THass, Mord und Liebe: Harsefelder Giftmörderin „Rote Lena“ fasziniert bis heute

Die rote Lena - dargestellt von Lara Maria Wichels. Foto: Liv Plotz
Ein Roman, ein ZDF-Film - und jetzt eine Sonderausstellung. Die Lebensgeschichte der Anna Marlene Prink bietet spannenden Stoff um Liebe, Hass und Mord - und die Frage: Wurde die siebenfache Mutter in Harsefeld zu Unrecht zum Tode verurteilt?
Harsefeld. Unmittelbar dort, wo vor über 182 Jahren Anna Marlene Prink auf ihr Todesurteil wartete, befindet sich heute das Museum Harsefeld. Hier wurde jetzt eine Sonderausstellung mit dem Titel „Die rote Lena - der Mythos lebt“ eröffnet, die außergewöhnliche Einblicke in die Vergangenheit dieser ganz besonderen Frau und den Kriminalfall bietet.
Die Geschichte der angeblichen Giftmischerin und Gattenmörderin wird hier wieder lebendig und lässt sich durch Exponate aus der Vergangenheit hautnah verfolgen.
Zur Ausstellungseröffnung am vergangenen Donnerstag kamen etliche Interessierte sowie an der Spurensuche Beteiligte wie Dietrich Alsdorf, ehemaliger Archäologe beim Landkreis und Autor mehrerer regional-historischer Romane, Christine Seemann aus Bützfleth, Mitglieder des Vereins für Kloster- und Heimatgeschichte Harsefeld als Veranstalter sowie Harsefelds Bürgermeisterin Susanne de Bruijn und Gemeindedirektorin Ute Kück.

Eröffnung der Sonderausstellung mit Autor Dietrich Alsdorf, Harsefelds Bürgermeisterin Susanne de Bruijn und Gemeindedirektorin Ute Kück (rechts). Foto: Susanne Laudien
Ausstellung mit interessanten Fundstücken
In den Schaukästen finden sich interessante Fundstücke, unter anderem der Schädel der Hingerichteten und Haushaltsgegenstände aus ihrem Verlies, das per Zufall 1981 bei archäologischen Ausgrabungen auf dem Amtshof gefunden wurde. Die Ausstellung läuft noch bis Ende Dezember, täglich außer montags, bis September von 15 bis 18 Uhr, ab Oktober bis 17 Uhr, sonn- und feiertags auch 10 bis 12 Uhr, der Eintritt ist frei.

Fundstücke aus dem Verlies: Dieses Geschirr muss Lena kurz vor der Hinrichtung benutzt haben. Foto: Susanne Laudien
Der Kriminalfall der roten Lena beschäftigt sei Jahren die Gemüter. 1927 erinnerte Pastor Seebo in seiner ersten Ortschronik an die öffentliche Hinrichtung von Anna Marlene Prink. In der Heide von Ohrensen soll die Menge gejohlt haben, als die Verurteilte und Mutter von sieben Kindern vom Wagen gezerrt wurde. Grausige Szenen sollen sich abgespielt haben. Henkersknechte, die mit Knüppeln auf sie einschlugen. Bis zuletzt soll Lena auf einen neuen Liebhaber gewartet haben, der sie vor dem Schafott bewahrt.
Neubewertung des Kriminalfalls
Dietrich Alsdorf und Dieter Goohsen nahmen bereits als Jugendliche die Spurensuche nach dem Grab am Richthügel auf, der als Marlenenberg in die Regionsgeschichte einging. 2006 gelang es Dieter Goohsen, die Lage des Richtplatzes auf dem Bostelsberg in Ohrensen anhand eines Koordinatenverzeichnisses zu bestimmen.
2015 konnte Dietrich Alsdorf die Grabgrube lokalisieren. 2020 folgte von der Kreisarchäologie die Grabung und Bergung der Gerichteten. Die Auswertung des Grabes, mit würdevoller Wiederbestattung 2021 in Harsefeld, führte zu einer Neubewertung des Kriminalfalls, vor allem aber zu einer Rekonstruktion des ungewöhnlichen Lebens der Anna Marlene Prink.

Für Besucher der Sonderausstellung gibt es interessante Hinweise zur Vergangenheit der roten Lena. Foto: Susanne Laudien
Mit Unterstützung von Ahnenforschern wie der Ahnenforschergruppe Buxtehude gelang der Einblick in die einstigen Familienverhältnisse. Mittlerweile hat sich die Forschung auf die Kinder von Lena ausgeweitet, die Christine Seemann aus Bützfleth mit großem Erfolg betreibt.
Geliebter lebte auf Gut Brillenburg vor Buxtehude
In seinem 600 Seiten starken Roman ließ Dietrich Alsdorf die Recherchen einfließen. Auch einen Fernsehfilm gibt es in der ZDF-Mediathek über die tragische Geschichte, die mit der Geburt von Anna Marlene Röhrs im Jahr 1800 in Elstorf vor den Toren Buxtehudes ihren Lauf nahm.

Das Grab der roten Lena - nach Auswertung der Grabstätte gab es 2021 eine würdevolle Wiederbestattung. Foto: Susanne Laudien
Ob die rote Lena wirklich rote Haare hatte? Der Autor glaubt daran und auch, dass sie eine attraktive junge Frau war, die den reifen Kaufmann und adligen Iren Michael Wilson of Sledagh in jungen Jahren verzauberte, der mit Ehefrau und Kindern auf Gut Brillenburg vor Buxtehude lebte.
Doch Lena war Magd auf dem Hof von Hein Meier in Elstorf und wurde vom Knecht Hans Prink aus Daensen missbraucht. Ihre Eltern drängten 1821 zur Ehe mit ihm, die von Hass und Missbrauch geprägt war.
Heimliche Romanze über zwölf Jahre
Zwei Jahre später traf Lena auf dem Markt in Buxtehude ihren Jugendschwarm Wilson wieder und es begann eine heimliche Romanze. Sie bekam ihr zweites Kind und die Prinks zogen als Verwalter auf das Gut des Liebhabers. 1826 gebar Lena erneut von Wilson ein Mädchen.
Als Wilson, der ihr das Gut vermachte,1836 mit 70 starb, kam es zum Streit mit der Witwe. Sie vermutete Betrug und reichte Klage ein, das Gut war für Lena verloren. Nach zwölf glücklichen Jahren mit Wilson stand sie vor den Trümmern ihres Lebens.
Archäologie
T Reise in die Vergangenheit: So sah Horneburg 1632 aus
1838 stellte sie Tönjes Dammann als Knecht ein. Er vergewaltigte sie und drängte, den Ehemann zu vergiften. Als dieser 1839 erkrankte, kaufte Lena Mäusegift aus Butterschmalz und Arsen und soll ihrem Mann ein präpariertes Brot gereicht haben. Kurze Zeit später war er tot. Bei der Obduktion fanden die Ärzte Arsen in seinem Körper und Lena wurde verhaftet.
Ob ihre Kinder, die den Vater versorgen sollten, ihn unwissentlich vergiftet hatten, als sie ihm Tee mit Arsen versetztem Rum gaben, den Tönjes Dammann mitgebracht hatte - dieses Geheimnis nahm Lena mit in ihr Grab.

Einblick in die Geschichte der roten Lena durch Autor Dietrich Alsdorf. Foto: Susanne Laudien

Das Plakat zur Sonderausstellung. Foto: Liv Potz