis Stade.
Eine weitere gute Nachricht in schwierigen Zeiten: Landrat Kai Seefried als Aufsichtsratsvorsitzender und die Kreispolitik unterstützen nicht nur die Ausbildungsoffensive der Elbe Kliniken mit einem sehr seltenen einstimmigen Votum finanziell. Es gibt auch ein parteiübergreifendes Bekenntnis, dass die Elbe Kliniken in wirtschaftlich schwierigen Zeiten kommunal bleiben sollen. Eine Privatisierung ist kein Thema.