TGefälschte Corona-Zertifikate: Stader Ex-Polizistin muss hinter Gitter

Das Landgericht Stade hat eine ehemalige Polizistin zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Foto: Stief
Für die Fälschung von Corona-Dokumenten soll eine 34-jährige Ex-Polizistin jetzt zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Nicht nur beim Strafmaß zeigte sich, dass in diesem besonderen Prozess Welten aufeinandertrafen.
Stade. Auf der einen Seite die heute 34-jährige Polizeianwärterin, die vor drei Jahren zu Pandemie-Hochzeiten anfing, ihrem Arbeitgeber falsche Corona-Testergebnisse vorzulegen und Impfausweise für sich, Familienangehörige und Bekannte zu fälschen. Darunter auch vier Kollegen und Kolleginnen der Polizeiinspektion Stade, die gleich mit aufflogen, nachdem einem Vorgesetzten Ungereimtheiten aufgefallen waren.
Verteidigung forderte zweijährige Bewährungsstrafe
Für die Angeklagte sprachen zwei Verteidiger in den Plädoyers zugunsten ihrer Mandantin - darunter der auf Corona-Fälle spezialisierte Anwalt Ivan Künnemann. Als Anfängerin bei der Polizei habe sie sich durch die Corona-Maßnahmen unter Druck gesetzt gefühlt, zumal damit auch eine Beschneidung der Grundrechte einherging. Kritik an diesem staatlichen Angriff auf eigene Rechtsgüter sei aber verpönt gewesen. So habe sie falsche Testungen vorgelegt, um arbeiten zu können. Dass sie dann später Impfausweise frisierte, habe eher dem Schutz von Familienangehörigen und Bekannten gedient, die in einer ähnlichen Zwickmühle saßen.
Auf keinen Fall habe sie gewerbsmäßig gehandelt und eine dauerhafte Gewinnerzielungsabsicht gehabt. Das sei von der Staatsanwaltschaft konstruiert worden, sagt Künnemann in Richtung des Anklägers, der die Worte gelassen nahm. Die Verteidiger forderten Bewährungsstrafen von unter einem Jahr.
Ex-Polizistin verfälschte mehr als 50 Impfausweise
Das konnte er auch, denn die urteilenden Richter der 2. Großen Strafkammer schlugen sich mit ihrem Strafmaß in der Höhe genau auf die Seite des Staatsanwalts - zweieinhalb Jahre Haft, was eine Strafaussetzung zur Bewährung unmöglich macht. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass die 34-Jährige über 50 Impfausweise verfälschte und viele davon verkaufte, was unterm Strich auch eine laufende Einnahmequelle ergab.
Dass sie sich in Chats als „Impfarzt“ oder als „Impfzentrum“ betitelte, sei natürlich ironisch gemeint, aber enthalte eben auch einen ernsten Inhalt. Der Blankopass in ihrem Auto, der mit einem Zettelchen versehen war, auf dem für den Adressaten stand, dass noch 50 Euro ausstünden und mit ihren Initialen gezeichnet war, belastete ebenso. Dieses Beweisstück wurde bei einer Durchsuchung des Fahrzeugs gefunden, mit dem Polizistin damals aus Zeven zur Dienststelle fuhr. Der Vorsitzende, Richter Zazoff: „In der Gesamtschau hat die Kammer keinerlei Zweifel an der Täterschaft.“
Angeklagte mit ablehnender Haltung gegen den Staat
In der Urteilsbegründung machte Richter Zazoff indirekt deutlich, dass das Verhalten der Angeklagten nicht besonders klug war. Dass die 34-Jährige kaum Angaben zu ihrer Person gemacht hat, ließ den Richter konstatieren, dass sie eine ablehnende Haltung gegenüber staatlichen Stellen habe. Am ersten Prozesstag hatte sie zudem an ihrem Handy herumgespielt, bis der Vorsitzende sie ermahnte, doch bitte aufzupassen, denn es ginge ja um viel für sie. Dass sie manch eine Äußerung des Staatsanwalts mit einem Lächeln begleitete und sich auf der Anklagebank die Fingernägel reinigte, konnten Prozessbeobachter nur als deutliche Gesten interpretieren.
Am Ende der Beweisaufnahme hatten die Richter nicht viele Pluspunkte für die Angeklagte gesammelt. Dass sie nicht vorbestraft sei und das nun verkündete Urteil ihre Berufswahl einschränke, wertete die Kammer zugunsten der Angeklagten. Zulasten allerdings, dass sich die 34-Jährige bei ihrem Fälschertum immer mehr professionalisierte. Und anscheinend so gut war, dass sie auch gefragt wurde, ob sie Waffenbesitzkarten fälschen könne. Das klang zwar nur am Rande an, war dem Vorsitzenden aber so wichtig, dass er es in der Urteilsbegründung ebenso erwähnte, wie eine „verfestigte Ablehnung staatlicher Institutionen“ und rechtsextrem wirkende Ansichten.
Gegen das Urteil ist das Rechtsmittel der Revision möglich.