TCorona-Zertifikate: Stader Ex-Polizistin prahlt mit Fälschungen

Der ehemaligen Polizeibeamtin wird vorgeworfen, Corona-Zertifikate gefälscht zu haben. Foto: Stefan Puchner
Als Polizeibeamtin hätte sie wissen müssen, was ihre Kollegen auf dem Kasten haben. Trotzdem ging die wegen Urkundenfälschung angeklagte ehemalige Beamtin recht sorglos mit ihren Machenschaften um.
Stade. Am vierten Prozesstag vor dem Stader Landgericht wurde deutlich, wie das Verhältnis unter Kollegen leidet, wenn schwarze Schafe in den eigenen Reihen sind.
Nicht ganz astrein wirkende Corona-Testzertifikate begründeten einen ersten Tatverdacht. Es folgte umgehend eine Durchsuchung bei der verdächtigten Polizistin, die in Zeven lebt. Und die Handyauswertung begründete einen Tatverdacht gegen weitere Polizistinnen und Polizisten der Polizeiinspektion Stade. So gerieten fünf Beamte in den Fokus der Ermittlungen, die von einer Sonderkommission in Lüneburg federführend geleitet wurden.
Angeklagte soll sich mit Fälschungen gebrüstet haben
Am Donnerstag sagte der Lüneburger Beamte vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Stade aus, der den Schlussbericht der Soko verfasst hat. Laut Ermittlungen habe die 34-jährige Angeklagte verkündet, sie sei jetzt „auch Impfarzt“ und in die Produktionsphase von Impfausweisen eingetreten. Und ihre Fälschungen seien so gut, dass man sie auch digitalisieren lassen könne.
Eine ganz gegensätzliche Erfahrung musste eine 29-Jährige machen, die keine Polizistin ist, die aber mit einem Ausweis in Zeven zu einer Apotheke ging, den sie von der Angeklagten bekommen hatte. Sie habe den Ausweis vorgelegt, sagte die Zeugin. Dann sei wenig später die Polizei gekommen und habe ihr die Papiere abgenommen. Mittlerweile wurde sie rechtskräftig zu 80 Tagessätzen verurteilt, die sich in der Höhe am Gehalt orientieren.
An viel erinnerte sich die Zeugin vor Gericht allerdings nicht. Auch als ihre damalige bei der Polizei gemachte Aussage gedächtnisunterstützend verlesen wurde, gab sie kompletten Erinnerungsverlust an und sagte sogar, sie glaube nicht, dass sie das Vorgelesene bei der Polizei gesagt habe. Dort ging ihre Aussage in die Richtung, dass bei den gefälschten Impfausweisen eine Polizistin die Finger im Spiel hatte. Dass die Zeugin nun angab, keine Erinnerung mehr zu haben, werteten Angeklagte und Verteidiger zu ihren Gunsten.
Verteidigung scheint möglichst viele Vorwürfe vom Tisch wischen zu wollen
Sowieso scheint die Verteidigung darauf zu bauen, möglichst viele der angeklagten 68 Tatvorwürfe vom Tisch wischen zu können. Auch spricht die Verteidigung manchen Ausweisen und Testzertifikaten den Urkundenstatus ab. Inwieweit das bei den Richtern der 2. Großen Strafkammer verfängt, bleibt abzuwarten. Hintergrund für das Vorgehen ist, dass die ehemalige Polizistin eine neue Arbeit anstrebt, bei der akzeptable Zeugnisse vonnöten sind. Einfache Rechnung: Je weniger Taten, desto geringer die Strafe und desto weniger belastet das Zeugnis.
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Wie nachhaltig kriminelle Machenschaften bei der Polizei das Verhältnis unter Kollegen stören, wurde bei einem weiteren Zeugen deutlich. Der 31-Jährige erzählte vom Zusammentreffen mit einer Kollegin, gegen die vor zwei Jahren in der Sache ebenfalls ermittelt worden war. Sie trafen sich im Amtsgericht, wo sie als Zeugen aussagen sollten.
„Das war ein schwieriger Umgang“, berichtete der Polizist im Zeugenstand. Erst habe man Smalltalk gemacht, dann aber habe seine Kollegin ihm erzählt, dass die Polizei bei einer Hausdurchsuchung der jetzt angeklagten Kollegin nicht alles gefunden habe, zum Beispiel einen Schuhkarton. Über diese Nachricht verunsichert, habe er sich mit seinem Vorgesetzten besprochen und dann einen Vermerk darüber geschrieben. Bei einer zweiten Hausdurchsuchung wurde der Karton dann gefunden.
Wie der Prozess weitergeht und wann er beendet werden kann, hängt davon ab, wie vielen Beweisanträgen der Verteidigung durch die Richter stattgegeben wird.
Der Prozess wird am 19. November fortgesetzt.

Vor dem Landgericht Stade muss sich eine ehemalige Polizeibeamtin verantworten. Der Frau wird Urkundenfälschung vorgeworfen. Foto: dpa

Der ehemaligen Polizeibeamtin wird vorgeworfen, Corona-Zertifikate gefälscht zu haben. Foto: Stefan Puchner