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Sonderzahlung

Kräftiges Plus beim Weihnachtsgeld – Wer am meisten erhält

Einen gesetzlichen Anspruch auf Weihnachtsgeld gibt es nicht.

Einen gesetzlichen Anspruch auf Weihnachtsgeld gibt es nicht. Foto: Monika Skolimowska/dpa

Die Sonderzahlung zum Fest ist vielen hochwillkommen, doch nicht jeder bekommt sie. Das verdient möglicherweise Ihr Kollege.

Von Alexander Sturm und Christian Ebner Samstag, 16.11.2024, 12:30 Uhr

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Landkreis/Wiesbaden. Angesichts gestiegener Energiepreise und teurer Lebensmittel ist das Weihnachtsgeld für viele Menschen ein willkommener Zuschuss in der Haushaltskasse. Doch vor allem Arbeitnehmer, die nach Tarifvertrag bezahlt werden, können sich auf die Sonderzahlung im November oder Dezember verlassen. Fast 86 Prozent der Tarifbeschäftigten bekommen nach Angaben des Statistischen Bundesamts ein Weihnachtsgeld, im Durchschnitt beträgt es 2.987 Euro. Das bedeutet ein kräftiges Plus von 6,3 Prozent oder 178 Euro mehr als im Vorjahr.

Darin spiegeln sich auch die gestiegenen Löhne und Gehälter wider, die viele Gewerkschaften nach der Inflationswelle durchgesetzt werden: Das Weihnachtsgeld kann als fester Betrag im Tarifvertrag verankert sein oder als prozentualer Anteil des Bruttoverdienstes - und damit bei wachsendem Einkommen steigen.

Wie hoch das Weihnachtgeld ausfällt und wer es bekommt, hängt allerdings stark von der Branche ab, erklären die Statistiker. In der Finanz- und Versicherungsbranche sowie im Baugewerbe erhalten mehr als 95 Prozent der Tarifbeschäftigten ein tarifliches Weihnachtsgeld. Dagegen haben in den Branchen „Information und Kommunikation“ und „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung“ weniger als 70 Prozent Anspruch darauf.

Große Unterschiede nach Branchen

Ein überdurchschnittlich hohes Weihnachtsgeld kassieren Tarifbeschäftigte in der Öl- und Gasbranche (5.955 Euro) sowie in der Kokerei und Mineralölverarbeitung (5.898 Euro). Auch die Finanzbranche liegt mit einem Weihnachtsgeld von im Mittel fast 4500 Euro weit vorn.

Weit geringer fällt die Sonderzahlung laut Statistik in der Tabakverarbeitung (564 Euro) aus, wo nur 50 Prozent der Tarifbeschäftigten Anspruch auf Weihnachtsgeld haben, sowie in der Leiharbeitsbranche (394 Euro).

Ein Mann eilt mit einem verpackten Geschenk zwischen den anderen Passanten die Einkaufsmeile Zeil entlang. (zu dpa: «Im Schnitt 3.000 Euro Weihnachtsgeld für Tarifbeschäftigte»)

Ein Mann eilt mit einem verpackten Geschenk zwischen den anderen Passanten die Einkaufsmeile Zeil entlang. (zu dpa: «Im Schnitt 3.000 Euro Weihnachtsgeld für Tarifbeschäftigte») Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

Tarifverträge aber gelten längst nicht für alle Arbeitnehmer in Deutschland. Nach jüngsten Daten des Statistischen Bundesamts waren 2023 nur knapp die Hälfte (49 Prozent) der Beschäftigten in einem tarifgebundenen Betrieb tätig. Zwar gibt es Unternehmen, die ihre Zahlungen an Tarifverträgen orientieren, ohne verbindlich daran gebunden zu sein. Aber ohne Tarifvertrag sinken die Chancen auf fest vereinbarte Sonderzahlungen.

  • Weihnachtsgeld: Was am Ende wirklich auf dem Konto landet

Knapp 3.000 Euro - brutto: Was sich zunächst nach viel anhört, schrumpft aber auf dem Lohnzettel gehörig zusammen. Immerhin unterliegt auch das Weihnachtsgeld üblichen Steuer- und Sozialabgaben. Die Vereinigte Lohnsteuerhilfe (VLH) zeigt anhand eines Beispiels, was unter dem Strich übrig bleibt.

