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Gründerstar-Serie

TFleischlose Ernährung: Harsefelder Jackfrucht-Pionierin hat Firma verkauft

Julia Huthmann hält eine Jackfrucht in den Armen. Die in Harsefeld aufgewachsene Unternehmerin bereitete der Fleischalternative den Weg auf den Lebensmittelmarkt in Deutschland.

Julia Huthmann hält eine Jackfrucht in den Armen. Die in Harsefeld aufgewachsene Unternehmerin bereitete der Fleischalternative den Weg auf den Lebensmittelmarkt in Deutschland. Foto: HAMISH JOHN APPLEBY

In der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ lehnte die Gründerstar-Preisträgerin von 2016 das Angebot eines Investors ab. Wie es Julia Huthmann seitdem ergangen ist.

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Von Thomas Sulzyc
Mittwoch, 13.11.2024, 09:30 Uhr

Buxtehude. Schmeckt nach Hühnchen - ist aber eine Frucht: Die tropische Jackfrucht gewinnt als Fleischersatz bei Veganern und Vegetariern in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Als Pionier bereitete im Jahr 2016 ein Start-up aus Harsefeld der Fleischalternative den Weg auf den Lebensmittelmarkt.

Unternehmensgründerin Julia Huthmann importierte das bis zu 50 Kilo schwere Obst aus Sri Lanka nach Deutschland. Unter der Marke Jacky F. vermarktete sie das Fruchtfleisch in Dosen. Hauptabnehmer waren vor allem Bio- und Reformmärkte.

Die bis zu 50 Kilo schwere Jackfrucht wächst an einem immergrünen Baum. In vielen tropischen Ländern wie Sri Lanka, Thailand oder der Karibik wird sie kultiviert.

Die bis zu 50 Kilo schwere Jackfrucht wächst an einem immergrünen Baum. In vielen tropischen Ländern wie Sri Lanka, Thailand oder der Karibik wird sie kultiviert. Foto: Elan - Fruitsolutions

Die Jackfrucht sorgte für Aufsehen. Als sogenanntes Superfood, so heißen im Marketing Lebensmittel mit angeblich besonders gesundheitsfördernden Inhalten, war im Trend. 2016 wurde Julia Huthmann mit dem Gründerstar, dem Gründerpreis der Stader Region, ausgezeichnet.

Einem Millionenpublikum wurde Julia Huthmann zwei Jahre später bekannt. In der Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ im Privatsender Vox stellte sie ihre Geschäftsidee vor. Das Angebot eines Investors lehnte sie im Fernsehen am Ende aber ab.

Preisträgerin verkauft 2023 ihre Firma

Heute dreht sich im beruflichen Leben von Julia Huthmann (40) immer noch alles um die Jackfrucht. Ihr Unternehmen aber hat die Wirtschaftsingenieurin inzwischen verkauft. 2023 erwarb es ein damaliger Geschäftspartner, die niederländische Elan Fruitsolutions.

Für dieses Unternehmen ist die Jackfrucht-Pionierin als Standortleiterin in Bonn tätig. Mit ihrem Ehemann und ihrer drei Jahre alten Tochter lebt Julia Huthmann in der früheren Bundeshauptstadt. Sie arbeite immer noch das, was sie als selbstständige Unternehmerin auch getan habe, sagte Julia Huthmann im Telefongespräch mit dem TAGEBLATT. Sie betreue Kunden, plane das Marketing.

Unter dem Dach der Elan Fruitsolutions besteht die Marke Jacky F. bis heute. Trat Jacky F. vor acht Jahren noch als Pionier auf, hat die Konkurrenz auf dem Markt mit der Jackfrucht inzwischen stark zugenommen. Auch der Rewe-Konzern mischt mit einer eigenen Produktreihe mit.

Nachfrage nach Fleischersatz steigt

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes steigt die Nachfrage nach vegetarischen oder veganen Fleischersatzprodukten. Im Jahr 2023 produzierten die Unternehmen in Deutschland 16,6 Prozent mehr Fleischersatzprodukte als im Jahr zuvor. Im Vergleich zu 2019 hat sich die Produktion sogar mehr als verdoppelt (plus 113,8 %).

Die Zahl der Unternehmen, die Fleischersatzprodukte in Deutschland herstellen, nimmt kontinuierlich zu: zuletzt von 51 im Jahr 2022 auf 67 im Jahr 2023.

Stark betroffen in seiner Geschäftsentwicklung war das damalige Harsefelder Jackfrucht-Start-up von der Corona-Pandemie. Denn zu dem Zeitpunkt, als sich die Krankheit weltweit auszubreiten begann, war Julia Huthmann gerade dabei, die Gastronomie zu erobern.

Strenge Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Pandemie setzten der Gastronomie zu. „Wir blieben auf den für die Restaurants produzierten großen Dosen sitzen“, sagt Julia Huthmann. Immerhin half ihrem Geschäft, dass viele Menschen als Reaktion auf die Pandemie das Kochen zu Hause für sich entdeckten.

Auf die Corona-Pandemie folgte der russische Angriffskrieg auf die Ukraine - stark steigende Verbraucherpreise waren die Folge. „Wir haben alle globalen Krisen mitgenommen“, sagt Julia Huthmann. Das habe zu der Entscheidung beigetragen, die eigene Firma zu verkaufen.

Jackfrucht gelangt in die Gastronomie

Geblieben ist die Jackfrucht. „Ich hätte vor acht Jahren nie gedacht, dass sich mein Leben um eine Frucht drehen wird“, sagt Julia Huthmann. Was ihrem Start-up verwehrt blieb, setzt sie nun im Angestelltenverhältnis um. In Gestalt von fertigen tiefgefrorenen Burgern, fertig zubereiteten Barbecues und Curry-Gerichten bringt sie die Fleischalternative Jackfrucht in die Gastronomie.

Bei diesem Burger ersetzt die tropische Jackfrucht das klassische Patty aus Rindfleisch.

Bei diesem Burger ersetzt die tropische Jackfrucht das klassische Patty aus Rindfleisch. Foto: Elan - Fruitsolutions

Die Auszeichnung mit dem Gründerstar im Jahr 2016 habe sie als Neuunternehmerin bestärkt, ihren Weg zu gehen. „Der Preis machte mir deutlich, dass andere Menschen, die etwas davon verstehen, an mich glauben“, sagt Julia Huthmann. Der Gründerpreis sei auch Referenz gewesen, um mit Handelspartnern ins Geschäft zu kommen.

In ihrer Wahlheimat Bonn hat der Karneval begonnen. „Ich finde es schön, wenn jemand im Tigerkostüm durch die Stadt läuft“, sagt Julia Huthmann. Gerne kehrt sie aber auch zu Besuchen mehrfach im Jahr nach Harsefeld zurück. Denn im Rheinland vermisst sei eines besonders: die frische Brise am Deich.

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