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Jäger-Mangel

THier gibt es den Jagdschein für jedermann in nur zwei Wochen

Bernd Wülpern und Anja Dallmann betreiben zusammen die private Jagdschule „Jagdtalente“ in Meinstedt. Zwei Wochen dauert bei ihnen die Jagdausbildung.

Bernd Wülpern und Anja Dallmann betreiben zusammen die private Jagdschule „Jagdtalente“ in Meinstedt. Zwei Wochen dauert bei ihnen die Jagdausbildung. Foto: Jakob Brandt

Die Jägerprüfung hat es in sich. Doch private Jagdschulen wollen ihre Schüler in kürzester Zeit fit für die anspruchsvolle Prüfung machen. Ein Witz?

Von Jakob Brandt Sonntag, 03.12.2023, 08:40 Uhr

„Wir brauchen unbedingt mehr Jäger“, sagt Jagdausbilder Bernd Wülpern aus Sassenholz bei Zeven. Hecken anpflanzen, Wildäcker einsäen, Wegränder gestalten: Für solche Naturschutzmaßnahmen brauche es manch helfende Hand. Doch vielen Menschen fehlt die Zeit für eine zeitaufwendige Jagdausbildung. Bei Wülpern kann man den Jagdschein allerdings schon nach zwei Wochen machen. Seine Kompaktkurse sind schnell ausgebucht.

Zusammen mit Anja Dallmann betreibt Wülpern die private Jagdschule „Jagdtalente“ in Meinstedt. Seit fast drei Jahren gibt es sie. Zwei, manchmal auch drei Jagdkurse pro Jahr bietet sie an. Mehr wollen die Betreiber auch nicht. „Wir wollen keine Massen abfertigen, sondern die teilnehmenden Männer und Frauen in familiärer Atmosphäre auf die Jagdprüfung vorbereiten“, sagt Dallmann.

Jäger müssen gut schießen können. Bei der Jagdschule „Jagdtalente“ genießen sie ein intensives Training.

Jäger müssen gut schießen können. Bei der Jagdschule „Jagdtalente“ genießen sie ein intensives Training. Foto: Wülpern

Standardausbildung für Jäger ist ein neunmonatiger, von den Jägerschaften ausgerichteter und von den Landkreisen angebotener Lehrgang mit rund 200 Unterrichtsstunden, der mit der Jagdprüfung abschließt. Zweimal in der Woche abends oder am Wochenende raus zur Jagdausbildung: Viele berufstätige Menschen schaffen das heute nicht mehr. An sie wenden sich die Kompaktangebote privater Jagdschulen. Inhaltlich unterscheiden sich die Kurse von Jägerschaften und Jagdschulen nicht.

Auch Anja Dallmann hat nach traditioneller Ausbildung ihren Jagdschein gemacht. Sie hatte Bedenken, als Bernd Wülpern ihr von seinen Plänen mit der Jagdschule erzählte. „Ist es machbar, nach so kurzer Zeit die Jagdprüfung abzulegen?“, fragte sie sich. Als langjähriger, erfahrener Jagdausbilder wusste Wülpern, dass es möglich ist - wenn man es richtig macht. „Ich habe oft gesehen, dass das System funktioniert“, sagt der 55-Jährige.

Auf Praxis wird viel Wert gelegt

Kritiker befürchten, dass es den Absolventen von Kompaktkursen an Praxis mangelt. Bernd Wülpern widerspricht: „Wir sind eine praxisorientierte Jagdschule, die sehr viel Wert auf eine praxisbezogene Ausbildung legt.“ Diese Art des Lernens sei viel nachhaltiger, um die Jägerprüfung zu bestehen. Doch wie geht das in so kurzer Zeit?

Es ist die moderne Technik, die es möglich macht. Die theoretischen Grundlagen bringen sich die Jagdschüler mit einem Online-Lernsystem überwiegend selbst bei. Schon nach der Anmeldung für den Kurs können sie mit dem Lernen via Smartphone oder PC beginnen. Weil die Kursteilnehmer sich schon vorab intensiv mit Themen und Aufgaben beschäftigen, können sich die Jagdausbilder und Dozenten viel Zeit für die Praxis nehmen.

Der „Jagdtalente“-Kompaktkurs dauert zwei Wochen. Unterrichtet wird von morgens bis abends, von 9 bis 18.30 Uhr. Auch samstags und sonntags. In diesen zwei Wochen beschäftigen sich die Teilnehmer mit nichts anderem als der Jagd, erkunden die Natur, lernen schießen und die verschiedenen Waffen kennen. „Die Jagdschüler wachsen in dieser Zeit zu einer festen Gruppe zusammen“, hat Anja Dallmann beobachtet. „Sie sind dann eine richtige Einheit.“

Urlaub für den Jagdkurs

Für den Kompaktkurs nehmen sich die Jagdschüler in der Regel zwei Wochen Urlaub. „Durch nichts abgelenkt, dringen die Teilnehmer in dieser Zeit tief in die Materie ein“, sagt Anja Dallmann. Und die Ausbildung ist von Erfolg gekrönt. „Alle 16 Teilnehmer des letzten Kurses haben Prüfung, die die Jägerschaft Bremervörde abgenommen hat, bestanden“, freut sich die 52-Jährige.

Bestanden haben auch Holger Schröder und sein 16-jähriger Sohn Hanke Joost aus Fehrenbruch. Beide haben sich bewusst für einen Kompaktkurs entschieden. Ausschlaggebendes Argument: die Zeit. „Viele Abend- und Wochenendtermine wären mit meinem Beruf nicht zu vereinbaren gewesen“, sagt der 49-jährige Landwirt. „Für Selbstständige ist es schwierig, an einem Lehrgang der Jägerschaft teilzunehmen.“

Holger Schröder und sein Sohn Hanke Joost aus Fehrenbruch haben am Kompaktkurs der Jagdschule teilgenommen und die Jägerprüfung mit Erfolg bestanden.

Holger Schröder und sein Sohn Hanke Joost aus Fehrenbruch haben am Kompaktkurs der Jagdschule teilgenommen und die Jägerprüfung mit Erfolg bestanden. Foto: Brandt

Wülpern und Dallmann sehen ihre Jagdschule nicht als Konkurrenz zu den Lehrgängen der Jägerschaften. Vielmehr als Ergänzung. Jeder Interessierte könne sich aussuchen, welches System besser zu ihm und seinem Leben passe.

Die abschließende Prüfung ist dann wieder für alle gleich. Beim Schießen beispielsweise muss man fünf von 15 in den Himmel abgefeuerte Tontauben treffen und einen nachgebildeten Bock auf 100 Meter Entfernung erlegen. Auch gilt es, drei Jagdsignale zu erkennen.

Die schriftliche und praktische Prüfung haben es in sich. „Man muss mächtig büffeln, um sie zu bestehen“, sagt Anja Dallmann. „Selbst Akademiker rauschen da manchmal durch.“ Und dabei sei es egal, ob man das Waidwerk bei einer Jagdschule oder einer Jägerschaft gelernt habe. Und wie sagt Bernd Wülpern: Hauptsache, wir kriegen mehr Jäger.“

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