TGroßenwördens Stefan Meyer: Der Mann mit dem goldenen Puschen
TSV-Oldie Stefan Meyer hat seit seinem Comeback noch kein Tor geschossen, aber viele verhindert. Foto: Berlin
Stefan Meyer ist 55, Verteidiger beim TSV Großenwörden II und unverzichtbar. Warum „Puschen Werner“ trotzdem immer noch durchzieht, während andere längst aufgehört haben.
Großenwörden. Ob am Dienstagabend trainiert wird, weiß Stefan Meyer noch nicht genau. „Es ist noch fraglich“, sagt er am Telefon. „Wir sind aktuell nur sieben Leute. Aber meine Tasche ist gepackt.“ Sie steht schon seit Sonntag unbenutzt bereit, schließlich ist das letzte Spiel ausgefallen.
So ist das beim TSV Großenwörden II. In der vergangenen Saison holte das Team in der 4. Fußball-Kreisklasse die wenigsten Punkte. In der untersten Spielklasse ist der TSV unabsteigbar. Und mittendrin: Stefan Meyer, 55 Jahre alt, Verteidiger, Spitzname: Puschen Werner.
Comeback mit über 50 Jahren
„Ich habe oft Puschen oder Latschen an, komme damit auch zum Training“, sagt er und lacht. „Und Werner kam dazu, weil mich jemand mal verwechselt hat. Seitdem sagen alle Werner zu mir.“ Als er vor Jahren eigentlich schon aufgehört hatte, bekam er zum Abschied einen goldenen Puschen.

Stefan Meyer bewahrt den goldenen Puschen als Erinnerungsstück auf. Foto: privat (nomo)
Doch ganz ohne Fußball geht es offenbar nicht. 2022 kam das Comeback. „Meine Frau meinte: Musst du selber wissen. Aber sie hat nichts dagegen“, erzählt Meyer. Seitdem steht er wieder auf dem Platz - als ältester Spieler der Mannschaft, 28 Jahre älter als der Zweitälteste.
Der Älteste zeigt den größten Trainingsfleiß
Sein Tag beginnt früh. Heute klingelte der Wecker um 4.50 Uhr. Dann fuhr Meyer zur Arbeit nach Stade. Für die Firma NDB stellt er Wände, hängt Decken ab, verkleidet Sanitäranlagen. „Wenn mein Einsatzort nicht weit weg ist, bin ich eigentlich immer beim Training dabei“, sagt der gelernte Elektriker.

Der TSV Großenwörden II spielt in der 4. Kreisklasse - tiefer geht es nicht. Foto: Berlin
Wenn sich nur wenige Spieler für das Training angemeldet haben, ist er derjenige, der in der Mannschaftsgruppe noch mal nachfragt. „Manchmal kommen dann noch ein oder zwei Spieler dazu.“
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Man könnte Meyer als Vereinsmenschen bezeichnen. Geboren in Neuland (Gemeinde Engelschoff) spielt er seit Kindertagen in Großenwörden Fußball - immer für denselben Verein. „Ich bin mit meinem Sandkastenfreund damals zum Fußball gegangen“, sagt er. Seitdem läuft er - mit einer längeren Unterbrechung - für Großenwörden auf.
Verteidiger mit List
In der Abwehr spielt er da, wo er gebraucht wird, ist quasi der Allrounder hinten. Früher Libero, heute in der Dreier- oder Viererkette. Seine Gegenspieler sind oft halb so alt. „Aber das Alter macht man mit List wieder wett“, erklärt er. „Ich weiß, wie ich die Jungs nehmen muss. Manchmal stellt man sich auf die Füße oder zupft ein bisschen an der Hose - aber so, dass der Schiri es nicht sieht.“
In 30 Spielen seit seinem Comeback vor drei Jahren hat er noch kein Tor geschossen, aber viele verhindert. Und vielleicht auch das eine oder andere Eigentor erzielt. „Wenn das passiert, kostet's 'ne Kiste Bier.“

