T„Ich schwitze wie ein Tier“: Großstadtrevier-Star wird zum 300-Kilo-Mann

Torsten Münchow schlüpft für die Theaterrolle in die Haut des schwerkranken Charlie. Foto: Dietrich Dettmann
Das prämierte Theaterstück „Der Wal“ kommt im Januar nach Buxtehude. Im TAGEBLATT-Interview erzählt Hauptdarsteller Torsten Münchow, wie er einen Oscar-Preisträger überraschte.
Buxtehude. Darum geht es in „Der Wal“:
Aus Scham für sein extremes Übergewicht fristet der Englischlehrer Charlie ein einsames Dasein als Online-Tutor für Schreibkurse. Nur Freundin Liz und ein mysteriöser Mormonenpriester dringen in seine Einsamkeit. Dem zwanghaften Essen verfiel er aus Trauer um seinen verstorbenen Partner, für den Charlie 15 Jahre zuvor seine Familie verlassen hatte. Als sein Körper ihn endgültig im Stich lässt, kontaktiert der verzweifelte Charlie seine Tochter Ellie und sucht Erlösung in einer späten Versöhnung mit der wütenden, unnahbaren Teenagerin.
Herr Münchow, wie fühlt es sich an, in die Haut eines 300 Kilogramm schweren Kranken zu schlüpfen?
Ich fühle mich in Maske und Kostüm eigentlich recht gut. Ich schwitze nur wie ein Tier. Darunter trage ich eine Art lange Unterwäsche, die ich später auswringen kann. Da kommen schon so zwei Liter zusammen. Ich muss gestehen: Es ist die bisher schwerste Theaterrolle meines Lebens.
Für Charlies Aussehen arbeiten Sie mit dem mehrfach Oscar-prämierten Maskenbildner Waldemar Pokromski aus Polen zusammen.
Waldemar hat sich mit seiner Arbeit für Steven Spielberg einen internationalen Namen gemacht und leistete fantastische Arbeit. Ich bin nur froh, dass ich nicht wie Brendan Fraser im Film eine Vollmaske tragen muss.
Bei der ersten Probe hatte ich im Kostüm direkt einen Blackout, inzwischen habe ich mich aber daran gewöhnt. Etwas gruselig ist es schon, denn Waldemars Assistentin Beata Rolkowska, die mich auf der Tournee begleitet, hat immer einen Kopfabguss von mir dabei.
Auf der Bühne sind Sie fast zweieinhalb Stunden im Kostüm zu sehen. Wie lange dauert es, sich in Charlie zu verwandeln und wie viel Zusatzgewicht müssen Sie dann tragen?
Wir haben inzwischen eine gute Routine gefunden, deshalb brauche ich etwa eine Stunde und zehn Minuten und danach nochmal 45 Minuten, um alles wieder auszuziehen. Alles zusammen wiegt etwa zehn Kilogramm, inklusive Schweiß.
Auch ihre Frau Izabela Głódź-Münchow ist Polin und an der Produktion beteiligt.
Genau, sie hat das Bühnenbild entworfen und ebenso die restlichen Kostüme. Sie hat auch den Kontakt zu Waldemar Pokromski hergestellt. Ich lebe mit ihr und ihren Kindern zusammen in Pommern. Dort habe ich meine Wurzeln, meine väterlichen Ahnen stammen von dort. Und meine Frau Izabela ist dort geboren, wo mein Vater geboren ist.
Ich bin also eine halbe Pommeranze (lacht). Außerdem engagiere ich mich schon seit zehn Jahren für die deutsch-polnische Beziehung. Ich bin quasi ein Brückenbauer und „Der Wal“ erhielt sogar eine Förderung der deutsch-polnischen Stiftung.
Charlie verließ seine Familie aus Liebe zu einem anderen Mann. Sie selbst haben auch drei Kinder. Was bringen Sie persönlich in diese Vaterrolle mit ein?
Ich bin einmal geschieden und lebe jetzt in zweiter Ehe. Damals nach der Scheidung konnte ich meine Kinder nur an den Wochenenden sehen, das war eine schwere Zeit. Diese Gefühle fließen in mein Spiel mit ein, und das bewegt mich schon sehr. Ich bin wie eine Art U-Boot, wenn ich in Charlies Seele eintauche. Ich muss dann nur wieder herausfinden.
Sie haben Charlie bereits im Film vertont, jetzt spielen Sie ihn aber auch selbst. Haben Sie sich von Brendan Frasers Darstellung inspirieren lassen?
Es gibt eine Szene, in der Charlie einen Schrei der Verzweiflung ausstößt. Bereits beim Synchronisieren habe ich mir hierfür einen Trick einfallen lassen: Sich beim Sprechen sehr heftig umarmen. Und ich war schließlich mal Schwergewichtsboxer. Das hilft mir jetzt auch, Charlie auf der Bühne zu spielen.
Seit über 30 Jahren leihen Sie Brendan Fraser in Filmen und Serien Ihre Stimme, auch in Darren Aronofskys Verfilmung „The Whale“. Bei der Deutschland-Premiere im April 2023 haben Sie Fraser dann erstmals persönlich kennengelernt.
Das war wirklich verrückt. Ich bin ihm vor der Fotowand am Kino International in Berlin begegnet und er hat sofort angefangen, mir Fragen zu stellen. Er war unglaublich freundlich und sagte: „You look like my brother from another mother“ (lacht). Wir haben uns dann minutenlang unterhalten und die Fotografen fast komplett vergessen. Wir haben beim Reden festgestellt, dass wir die gleiche Nase haben. Es war wie ein Treffen mit einem alten Klassenkameraden.

Bei der Deutschlandpremiere von „Der Wal“ traf Torsten Münchow (links) auf den US-Schauspieler Brendan Fraser, dem er seit vielen Jahren seine Stimme leiht.
Irgendwann kamen dann seine Bodyguards und haben ihn nach drinnen gelotst, weil der Film bald losgehen sollte. Als er im Kino dann nach seiner Rede versehentlich auf der falschen Bühnenseite herunterkam, habe ich ihn nochmal angesprochen und ihm den Bernsteinring meines Großvaters geschenkt. Er war echt gerührt.
Wieso ausgerechnet Bernstein?
Ich trage immer alten Familienschmuck aus Bernstein bei mir. Meiner Frau schenke ich auch eine Bernsteinhalskette. Bernstein ist etwas Besonderes für mich, vor allem weil man ihn nicht mehr so einfach wie früher am Strand finden kann. Izabela hat mir dann zur Theaterpremiere im Dezember einen geschnitzten Wal geschenkt. Der Pottwal war schon immer mein Lieblingstier.
Karten für das Theaterdrama „Der Wal“ am 17. Januar 2025 auf der Halepaghen-Bühne gibt es ab 17,50 Euro, ermäßigt ab 8,25 Euro unter www.buxtehude.de/spielplan, telefonisch unter 04161/ 501-2323 oder im Servicecenter Kultur & Tourismus, Breite Straße 2 in Buxtehude.

Torsten Münchow spielt in „Der Wal" die Hauptrolle des übergewichtigen und depressiven Englischlehrers Charlie. Foto: Andreas Baethe
Zur Person:
Torsten Münchow wurde am 15. Dezember 1965 in Berlin geboren und ist Theater- und Filmschauspieler (unter anderem „Großstadtrevier“, „Tatort“ ). Zudem arbeitet er seit über 30 Jahren als Synchronsprecher unter anderem für Schauspieler wie Brendan Fraser. Seine beiden Kinder Benjamin und Antonia Münchow sind ebenfalls als Schauspieler tätig.