TIhr fünftes Weihnachten: Gans beschäftigt Polizei und Harsefelder

Routinierte Rückreise: Seit sie auf einem Teich in Harsefeld bei wilden Enten lebt, ist Schlaubi schon mindestens zweimal zur Weihnachtszeit in den Ort gewatschelt. Ursprünglich war sie mal als Festtagsbraten gedacht. Foto: Schmidt-Eustermann
Als die Gans kurz vor Weihnachten in Harsefeld gesichtet wird, kommt die Polizei. Im Internet sorgt sie für Spekulationen. Das ist die wahre Geschichte von Schlaubi.
Harsefeld. Die schneeweiße Gans hat die Futterdose in den Händen von Nora Schmidt-Eustermann entdeckt. Von der anderen Seeseite her schwimmt sie los - schneller als der Rest, denn ihre Freunde sind viel kleiner: Es sind wilde Enten.
Seit die Gans vor rund fünf Jahren im Sommer bei einem Hofladenbesitzer ausgebüxt ist, lebt sie in einem Harsefelder Neubaugebiet. Damit ist sie die meiste Zeit des Jahres ganz zufrieden. Außer es wird Weihnachten.
Immer wieder ist die Gans in Harsefeld unterwegs
Schlaubi nennt die Harsefelder Tierfreundin Nora Schmidt-Eustermann die Gans, weil der Vogel so schlau war, dass er rechtzeitig vor dem Weihnachtsfest von seinem Aufzüchter wegwatschelte. Reiselustig ist Schlaubi offenbar bis heute. Immer wieder ist die Gans in Harsefeld unterwegs.

Schlaubi schwimmt zu Nora Schmidt-Eustermann. Die Harsefelderin hat die Gans, wie viele andere rund um die Teiche, in ihr Herz geschlossen. Foto: Fehlbus
Nora Schmidt-Eustermann hat sie schon mehrfach in ihre Wahlheimat zurückgebracht. Und auch in diesem Dezember hat die Harsefelderin Schlaubi zusammen mit einer Freundin aus der Ortsmitte geholt. Vorher hatte die auffallend weiße Gans die Polizei beschäftigt.
Polizei meldet auf Instagram Gänse-Sitzblockade
„Am Dienstagmorgen watschelte diese Gans auf der Griemshorster Straße in Harsefeld umher. Eine Anwohnerin lockte das Federvieh von der Fahrbahn und verständigte uns. Da das Tier offenbar keinen Besitzer hat, blieb uns nur die Erteilung eines Platzverweises - in Richtung eines nahen Bachs. Nach einer Sitzblockade und kurzer Diskussion kam die Gans unserer Aufforderung schließlich nach.“

Die Polizei erteilte der Gans in Harsefeld einen humorvollen Platzverweis und freute sich laut eigenem Instagram-Account, dass sie nach kurzer Diskussion und Sitzblockade der Aufforderung nachkam. Foto: Polizei Stade
Mit dieser Meldung veröffentlichte die Polizei Stade Bilder von Schlaubi vor einem Streifenwagen stehend, sitzend und schließlich schwimmend. Die Gans allerdings dürfte nach der Abfahrt der Polizei das Wasser wieder verlassen haben. Sie wurde danach erneut auf der Straße gesichtet.
Jährliche Ausflüge zur Gänsebraten-Hochsaison
„Ich bin am Rewe-Markt vorbeigekommen und habe sie zufällig entdeckt“, sagt Nora Schmidt-Eustermann. Sofort hielt sie an, um Schlaubi nach Hause zu bringen. Auch im vergangenen Jahr war die Gans kurz vor Weihnachten in der Ortsmitte unterwegs. „Langsam glaube ich, sie ist ein bisschen suizidgefährdet“, sagt Schmidt-Eustermann. Immerhin haben Gänsebraten derzeit Hochsaison.
Dass Schlaubi überhaupt bis an die Mittelstraße und den Rewe-Markt gekommen ist, bedeutet ein sportliches Programm für den Vogel. Domestizierte Hausgänse sind Weidetiere und quasi flugunfähig. Sie können dank ihrer kräftigen Beine täglich viele Kilometer laufen. Mindestens einen Fußgängertunnel hat sie watschelnd durchquert. Einen Teil des Wegs in Harsefeld dürfte Schlaubi aber auch auf Bächen geschwommen sein.
Gans an Bord: Verwirrte Blicke der anderen Autofahrer
In der Harsefelder Ortsmitte ist das Aufkommen von Autos und Fahrzeugen erheblich höher als in der Parkanlage, in der die Gans sonst lebt. Das machte den Ausflug im Dezember gefährlich und brachte die Retter auf den Plan.
Nora Schmidt-Eustermann und Freundin Ann-Katrin trieben die Gans auf eine kleine Grünfläche und fingen sie wieder ein. Auch eine Nachricht an die Polizei hinterließen sie: „Wir haben Schlaubi abgeholt und zurück zu ihren Entenfreunden gefahren.“
Schlaubi ließ sich problemlos mit ins Auto nehmen, hockte sich auf dem Beifahrersitz hin und schaute zum Fenster raus. „Die anderen Autofahrer haben ein bisschen seltsam geguckt“, sagt Nora Schmidt-Eustermann, „aber Schlaubi war komplett tiefenentspannt.“
Tiefenentspannte Gans bei der Autofahrt nach Hause
Die Gans wartete auf dem Schoß, bis das tierische Taxi sie zurück zum See brachte. Dort angekommen machte sie sich schnell mit den Enten auf den Weg zur Wassermitte. Die Freude über das Wiedersehen und das Geschnatter waren groß.
Schlaubi feiert jetzt ihr fünftes Weihnachten. Eigentlich sollte sie schon 2020 auf einem Tisch als Braten landen. Aber die Harsefelder Gans ist nicht nur damals aus dem Freigehege entkommen, sondern hat auch einen Weg gefunden, in der freien Natur zu überleben.
Dabei helfen ihr Menschen, die in ihrer Umgebung an sie denken und sie auch mal füttern. Und solange einige Harsefelder bereitwillig das Privatauto rausholen und sie wieder nach Hause bringen, dürften noch weitere Auflüge in die Einkaufszone folgen. Die Lebenserwartung einer solchen Gans beträgt 20 Jahre.