Allrounder in der Abwehr: Stefan Meyer spielt da, wo er gebraucht wird. Foto: Berlin
Überhaupt herrscht im Team eine gute Stimmung. „Entweder waren alle scheiße oder keiner. Auf dem Einzelnen wird nicht herumgehackt.“
Garten, Schiffe und der HSV
Seine Frau Melanie ist immer als „Fan“ dabei. Einmal, erzählt er, wartete sie nach einem Spiel draußen vor der Kabine. „Da kam jemand und fragte, ob sie auf ihren Sohn wartet. Sie sagte: Nein, ich warte auf meinen Mann!“ Sie lachen heute noch über diese Anekdote.

In der Kabine des TSV Großenwörden II ist es eng. Foto: Berlin
Wenn sie nicht gerade auf Fußballplätzen unterwegs sind, kümmern sie sich um ihren Garten in Himmelpforten oder fahren nach Cuxhaven an die „Alte Liebe“, wo sie Schiffe schauen. Sein Herzensverein ist der HSV, Meyer verpasst kein Spiel der Rothosen.
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Im Vereinsheim hängt ein alter TAGEBLATT-Artikel über Meyer. Ein Zeitungsausschnitt, weißer Rahmen, blaue Wand - die Vereinsfarben. Darauf ein Foto: Meyer im blauen Trikot, mit Puschen in der Hand.

Stefan Meyer und seine Puschen (2010). Foto: Ratje (Archiv)
Darunter steht: „Stefan Meyer, genannt Puschen Werner, wird einer der Helden des 4:2-Siegs.“
Ziel: Nicht wieder Letzter werden
Heute würde sich Großenwörden sicherlich über einen 4:2-Sieg freuen. Nach sechs Spielen steht das Team mit einem Punkt und 8:39 Toren auf Platz neun der Tabelle. „Ziel ist, nicht wieder Letzter zu werden“, sagt Meyer, „und Wischhafen hinter uns zu lassen.“
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Bleibt noch die Frage, warum er sich das antut. „Weil es Spaß macht“, sagt er schlicht. „Ich wurde hier gut aufgenommen, wir sind 'ne coole Truppe.“ Wenn der Kader gut besetzt ist, steckt er für die Mannschaft auch mal zurück und lässt den Jüngeren den Vortritt.
Der unverzichtbare Puschen Werner
Wie lange er noch weitermacht? „Solange die Füße mitspielen“, sagt er. „Vielleicht noch ein paar Jahre.“ Von größeren Verletzungen blieb er bisher verschont. Und wenn er irgendwann aufhört, möchte er so in Erinnerung bleiben, wie er wirklich ist: „Ehrgeizig, motiviert, Spaß haben - sag’ ich mal.“

Dirk Beckmann ist seit 17 Jahren Obmann beim TSV. Foto: Berlin
In Großenwörden wissen sie, was sie an Stefan Meyer haben. „Er gehört zum Kern der Mannschaft, ist immer dabei, hilft mit seiner Erfahrung und motiviert die Leute, zum Training zu kommen“, sagt Obmann Dirk Beckmann.
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Außerdem erstaunt es ihn, dass er fast immer schneller als sein Gegenspieler sei. Und wenn das mal nicht klappt, glänzt Puschen Werner halt mit seinem Stellungsspiel und seiner List.
Die Serie „Die Unabsteigbaren“
Der TSV Großenwörden II beendete die vergangene Saison als Letzter der untersten Spielklasse. Absteigen kann man hier nicht - und genau das macht diese Truppe so spannend. Das TAGEBLATT begleitet das Team durch die gesamte Saison. Im Mittelpunkt stehen vor allem die Menschen, die die Mannschaft und den Verein prägen. Wir wollen zeigen, wie ein Dorfverein tickt, wie eine Amateurmannschaft funktioniert und warum sie trotz Niederlagen den Spaß am Kicken nicht verliert.
Die bisherigen Serienteile:
- Teil 1: Das Schlusslicht in der untersten Spielklasse
- Teil 2: TSV Großenwörden kassiert Mega-Klatsche
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