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Schauspiel

TKirche und Missbrauch: Dieses Theater gibt Betroffenen in Buxtehude eine Stimme

Dokumentarische und literarische Texte wurden zu dem Stück über Missbrauch in der Kirche verwebt.

Dokumentarische und literarische Texte wurden zu dem Stück über Missbrauch in der Kirche verwebt. Foto: Jochen Quast

Wenn Kirche zur Hölle wird: Das Thema Missbrauch in der Kirche sorgt in Deutschland immer wieder für Schlagzeilen. Doch in nicht wenigen Fällen schweigen die Beteiligten. Die Buxtehuder Bühne verschafft Opfern jetzt auf besondere Weise Gehör.

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Von Fenna Weselmann
Sonntag, 07.04.2024, 13:20 Uhr

Buxtehude. Im Jahr 2010 wurde erstmals eine größere Zahl von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche in Deutschland bekannt. Es folgten ein Aufschrei der Öffentlichkeit, das Lauterwerden Betroffener in allen deutschen Bistümern und immer wieder Kritik am Umgang der katholischen Kirche mit den Opfern und ihrer fragwürdigen Haltung bei der Aufarbeitung. Das Theater für Niedersachsen beleuchtet das Thema auf neue Weise und gastiert am Mittwoch, 10. April, um 19 Uhr mit „Der Weg zur Hölle ist mit guten Absichten gepflastert“ auf der Buxtehuder Halepaghen-Bühne.

Erschreckender und berührender Theaterabend

Immer wieder treten weitere Fälle zutage. Dabei betrifft es längst nicht nur Katholiken. Das zeigt die aktuelle Studie der Evangelischen Kirche Deutschland. Und - so wie bei sexuellem Missbrauch im Allgemeinen - sind die bekannten Fälle auch hier nur die Spitze des Eisbergs. Wie konnte es so weit kommen? Welche Rolle spielt Vertuschung? Was macht all das mit der Glaubwürdigkeit der Kirche als Institution? Welche Rolle spielen die Opfer im öffentlichen Diskurs? Zusammen mit Studierenden der Universität Hildesheim ist Regisseurin Ayla Yeginer auf die Suche nach Antworten gegangen.

In monatelanger Recherche wurden Unmengen an Material gesichtet und zahlreiche Interviews geführt - mit Betroffenen, Betroffenen-Initiativen und Vertretern der Kirche. Die Ergebnisse bilden die Grundlage der Texte und Szenen, die zu dem zeitgenössischen Theaterstück verarbeitet wurden. Entstanden ist ein erschreckender und berührender, im besten Sinne intensiver Theaterabend, der sich als Teil des öffentlichen Diskurses über körperliche, seelische und sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen begreift. In teils schmerzhaft expliziten Worten verschafft das Ensemble den Stimmen der Opfer Gehör, die seit Jahren für ihr Recht kämpfen, gehört und entschädigt zu werden.

Mehr Wirkmacht als Ideologie von der Kanzel

Zum Projektteam gehört auch der 1951 geborene Sozialpädagoge Karl Haucke. Er selbst war körperlicher, sexualisierter und spiritueller Gewalt in einem katholischen Ordensinternat ausgesetzt und ist in verschiedenen Betroffenen-Initiativen aktiv. Im Programmheft zum Stück erzählt er von seiner Motivation, das Thema auf die Bühne zu bringen. „Theater erreicht mehr Menschen und kann Menschen anders emotional in eine Empathie für die Lebensgeschichte Betroffener hineinziehen - und eine solche Empathie brauchen wir, um zu verstehen, wie groß die gesellschaftliche Aufgabe ist, Kinder vor sexueller Gewalt zu schützen“, sagt er.

Das habe mehr Wirkmacht als sein Gespräch mit Kardinälen, Generalvikaren oder anderen, im System Kirche verfangenen Personen. Wenn ein Ensemble mit Sachkenntnis, Leidenschaft und Ausdruckskraft von seinen Begegnungen mit Betroffenen spreche, berühre das andere Sinne im Menschen als Ideologie von der Kanzel. Haucke möchte, „dass die Gesellschaft aufwacht, dass die Menschen die Kinder im Blick haben und ihnen zuhören“. Sein Appell: „Schiebt eure Verantwortung nicht weg. Schaut hin, hört zu.“

Tickets kosten zwischen 17,50 und 29,50 Euro (ermäßigt zwischen 8,25 und 13,25 Euro), sie gibt es unter www.buxtehude.de/tickets, Telefon 04161/ 501-2323 oder im Servicecenter Kultur & Tourismus, Breite Straße 2.

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