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TGlasfaser-Verwirrspiel in der Samtgemeinde Horneburg geht weiter

In Dollern hat das Unternehmen Libra am Dienstagmorgen im Auftrag der Deutschen Glasfaser mit dem Ausbau in der Straße Am Buschteich begonnen.

In Dollern hat das Unternehmen Libra am Dienstagmorgen im Auftrag der Deutschen Glasfaser mit dem Ausbau in der Straße Am Buschteich begonnen. Foto: Vasel

Die Deutsche Glasfaser hat sich letzte Woche aus Horneburg und Agathenburg zurückgezogen. Kunden wollten aus ihren Verträgen aussteigen. Das allerdings verweigerte das Unternehmen. Das zeigen E-Mails, die dem TAGEBLATT vorliegen. Das ist der Stand.

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Von Björn Vasel
Samstag, 25.11.2023, 08:50 Uhr

Horneburg. In einer Besprechung hatte ein Bauleiter der Deutsche Glasfaser Wholesale (Deutsche Glasfaser) den Rückzug aus dem Flecken Horneburg und der Gemeinde Agathenburg angekündigt. Dort hatte die Glasfaser Nordwest von Telekom und EWE bekanntlich die Nase vorn, Tiefbauunternehmen budde(lte)n bereits für das Gemeinschaftsunternehmen.

Samtgemeindebürgermeister Knut Willenbockel informierte die Öffentlichkeit, während die Deutsche Glasfaser die eigenen Kunden im Unklaren ließ. Dem TAGEBLATT liegen Schreiben des Service-Teams des nach der Deutschen Telekom und nach Vodafone drittgrößten Glasfaseranbieters in Deutschland vor. Es gehört seit dem Jahr 2020 dem Finanzinvestor EQT aus Schweden.

So schreibt ein Service-Mitarbeiter an einen Horneburger, der seinen Vertrag mit einer E-Mail widerrufen wollte: „Gerne habe ich Ihr Anliegen überprüft, jedoch liegt uns keine Information vor, dass der Ausbau in Ihrem Ort nicht stattfinden wird.“ Der Vertrag sei weiterhin rechtsgültig. Deshalb lehne die Deutsche Glasfaser den Widerruf „höflich ab“.

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Widersprüchliche Aussagen bei der Deutschen Glasfaser

Die Deutsche Glasfaser bestätigte dem TAGEBLATT auf Anfrage, dass das Unternehmen sich „aus Horneburg und Agathenburg zurückgezogen hat, um einen Doppelausbau zu verhindern“. Die eigenen Kunden wurden bislang nicht informiert, bestätigen betroffene Bürger.

Die Gartenstecker mit dem Logo des Konzerns sind zwischenzeitlich aus dem Ortsbild verschwunden. In den sozialen Medien und in Leserbriefen wird Kritik geäußert.

Der Sprecher der Deutschen Glasfaser, Dennis Slobodian, betont, dass der Konzern einen Doppelausbau grundsätzlich ablehne. „Wir können uns in Deutschland einen zweifachen Ausbau des Glasfasernetzes nicht leisten“, sagt Slobodian. Das sei auch volkswirtschaftlich unsinnig. Der Doppelausbau lähme die dringend benötigte bundesweite Versorgung mit Glasfaser. Denn jeder doppelt ausgebaute Ort bedeute, dass ein anderer Ort länger auf die Erschließung mit Glasfaser warten müsse. Und das alles vor dem Hintergrund knapper Baukapazitäten und der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen in Europa. Letztlich werde der Glasfaserausbau deutschlandweit verzögert und wesentlich teurer.

„Wir bedauern, dass wir aufgrund der Umstände das Glasfasernetz in Horneburg nicht ausbauen werden“, so der Unternehmenssprecher. Es gehe dem Konzern auch nicht um ein Monopol. Denn auch sein Unternehmen setze (nach der Mindestlaufzeit von zwei Jahren) auf ein offenes Netz (Open Access), „das wir allen Anbietern auf Basis diskriminierungsfreier vertraglicher Regelungen zur Verfügung stellen“.

