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Debatte

TJägerin aus Deinste fordert: „Wir brauchen ein gutes Wolfsmanagement“

Birte Schmetjen hat sich in New York für den Wald eingesetzt - und ist auch in Deinste aktiv.

Birte Schmetjen hat sich in New York für den Wald eingesetzt - und ist auch in Deinste aktiv. Foto: Laudien

Wolf und Wälder: Als Jägerin und Försterin ist die Deinsterin Birte Schmetjen Expertin in zwei aktuellen Debatten - und findet für beide klare Worte.

Von Susanne Laudien Dienstag, 04.11.2025, 09:50 Uhr

Deinste. Der Wald zeigt sich in diesen Herbsttagen in den schönsten Farben. Doch der Schein trügt. Das Land Niedersachsen hat jetzt den Waldzustandsbericht 2025 vorgestellt. Fazit: Der Zustand der Wälder in Niedersachsen bleibt angespannt.

Der Anteil fehlender Blätter oder Nadeln liegt mit 23 Prozent auf dem höchsten Stand seit Beginn der Messungen. 4,2 Prozent der Bäume gelten demnach als stark geschädigt. Für Birte Schmetjen nicht überraschend. Sie ist Försterin, Jägerin, Mitglied im Forstausschuss der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Vorstand der Forstbetriebsgemeinschaft Harsefeld & Elbe-Weser, zertifizierte Waldpädagogin und Ausbilderin sowie Coach für Achtsamkeitstraining.

Warum geht es dem Wald schlecht?

Die gebürtige Deinsterin hat den Wald mit allen Facetten und Problemen im Blick: „Eichen leiden unter der Trockenheit, in einigen Regionen ist auch die Kiefer betroffen. Laubbäume wie Buchen werden nachgepflanzt. Doch das reicht nicht, um die Klimabilanz zu retten.“ Laut Studien der Universität Freiburg setzt das Ökosystem zurzeit mehr CO2 frei, als es bindet.

Noch kann man den Wald vor lauter Bäumen sehen - doch das Baumsterben schreitet voran.

Noch kann man den Wald vor lauter Bäumen sehen - doch das Baumsterben schreitet voran. Foto: Laudien

„Wälder müssen nachhaltig bewirtschaftet werden. Und es muss achtsam und sensibel mit dem Rohstoff Holz umgegangen werden. Vor allem als CO2-Speicher brauchen wir den Wald. Wir haben in der Vergangenheit viel Mist gemacht“, sagt Schmetjen im Hinblick auf die Förderung fossiler Rohstoffe. „Wir zerstören sonst unser Ökosystem.“

Nach ihrem Studium der Forstwissenschaft wollte Birte Schmetjen in der Entwicklungshilfe die Welt retten. „Neben der erschreckenden Kinderarmut bekam ich in Afrika den Raubbau von Tropenholz mit und in Honduras den illegalen Holzeinschlag.“

Ihre berufliche Mission für den Wald führte sie nach Brüssel. „Ich machte Lobby-Arbeit für Familienwälder in ganz Europa und war oft in New York, um bei den Vereinten Nationen (UN) die Stimme der kleinen Waldbesitzer zu vertreten.“ Private Waldbesitzer sorgen für ihren Wald, weiß sie seit dieser Zeit.

Was bewirken Forst und Jagd für den Wald?

Die Forstwirtschaft ist eng mit der Jagd verbunden, die verhindert, dass zu viel Wild die jungen Bäume schädigt. Birte Schmetjen ist in einer alteingesessenen Familie in Deinste aufgewachsen, Vater, Großvater und Onkel sind alle Jäger und Landwirte. „Mit vier Jahren habe ich meine erste Naturschutzbande gegründet“, erzählt die 48-Jährige. Mit 16 machte sie ihren Jagdschein, als eine von vier Frauen unter 30 Teilnehmern.

Warum geht sie auf die Jagd? „Ich sehe in der Jagd die Notwendigkeit zur Regulation und Fleischgewinnung.“ Schmetjen jagt Rehe, Damwild und Hasen, ernährt sich von dem Fleisch der Tiere und isst ansonsten nur fleischlose Kost.

Pro und Kontra zum Wolfsriss

Als Försterin und Jägerin verfolgt die Deinsterin die Wolfsdiskussion und ist jetzt auch persönlich betroffen durch den Vorfall mit einem Rudel von fünf Wölfen in Fredenbeck. Wie berichtet wurde hier erstmals ein Pferd im Landkreis Stade von einem Wolf gerissen. In dem Pferdestall in Fredenbeck hat eine ihrer beiden Töchter eine Reitbeteiligung.

„Ich kann die Nutztierhalter verstehen, die Angst um ihre Tiere haben. Andererseits ist es gut, dass es den Wolf gibt und er nicht ausgestorben ist.“ Eine Regulierung sei dringend notwendig. „Der Wolf in Europa gehört mit in das Ökosystem und wir brauchen ein gutes Wolfsmanagement“, sagt Schmetjen. Positive Beispiele kenne sie aus Finnland, wo es genaue Abschussraten für den Wolf gäbe.

Warum ist der Wald so wichtig?

Früher hat sich die Deinsterin in ihrer politischen Arbeit für den Wald eingesetzt. Inzwischen konzentriert sie sich als Waldpädagogin auf die Bildungsarbeit. 2020 gründete sie die Waldwohl-Akademie, etwa mit Fortbildungen zum Waldwohl-Trainer. Vergangenes Jahr folgte ihr Quellenhaus in Deinste für Coachings mit Achtsamkeitstraining, etwa von Führungskräften und Mitarbeitern.

Naherholung: Der Schrankenwald hinter der Deinster Mühle gehört zu den ältesten Wäldern in der Region.

Naherholung: Der Schrankenwald hinter der Deinster Mühle gehört zu den ältesten Wäldern in der Region. Foto: Laudien

Mit den Teilnehmern geht sie in den Schrankenwald bei der Deinster Mühle, einer der ältesten Wälder der Region, wo sie im Quellenhaus ihr Büro und Schulungsräume hat, oder streift mit ihnen durch den Rüstjer Forst.

„Die Menschen bekommen zu spüren, warum der Wald so wichtig für sie ist. Denn wir sind mittlerweile vom Wald entkoppelt“, sagt Schmetjen. Sie sieht dadurch gravierende Nachteile für die Gesundheit: „Wir sitzen uns krank, können nicht mehr richtig entspannen, unsere Finger berühren nur noch Tastaturen.“ Bekannt geworden als Waldbaden, wurde das Bewusstseinstraining in der Natur anfangs als esoterische Praxis belächelt und mit „Bäume umarmen“ abgetan. Inzwischen sind die positiven Effekte wissenschaftlich belegt.

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