TFrüher Dorfverein, heute Profi: Wie zwei Talente ihre Träume leben

Christian Viet (links) und Lars Bünning profitierten auf dem Weg in den Profifußball von ihren Stationen bei der JSG Apensen/Harsefeld und später dem JFV A/O/H. Foto: dpa
Christian Viet und Lars Bünning sind Profifußballer. In der Jugend spielten beide für die JSG Apensen/Harsefeld. Ihr Ziel erreichten sie jedoch auf ganz unterschiedlichen Wegen.
Regensburg. Der eine kämpft um das Überleben in der 2. Fußball-Bundesliga - der andere will genau dort hin. Während Christian Viet mit Jahn Regensburg versucht, den Abstieg zu verhindern, hat Lars Bünning mit Dynamo Dresden gute Karten, aus der dritten Liga aufzusteigen.
So unterschiedlich wie die sportliche Situation ist der Weg, den beide einst einschlugen, um Fußballprofi zu werden - eine Gemeinsamkeit gibt es da aber doch.
Bünning und Viet kickten beide in ihrer Jugend bei der JSG Apensen/Harsefeld, wenn auch in unterschiedlichen Jahrgängen. Beide profitierten in dieser Zeit von Förderer Jörg Fock. „Er hat uns so viel ermöglicht. Für einen Dorfverein war das extrem viel“, erinnert sich Christian Viet.
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Während Viet seine Jugend genießt, muss Bünning auf die Autobahn
Er denkt gerne zurück an die vielen Turniere in Ländern wie Spanien, Italien und Russland. Als er 13 Jahre alt ist, liegt ihm ein Angebot des FC St. Pauli vor. Viet entscheidet sich zu bleiben. „Ich wollte nicht so weit weg von meinen Freunden.“ So habe er eine richtige Jugend gehabt, auch mal feiern gehen können. Das wäre ihm in einem Nachwuchsleistungszentrum verwehrt geblieben.
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Die Zeit, die Christian Viet mit seinen Freunden hatte, verbrachte Lars Bünning im Auto in Richtung Hamburg. Er sei damals in Neu Wulmstorf zur Schule gegangen, von dort mit dem Fahrservice nach Hamburg. „Meistens gab es mein Mittagessen auf der Autobahn“, sagt Bünning. Nach dem Training beim HSV sei er meist erst gegen 22.30 Uhr zu Hause gewesen. Und das an vier Tagen die Woche.
Der Aufwand sei ihm damals zu viel gewesen. „Dass der Fußball in dieser Form ein Privileg ist, versteht man in dem Alter noch nicht ganz“, sagt Bünning. Über Jörg Fock kommt er zur JSG Apensen/Harsefeld. „Es war bei der JSG und später beim JFV A/O/H super familiär“, sagt Bünning. Dort schätzte er besonders das „Dorf-Feeling“, trotz des fußballerisch hohen Niveaus.

Lars Bünning (gelbes Trikot) soll in Dresden zum Vorbild für junge Spieler werden. Foto: dpa
„Der Schritt war genau richtig, weil er den Wechsel zu Werder ermöglicht hat, wo alles dann so richtig losging“, sagt Bünning. 2015 wechselt er nach zwei Jahren bei der JSG und dem JFV in die U19 des Bundesligisten. Zu diesem Zeitpunkt kickt Chrtistian Viet noch beim JFV.
Viet trainiert beim BVB mit Bellingham und Haaland
Als 2017 abermals der FC St. Pauli bei ihm anklopft, wagt er den Schritt. „Ich war mit der Schule durch, meine Eltern und Jörg Fock haben gesagt, ich soll es einfach probieren“, sagt Viet. Und er schafft tatsächlich den Durchbruch: Am 5. Juni 2020 feiert Viet sein Profidebüt für den FC St. Pauli - coronabedingt in einem leeren Ruhrstadion in Bochum. „Mit Fans wäre es cooler gewesen.“
Gegen die starke Konkurrenz beim Kiezclub kann sich Viet allerdings keinen Stammplatz erkämpfen. „Ich war damals zu lieb“, erinnert sich der heute 25-Jährige. Er wird zu Borussia Dortmund verliehen, misst sich im Training mit Erling Haaland und Jude Bellingham. „Sie können mit jedem Ball etwas anfangen, machen keine Fehler. Das sind echte Monster.“
In seiner Zeit bei der Reserve des BVB steht er in 32 Partien in der dritten Liga auf dem Platz. Zurück zum FC St. Pauli geht es für Viet nach der erfolgreichen Leihe aber nicht: 2022 wechselt er zu seinem heutigen Verein, dem SSV Jahn Regensburg.
„Eigentlich wollte ich gar nicht lange bleiben“, gesteht Viet. Schnell ändert er seine Meinung, schwärmt von der schönen und lebhaften Stadt Regensburg und dem Verein. Ihm gefällt es so sehr, dass er als einer von fünf Spielern nach dem Abstieg in die dritte Liga 2023 bleibt. Auch seine Freundin wagt den Umzug aus Hamburg. „Sie will jetzt auch nicht wieder weg“, sagt Viet.

Christian Viet absolvierte in dieser Saison 19 Spiele, traf einmal und legte zwei Tore auf. Foto: dpa
Mit zehn Toren und sechs Vorlagen führt er den Jahn zum direkten Wiederaufstieg über die Relegation. Jetzt kämpft der 25-Jährige mit seiner Mannschaft wieder gegen den Abstieg. „Wir haben durch unsere Winterneuzugänge frischen Wind bekommen. Ich bin zuversichtlich, dass wir drinbleiben können.“
Bünning erlebt bei Traditionsverein schwierigste Zeit
Wie auch Viet kickte Lars Bünning ein Jahr für die Reserve von Borussia Dortmund, nachdem er bei Werder Bremen als Meister der U19-Bundesliga Nord in die U23 befördert wurde. „Bei Werder bin ich erwachsener geworden und habe erstmals gemerkt, dass ich vom Fußball leben könnte“, sagt Bünning.
Auf das Kapitel in Dortmund folgten zwei Jahre in der dritten Liga beim SV Meppen. Im Sommer 2022 wechselt er in die zweite Liga zu „einem der größten Vereine in Deutschland“. Die Saison, die er beim 1. FC Kaiserslautern verbringt, wird allerdings zur schwierigsten in Bünnings Karriere.
„Ich hätte mir definitiv mehr Einsätze gewünscht“, sagt der 26-Jährige, der nur in vier Spielen zum Einsatz kommt. Er habe in dieser Zeit vor allem mental viel dazu gelernt. „Du musst immer arbeiten, obwohl du damit konfrontiert wirst, dass du aussortiert bist“, sagt Bünning. Er habe gelernt, niemals aufzuhören, könne heute besser mit Rückschlägen umgehen. Die Härte und der Gegenwind hätten ihn sehr geprägt.
„Dann hatte ich das Glück, dass mich mit Dynamo wieder ein so großer Verein wollte“, sagt Bünning. In Dresden absolvierte er seit seinem Wechsel 2023 47 Spiele in der dritten Liga, verlängerte Mitte Januar seinen auslaufenden Vertrag. „Ich weiß, was ich an Dresden habe. Ich möchte mir hier etwas aufbauen“, sagt Bünning. Aktuell belegen die Dresdener den zweiten Platz in der dritten Liga. „Ich würde mit Dynamo gern in die zweite Liga“, sagt Bünning.