Glasfaser als Technologie sei dennoch für das Gelingen der Digitalisierung unabdingbar. Deswegen empfehle die Deutsche Glasfaser den Horneburgern, „einen Vertrag bei einem entsprechenden Wettbewerber abzuschließen“. Den Noch-Kunden entstehe kein Schaden, denn sie werden ja - über das Netz der Glasfaser Nordwest - irgendwann versorgt. „Die bisher eingegangenen Kundenaufträge sind damit hinfällig und werden nicht von Deutsche Glasfaser angenommen“, sagt Herbert Spies von der Deutschen Glasfaser. Kunden in Horneburg und Agathenburg hätten „keinerlei Verpflichtungen“ mehr gegenüber Deutsche Glasfaser. Das Unternehmen plane eine Kunden-Info.

Deutsche Glasfaser buddelt in Dollern

Währenddessen fragen sich Samtgemeindebürgermeister Knut Willenbockel und die Kunden in den übrigen Mitgliedsgemeinden, wann und ob ihre Häuser angeschlossen werden. In Dollern hat die Deutsche Glasfaser in dieser Woche in der Straße Am Buschteich losgelegt, andernorts waren die Kolonnen allerdings deutlich schneller unterwegs. „In Dollern haben wir gemeinsam mit unserem Baupartner den Netzausbau begonnen“, heißt es kurz und knapp. Die übrigen Ortschaften in der Samtgemeinde Horneburg, sprich Nottensdorf und Bliedersdorf, „befinden sich aktuell noch auf dem Prüfstand“.

Der Konzern verweist auf das Engagement der Wettbewerber wie Glasfaser Nordwest. „Wir befinden uns dazu in enger Abstimmung mit der Gemeinde und werden voraussichtlich kommende Woche eine offizielle Kundenkommunikation dazu veröffentlichen, in der wir mitteilen, welche der übrigen Ortschaften wir erschließen und welche nicht“, sagte Dennis Slobodian am Freitag dem TAGEBLATT.

Die Verwaltung tappt allerdings weiterhin im Dunklen, hieß es am Freitag im Rathaus. Weder die Mitarbeiter im Deutsche-Glasfaser-Servicepunkt in Horneburg noch in der Konzernzentrale hätten sich äußern wollen. „Wir wissen nicht, wann und wo es weitergeht“, sagt Willenbockel. Bürger riefen erbost im Rathaus an.

Bürgermeister bedauert Breitband-Brief

Er bedauert, dass er seinerzeit in einem Rundbrief für einen Vertragsabschluss bei der Deutschen Glasfaser geworben habe. Druck und Vertrieb seien - wie üblich - vom Konzern bezahlt worden, sagte das Unternehmen. Das Info-Schreiben hätte er nicht unterschrieben, wenn er gewusst hätte, dass es zwei Anbieter geben wird. Seinerzeit wollte er den Breitbandausbau in der Samtgemeinde Horneburg sichern. Letztlich hatten sich mehr als 33 Prozent der Haushalte (rund 5500) in den fünf Mitgliedsgemeinden für den Anschluss bei der Deutschen Glasfaser entschieden. Willenbockel kritisiert die Nicht-Kommunikation des Konzerns: „Das kann nicht Firmenpolitik sein.“

Doch auch mit der Glasfaser Nordwest gebe es Ärger. Diese sei abgemahnt worden, weil in Agathenburg bei 50 Prozent der aufgebuddelten Wege und Straße nicht ordnungsgemäß gearbeitet worden sei. Das Pflaster müsse aufgenommen und neu verlegt werden, so Willenbockel. Er betont, dass es jetzt lediglich einem Unternehmen zur Zeit erlaubt werde, zu buddeln. Alles andere würde zu Verkehrschaos führen.

Glasfaser Nordwest war - ohne Nachfragebündelung und ohne Kooperationsvertrag - im Mai aufgetaucht. Nach Horneburg wollte und will das Gemeinschaftsunternehmen von Telekom und EWE weite Teile von Agathenburg, Nottensdorf, Bliedersdorf, Postmoor und Dollern ans Netz bringen. Kooperieren wollten die Konkurrenten nicht.

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