THeimische Schlingnatter: Sie ist die kleine Schwester der Boa
Die Schlingnatter ist gut getarnt. Foto: Schaffhäuser
Riesige Boas werden in den Zoos mit Respekt bestaunt. Es gibt aber auch in Norddeutschland artverwandte Schlangen: die Schlingnatter. Ihre Fähigkeiten sind beeindruckend.
Landkreis. Die Würgeschlangen lösen Unbehagen aus. Eine Anakonda aus Südamerika etwa wird bis zu acht Meter lang. Solch ein Kraftprotz kann Wasserschweine oder sogar Tapire umschlingen und unter die Wasseroberfläche ziehen.
Oder das Muskelpaket zieht die Schlinge immer enger, der Blutfluss beim Beutetier wird mehr und mehr unterbrochen, Bewusstlosigkeit und Atemstillstand setzen ein. Eine Würgeschlange gibt es auch bei uns: die Schlingnatter. Sie ist nicht gefährlich, aber auch ihre Fähigkeiten sind beeindruckend.
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Eine Schlingnatter ist nur etwa 80 Zentimeter lang und wiegt keine 100 Gramm. Seitlich am Kopf hat sie ein dunkles Band. Am Rücken befinden sich auf bräunlichem Grund zwei dunkle Fleckenreihen, aber niemals ein Zickzackband wie bei der Kreuzotter.
Sie ist eine Sonnenanbeterin: 25 Grad ist die Lieblingstemperatur einer Schlingnatter. Regungslos und gut getarnt, lässt sich die dünne Schlange von der Sonne bescheinen. Dann geht es auf die Pirsch. Das macht sie ganz, ganz ruhig. Sie ist ein Schleichräuber, kein Verfolgungsräuber.
Junge Vögel und Eidechsen auf dem Speiseplan
Sie züngelt und nimmt Duftspuren auf. Weil sie schlank ist, kann sie Höhlen kontrollieren, in Mäuselöchern stöbern, Blätter- und Steinhaufen durchsuchen. Findet sie junge Vögel, Wühlmäuse oder Spitzmäuse im Nest, werden die ratzfatz lebend verschlungen.
Am Boden lebende Käfer oder Heuschrecken frisst sie gern, ein Regenwurm oder ein Vogelei darf es auch sein. Bei größeren Beutetieren wie Eidechsen, Blindschleichen oder ausgewachsenen Mäusen allerdings wird die Jagd anspruchsvoller. Hier macht die Schlingnatter ihrem Namen alle Ehre.
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Seelenruhig pirscht sie sich an ihre Beute heran – und packt sie ganz schnell. Sie verhakt ihre Zähnchen im Körper der Beute und ringelt diese sofort mehrfach ein. Das geht so schnell, dass Gegenwehr kaum möglich ist. Dann drückt sie kräftig zu.
Bei großen Beutetieren wie einer ausgewachsenen Eidechse muss die „kleine Boa“ schon eine Viertelstunde durchhalten und fest zuziehen. Schließlich setzt die Atmung der Beute aus, die Schlange hat die Beute überwältigt. Dann wird sie mit dem Kopf voran allmählich verschlungen.
Fehlende Heideböden bedrohen die Reptilien
Das Festhalten, Würgen und Verschlingen der Beute kostet viel Energie. Deshalb setzt sich die Schlingnatter nach so viel Arbeit erst einmal zur Ruhe und verdaut ihr Opfer. Dabei können bis zu zwei Wochen vergehen. Zusätzlich weitere Wochen kann sie nach solch einem Festmahl hungern.
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Schlingnattern sind gut getarnte Schlangen. In Norddeutschland lieben sie die Böden der Geest, die sich im Sommer schnell aufwärmen. Deshalb sind Schlingnattern typische Bewohner der Heidelandschaft. Aber wo gibt es Böschungen und besonnte Flächen, in der diese Würgeschlange nach Insekten, Eidechsen oder Blindschleichen jagen kann? Diese Gebiete sind selten geworden – und somit gehört die Schlingnatter zu den bedrohten Reptilien.
Serie und Buch
Was kreucht und fleucht in der Region? Wolfgang Kurtze, Vorsitzender der Lions-Naturschutz-Stiftung, schreibt über Phänomene und Kuriositäten in der Natur. Das TAGEBLATT veröffentlicht die Artikel des promovierten Biologen in loser Reihenfolge. Die erfolgreiche TAGEBLATT-Serie „Phänomene der Natur“ rückt kurzweilig Wissenswertes aus der Natur in den Mittelpunkt. Der zweite, reich illustrierte Band von Wolfgang Kurtze ist für 19,90 Euro im Buchhandel erhältlich. Herausgeber ist die Lions Stiftung Stade zur Förderung des Natur- und Umweltschutzes.
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