T„Gammel“-Autobahn: Die Lehren aus dem A27-Desaster

Die Reparatur der A 27 wegen eines defekten Wasserlaufes jährt sich zum ersten Mal. Michael Wendt von der Autobahn GmbH schaut sich um. Foto: Scheschonka
Vor einem Jahr war die A27 im Ausnahmezustand: Ein maroder Durchlass bringt die Autobahn zum Stillstand. Die Vollsperrung sorgt für Chaos, aber auch für erstaunliche Erkenntnisse.
21. Februar 2024: Die Autobahnmeisterei Debstedt entdeckt bei Kontrollen an der A27 bei Hagen, dass Löcher in der Böschung entstanden sind. Es besteht Einsturzgefahr, der Durchlass für den Grienenbergsmoorgraben ist marode. Die Autobahn wird von heute auf morgen für fünf Wochen komplett gesperrt. Was die Autobahn GmbH daraus gelernt hat, überrascht. Sprecher Michael Wendt bilanziert.
Einsturzgefahr auf der Autobahn, wochenlange Vollsperrung. Der 21. Februar dürfte Ihnen im Gedächtnis geblieben sein?
Michael Wendt: In der Tat. Ich war mitten in einem Seminar, als uns die Nachricht erreichte. Dass Brückenprüfer einen Autobahnabschnitt sofort sperren müssen, und das für Wochen, das hat es noch nicht gegeben. Und das soll es auch nie wieder geben.
Die Gräben werden und wurden regelmäßig geprüft. Wie konnte dieses Loch dann so überraschen?
Die Durchlässe werden alle drei Jahre überprüft. Dass sich der Zustand so rapide verschlechtert hat, weit mehr als die Prüfer erwartet hatten, führen wir heute auf den sehr regenreichen Herbst zurück.
Stresstest für Autofahrer
T Gesperrte A27: Lkw verunglücken auf Nebenstraßen
Was haben Sie aus dem Vorfall für sich lernen können?
Zum einen, dass man durch schnelle und offene Kommunikation viel Vertrauen gewinnen kann. Erfreulich war für uns, wie positiv die Autobahn doch wahrgenommen wird.

Die Reparatur der A 27 wegen eines defekten Wasserlaufes jährt sich jetzt zum ersten Mal. Wir gucken mit Michael Wendt von der Autobahn GmbH nach. Foto: Scheschonka
Woran haben Sie das festgemacht?
Wir haben unglaublich viele Hilfsangebote erhalten. Soldaten, die eine Behelfsbrücke bauen wollten, Ingenieure, die eine Rohr-in-Rohr-Lösung erarbeitet haben. Der Sohn eines Bürgermeisters hat uns Baupläne und Zeichnungen herausgesucht. Alles, damit wir die Situation schnell lösen können.
Gab es noch etwas?
Ja. Die Riesenbedeutung der Autobahn 27 für den Schwerlastverkehr der Windkraftbranche wurde uns sehr deutlich vor Augen geführt. Wenn man die A27 mit der A1 oder anderen Autobahnen vergleicht, sind die Verkehrszahlen überschaubar. Aber die vielen Transporte für die Windkraft, die durch die Vollsperrung blockiert wurden, was alles dranhängt, das wurde danach jedem einzelnen Mitarbeiter vor Augen geführt.
Gab es auch etwas Positives?
Die Zeit mit fünf Wochen Vollsperrung war sehr stressig und alle waren angespannt. Aber wir hatten unglaubliches Glück mit dem Wetter, so dass sehr schnell gebaut werden konnte. Die beteiligten Firmen haben eine Spitzenarbeit gemacht. Auch die Behörden haben alle an einem Strang gezogen und uns unterstützt. Wir haben gemerkt, wie viel schneller eine Baustelle unter Vollsperrung fertig wird, weil die Arbeiter auch nicht durch den Verkehr bedrängt werden. Trotzdem ist eine Vollsperrung natürlich keine Alternative für andere Bauarbeiten.
Autobahn-Fiasko
T Riesen-Rohre sollen A27 retten – aber wie lange?
Wie ist es jetzt um die Gräben bestellt?
Insgesamt gibt es fünf weitere Durchlässe. Nach dem prominenten Durchlass wurde von August bis Ende Februar der Altenbrucher Kanal bei Nordholz saniert. Das Projekt sollte laut der Prüfer bereits vor der Hochwassersaison im Herbst starten.
Als Nächstes werden im Sommer zwei weitere Durchlässe bei Hagen saniert. Der Königsmoorgraben zwischen Hagen und Stotel und der Blömkenmoorgraben. Das passiert ohne Vollsperrung mit einspuriger Verkehrsführung in beide Richtungen.
Bleiben noch zwei weitere.
Ebenfalls zwischen Nordholz und Altenwalde verlaufen Westermoorstrom und Lüderskopper-Strom. Die sollen irgendwann ab 2026 gemacht werden, doch einen genaueren Zeitplan gibt es noch nicht. Zeitgleich soll die Fahrbahn dort grunderneuert werden, da gilt bereits jetzt ein Tempolimit wegen des Zustands.
Trotzdem bleibt die A27 im Fokus?
Die Brücken sind ein großes Thema der nächsten Jahre. Aktuell wird am Brückenneubau an der Anschlussstelle Bremerhaven-Wulsdorf gearbeitet. Die Baustelle wird uns noch bis 2026 erhalten bleiben.
Und außerdem?
Insbesondere in und um Bremerhaven müssen Brücken saniert werden. Geestebrücke, Moorbrücke, Anschlussstelle Zentrum und auf der B212 Markflethbrücke (nahe der Müllverbrennungsanlage) und Hüllwiesen (bei der Feuerwehr). Weil sich die Spannweite der Geestebrücke vergrößert und sich damit auch die Höhe der Autobahn ändert, wäre die Brücke Thebushelmde zu niedrig und muss ebenso erneuert werden wie der Johann-Wichels-Weg.
Erste Projekte wie die östliche Seite der Moorbrücke (Richtung Cuxhaven) sollen bis 2030 fertig sein, so lange läuft die sogenannte Restnutzungsdauer der Moorbrücke. Alle weiteren Projekte schließen sich zeitlich an.
Wie kann ich mich informieren?
Wir planen im Frühsommer auch eine Informationsveranstaltung, wir möchten die Bürger früh einbinden. Den Stand unserer Planungen kann man dann auch im Internet einsehen. Aktuell laufende Projekte können dort verfolgt werden.