Ein kinderloser Arbeitnehmer mit Lohnsteuerklasse 1 verdient monatlich 3.500 Euro brutto. Er ist gesetzlich renten- und krankenversichert, leistet einen Krankenkassen-Zusatzbeitrag von 1,5 Prozent und zahlt keine Kirchensteuer. Im November erhält er von seinem Arbeitgeber ein zusätzliches Weihnachtsgeld in Höhe von 2.000 Euro.

Knapp die Hälfte geht weg

Ohne das Weihnachtsgeld beträgt das Jahresbrutto des Arbeitnehmers in der Beispielrechnung 42.000 Euro.

  • Darauf würden nach Berechnung des Lohnsteuerrechners des Bundesfinanzministeriums 5.281 Euro an Steuern fällig.
  • Mit dem Weihnachtsgeld erhöht sich das Jahresbrutto des Arbeitnehmers auf 44.000 Euro, seine Steuerlast wächst auf 5.768 Euro an.
  • Die Differenz der beiden Steuerbeträge liegt bei 487 Euro. Das ist genau der Betrag, der dem Mann an Steuern von seinem Weihnachtsgeld einbehalten wird.

Abgezogen werden zudem die Sozialversicherungsbeiträge, die auch auf das Weihnachtsgeld zu leisten sind.

  • Die Beiträge für Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung addieren sich in dem Beispiel auf rund 21 Prozent
  • Was das Weihnachtsgeld um weitere 420 Euro schmälert.
    Bleiben am Ende von der 2.000 Euro-Sonderzahlung also nach Abzug der 487 Euro Lohnsteuer und der 420 Euro Sozialabgaben noch rund 1.093 Euro übrig.

Der VLH zufolge brauchen es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gar nicht unbedingt so genau zu berechnen. Beschäftigte können davon ausgehen, dass ihnen üblicherweise etwas mehr als die Hälfte des zugesicherten Weihnachtgelds auch tatsächlich überwiesen wird.

Kein gesetzlicher Anspruch auf Weihnachtsgeld

Einkommensexperte Malte Lübker von der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung betont die Vorteile für die Beschäftigten, wenn nach Tarif bezahlt wird. Sie erhalten öfter Weihnachtsgeld als Menschen außerhalb der Verträge und das auch noch von einer höheren Basis aus: „Das Weihnachtsgeld ist ein echtes „Extra“, denn auch die Grundgehälter sind in Betrieben mit Tarifvertrag meist höher als bei vergleichbaren Arbeitgebern, die nicht nach Tarif bezahlen.“

Ein gesetzlicher Anspruch auf das Weihnachtsgeld besteht nicht. „Der Anspruch auf die Sonderzahlung ergibt sich aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag“, erläutert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Ein Anspruch kann sich zudem aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz sowie aus der betrieblichen Übung ergeben - wenn Weihnachtsgeld ohne vertragliche Regelung oder Vereinbarungen wiederholt gezahlt wurde.

Weihnachtsgeld und 13. Gehalt ist das gleiche?

Weihnachtsgeld? 13. Monatsgehalt? Umgangssprachlich werden beide Begriffe oft gleichgesetzt. „Korrekt ist das aber nicht“, stellt Anke Marx von der Arbeitskammer des Saarlandes klar. Der Unterschied: Weihnachtsgeld belohnt ausschließlich die Betriebstreue. Die Jahressonderzahlung in Form eines 13. Monatsgehalts ist im Arbeitsvertrag geregelt und honoriert geleistete Arbeit.

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Wenn ein Arbeitgeber freiwillig Weihnachtsgeld leistet, muss er nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz allen Weihnachtsgeld in gleicher Höhe zahlen. Allerdings: „Eine Ungleichbehandlung kann durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein“, Till Bender von der Rechtsschutzabteilung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Beispielsweise kann der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld nach Dauer der Betriebszugehörigkeit von Beschäftigten staffeln. Treten Beschäftigte erst im Laufe des Jahres in das Unternehmen ein, darf der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld anteilig kürzen.

Und Teilzeitkräfte erhalten die Jahressonderzahlung in der Regel in Form von Weihnachtsgeld oder 13. Monatsgehalt nur in Höhe des auf ihren Arbeitszeitanteil entfallenden prozentualen Anteils.

Das Weihnachtsgeld und sein meist kleineres Pendant, das Urlaubsgeld, sind in den unterschiedlichen Branchen historisch gewachsen und daher sehr unterschiedlich ausgeprägt. Was bereits in der Industrialisierung als willkürliche Weihnachtsgabe des Fabrikherren begann, wurde dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zufolge nach dem Zweiten Weltkrieg von den Gewerkschaften zunehmend in Tarifverträgen festgezurrt. (dpa/tmn)

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