TKiloweise Koks, Cannabis und Gewalt: Stader Gericht verurteilt Drogenhändler

Über 1,8 Kilogramm Kokain (Symbolfoto) und gut 30 Kilogramm Cannabis mit einem Straßenverkaufswert von 588.000 Euro hat ein Drogenhändler aus Bremervörde über Dealer an Konsumenten verkauft. Foto: Christian Charisius/dpa
Das Landgericht Stade hat einen Bremervörder wegen Drogenhandels und Körperverletzung zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt. Ein Mitangeklagter kam glimpflicher davon.
Stade. Seit Dezember hatte die 4. Große Strafkammer am Landgericht Stade unter Vorsitz von Richterin Reinecker gegen die beiden Angeklagten aus Bremervörde verhandelt.
Drogenlieferant droht Dealer mit Gewalt
Ihre Taten stehen in Verbindung zum Überfall auf einen Drogendealer im Sommer 2023 in der Ostestadt. Damals war ein 30-Jähriger auf einem Parkplatz an der Ludwig-Jahn-Straße mit einem Baseballschläger angegriffen und ausgeraubt worden.
Der Täter konnte nie zweifelsfrei ermittelt werden, doch im Laufe der Ermittlungen kam Licht ins Dunkel der Hintergründe. Das war auch dem Umstand zu verdanken, dass das Überfallopfer, das heute unter Zeugenschutz lebt, später mit den Behörden zusammenarbeitete, weil er Angst vor seinem „Lieferanten“ hatte. Dieser war wohl unzufrieden mit den Umsätzen des Dealers, hatte laut Anklage gedroht, ihn „so zusammenzuschlagen, dass Deine Mutter Dich nicht wiedererkennt“.
„Wird knallen“
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Beim „Lieferanten“ handelt es sich um den jetzigen Hauptangeklagten. Der 27-Jährige wohnte zum Zeitpunkt der Taten in Bremervörde. Der türkische Staatsangehörige hat neun Geschwister und ist Mitglied einer Großfamilie aus der Gemeinde Gnarrenburg. Er ist ungelernt und laut Gericht noch nie einem Beruf nachgegangen.
Polizei überwachte Telefone und durchsuchte Wohnungen
Der Mann saß seit Juni 2024 nach Hausdurchsuchungen und Telefonüberwachungen in Untersuchungshaft. Das Gericht verurteilte ihn am Montag wegen mehrerer Tatvorwürfe. Darunter waren bewaffneter Handel mit Cannabis und mit Betäubungsmitteln (Kokain) in nicht geringen Mengen sowie zweifache Körperverletzung, in einem Fall in Tateinheit mit Bedrohung.
Das Gericht fasste die einzelnen Verurteilungen gegen den geständigen 27-Jährigen zu einer Gesamtstrafe zusammen. Zu dieser gehört neben der Freiheitsstrafe, dass der ehemalige Hauptschüler 588.000 Euro aus dem Verkauf der Drogen als Strafe zahlen muss. Sein VW Golf VII GTI, dessen GPS-Daten die Strafverfolgungsbehörden im Rahmen der Ermittlungen ausgewertet hatten, wurde eingezogen.
Schicksalsgeschichte
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Den 44-jährigen Mitangeklagten aus Bremervörde, der nach dessen Ausstieg im Februar 2024 den Drogenverkauf von dem 2023 überfallenen Dealer übernommen hatte, verurteilten die Richter zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Dabei rechnete das Gericht dem in Substitution (Methadon) lebenden Drogenabhängigen positiv an, dass er mit seinem umfassenden Geständnis maßgeblich zur Aufklärung der Taten beigetragen habe.
Wie bereits im Dezember berichtet, hatte der 27-jährige Hauptangeklagte zwischen April 2022 und Juni 2024 in großen Mengen Cannabis und Kokain bei bislang unbekannten Quellen in Hamburg und Bremen erworben. Den Verkauf an einen laut Ermittlungen etwa 150 Personen umfassenden Kundenstamm im Raum Bremervörde hatte der türkische Staatsangehörige delegiert.
Unter Auflagen: Verurteilter bis Haftantritt auf freiem Fuß
Zu diesem Zweck stellte er seinen Dealern Handy und wechselnde SIM-Karten mit Telefonnummern von Kunden zur Verfügung. Auch die Kommunikation zwischen Lieferant und den beiden Dealern lief über die SIM-Karten. Mehrfach pro Woche versorgte er sie mit Drogen zum Weiterverkauf. Laut Anklage wurden im Tatzeitraum insgesamt 30,2 Kilogramm Cannabis und 1,82 Kilogramm Kokain an Konsumenten verkauft.
Bei den Durchsuchungen im vergangenen Juni hatte die Polizei beim Hauptangeklagten neben kleineren Mengen Drogen unter anderem eine geladene Schreckschusspistole, zwei Baseballschläger, Pfefferspray und eine Sturmhaube sichergestellt. Vom Erlös aus dem Drogenverkauf soll bis heute weitgehend jede Spur fehlen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Bis Montag können die Angeklagten Revision beantragen. Das aber erscheint angesichts der Geständnisse eher unwahrscheinlich. Der 27-Jährige darf bis zum Haftantritt auf freiem Fuß bleiben. Das Gericht setzte den Haftbefehl unter folgenden Auflagen außer Kraft: Der Mann muss 10.000 Euro hinterlegen und seinen Reisepass abgeben. Zudem muss er bei seinen Eltern in der Gemeinde Gnarrenburg wohnen und sich dreimal pro Woche auf dem Polizeikommissariat in Bremervörde melden.