TGeldübergabe an falsche Polizistin: 92-Jähriger zückt Samurai-Schwert

Am Landgericht Stade hat am Montag ein Prozess gegen eine 33-Jährige begonnen. Foto: Sina Schuldt/dpa
In Stade treffen sich Trickbetrügerin und Senior wieder, in Hechthausen waren sie aneinandergeraten. 90.000 Euro und zwei Kilogramm Gold bleiben bis heute verschwunden.
Stade/Hechthausen. Der Blick der beschuldigten Frau wirkt verunsichert, fast zerbrechlich, als sie mit Handschellen in den Gerichtssaal geführt wird. Angeklagt ist die 33-jährige Bremerin wegen Raubs. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, im März 2023 einen damals 92-jährigen Hechthausener in seinem Haus ausgeraubt zu haben. Dabei soll sie 90.000 Euro in bar und zwei Kilogramm Gold erbeutet haben. Von der Beute fehlt bis heute jede Spur.
Falsche Polizistin: Telefonbetrüger steuert alles im Hintergrund
Die Angeklagte hat bei der Tat mit einem unbekannten Mann zusammengearbeitet, der am Tag vor dem Raub mit dem Hechthausener telefoniert und sich als Polizeibeamter ausgegeben hatte. Der Unbekannte machte dem 92-Jährigen weis, dass Gold und Bargeld bei seiner Sparkasse nicht mehr sicher seien. Er solle deshalb sein Schließfach räumen. Eine Kollegin werde bei ihm zu Hause vorbeikommen, um den Inhalt des Schließfachs zu fotografieren.
Diese Kollegin, das war die 33-jährige Angeklagte. Spätestens als sie den Inhalt des Schließfachs in ihre Jackentaschen stopfen wollte, wurde das Opfer misstrauisch. Es kam zu einem Gerangel und Geschubse. „Sie hat mir ordentliche Boxhiebe verpasst“, berichtet das Opfer im Zeugenstand. Der Senior wiederum zog der Frau an den Haaren, wie er selbst zugab, und griff zu einem Samurai-Schwert, um die falsche Polizistin abzuwehren.
94-Jähriger leidet nach Überfall bis heute
Dennoch gelang es der Bremerin, die Beute an sich zu nehmen und damit zu flüchten. Infolge des Gerangels stürzte der Senior. Oder wurde er gestoßen? Hier gehen die Aussagen der Angeklagten und des Opfers auseinander. Die Angeklagte bestreitet, den Senior geschubst zu haben. Auch die Ursache für eine Wunde am Arm des Mannes ist nicht komplett geklärt. Hat er sich selbst mit dem Schwert verletzt?
Der heute 94-Jährige musste jedenfalls nach dem Raub im Krankenhaus behandelt werden und sei auch psychisch in einem desolaten Zustand gewesen, wie ein Begleiter des Hechthauseners im Zeugenstand erklärte. „Die Tat hat sein Leben nachhaltig verändert.“
Wenig glaubwürdig: Angeklagte gibt sich ahnungslos
Über ihren Anwalt gibt die Angeklagte eine Erklärung und ein Teilgeständnis ab: Weil sie Geld für die bedürftige Familie ihres Mannes benötigte, habe sie über den Nachrichtendienst Telegram einen Job für eine „Paketabholung“ angenommen. Telefonisch und „wie ferngesteuert“ sei sie von ihrem Auftraggeber zum Haus des 92-Jährigen gelenkt worden und habe erst dort von den Einzelheiten des Auftrags erfahren.
Der Auftraggeber habe telefonisch Druck aufgebaut und ihr mit Gewalt gedroht, wenn sie den Auftrag, das „Abholen“ der Wertsachen, nicht ausführen würde. Die Tasche mit den Wertsachen habe sie dann in einem Wald abgesetzt. Wer das Geld und das Gold dort abgeholt hat, könne sie nicht sagen. Die Tatbeteiligung bezeichnet sie als „den größten Fehler ihres Lebens“.
Inwieweit diese Version der Geschehnisse glaubwürdig ist, wird das Gericht in den nächsten Verhandlungstagen zu klären haben. Der Prozess wird am Freitag, 31. Januar, fortgesetzt. Eine Entschuldigung der 33-Jährigen wollte der Senior aus Hechthausen nicht annehmen.