TKrebs-Tod der Tochter: Wie diese Buxtehuderin ihre Trauer bewältigt

Klappmaulpuppe Clothilde erinnert Helga Peters an das fröhliche Gemüt, das ihre verstorbene Tochter sich bei allem Kampf gegen den Krebs bis zuletzt bewahrt hatte. Foto: Weselmann
Erst der Mann und dann die Tochter: Zwei geliebte Menschen hat Helga Peters verloren, die an Krebs erkrankt waren. Sie nutzt ihre Erfahrungen, um andere Betroffene zu unterstützen.
Buxtehude. Mit gerade mal 50 Jahren machte der Krebs Helga Peters zur Witwe und die drei damals jugendlichen Kinder zu Halbwaisen. Fünf Jahre lang hatte ihr Mann Sönke gegen seine Krebskrankheit gekämpft, bevor er 2001 im Kreis der Familie die Augen schloss. Schon damals ging die Buxtehuderin offen mit ihrer Trauer um, teilte ihre Gedanken im Umgang mit dem Verlust im Gemeindebrief und im TAGEBLATT.
Helga Peters ist weiter engagiert und aktiv
Bei diesem Schicksalsschlag blieb es nicht. 15 Jahre später ging es für Helga Peters und ihre Familie mit dem Hoffen, Bangen und Abschiednehmen von vorne los. Tochter Wienke erkrankte ebenfalls und erlag dem Krebs schließlich mit jungen 34 Jahren. Vier Jahre ist das nun her. Helga Peters hat sich auch diesmal nicht zurückzogen und ist die lebensbejahende und vielfach in der Stadt engagierte Frau geblieben.
Sie macht Platt gesellschaftsfähig
Über die Tochter entstand der Kontakt zur Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs, wo auch sie sich Hilfe holte. Deren Unterstützung war Wienke eine Herzensangelegenheit und durch den Hinweis in der Traueranzeige kamen mehr als 10.000 Euro zusammen. Der persönliche Dankesbrief vom Stiftungsinitiator und langjährigen Kuratoriumsvorsitzenden, Professor Matthias Freund, ließ bei Helga Peters und ihrem Mann Heinz-Lothar Penner die Idee aufkommen, sich hier einbringen zu können.
Die Buxtehuderin hat eine Aufgabe zu erfüllen
Ihrem Impuls ist es zu verdanken, dass die Stiftung jetzt einen angegliederten Freundeskreis als zusätzliches Forum für Angehörige hat. „Ich möchte die Stiftung einfach bekannter machen. Aus unserem Umfeld wissen wir, dass viele Betroffene nichts von deren Hilfsangeboten wissen“, sagt Helga Peters. Sie sieht es als eine Art Auftrag im Sinne ihrer Tochter. „Wienke ist nicht umsonst gestorben. Sie hat viele Leute bewegt und ihr Tod hat viel bewegt.“

In der Kürze ihrer Zeit hat Tochter Wienke so viel Liebe und Farbe ins Leben ihrer Mitmenschen gebracht. Foto: Privat
Es sei ähnlich wie mit ihrem anderen Engagement, zum Beispiel für Nettwark Platt im Heimat- und Geschichtsverein. „Wenn ich irgendwo gelandet bin, dann habe ich dort eine Aufgabe zu erfüllen“, sagt die Buxtehuderin. „So schmerzlich der Abschied gewesen ist, es war auch eine reiche Zeit. In ihrem Sterben habe ich von Wienke noch ganz viel gelernt. Und mein Gefühl sagt mir, dass ich diese Erfahrungen weitergeben könnte.“
Helga Peters und Heinz-Lothar Penner haben diesmal auch das Jahrestreffen des Freundeskreises ausgerichtet und nach Buxtehude eingeladen. Unterstützt wurden die beiden von Fabian Stackmann, der den Freundeskreis inmitten des Steampunk-Festival-Trubels bei sich im Ernst Restaurant empfing.
„Das ist meine Art der Trauerbewältigung“
Verkriechen oder schweigen - das ist für Helga Peters kein Mittel, mit dem Verlust umzugehen. „Mir tut es gut, darüber zu reden und aktiv zu sein. Das ist meine Art der Trauerbewältigung.“ Damals wie heute schmerzt sie das Verhalten von Mitmenschen - die allzu oft erlebte Scheu, ihr zu begegnen, wo es doch einfach nur eine kleine Geste des Nähezeigens gebraucht hätte. Und so gibt es manche Freunde, die heute keine mehr sind.

Zuletzt wohnte Wienke am Buxtehuder Hafen - ein Ort, an dem Helga Peters und ihr Mann Heinz-Lothar Penner sich ihr nahe fühlen. Foto: Weselmann
„Bei Sönke habe ich noch mehr Verständnis gehabt. Nach Wienkes Tod habe ich das eher nicht können“, sagt sie klar heraus und blickt gleichzeitig voll Dankbarkeit zurück, „denn viele Freunde und besonders auch ein Teil von Wienkes Freunden standen und stehen uns zur Seite.“ Zu denen hält die 74-Jährige weiter guten Kontakt. „Mit ihnen zusammen zu sein, gibt mir ganz viel“, erklärt sie. „Da hören wir manchmal Schoten von Wienke, die wir noch gar nicht wussten“, ergänzt Heinz-Lothar Penner, der Wienke ebenso sehr nahe stand.
Tochter Wienke hat einen großen Schatz hinterlassen
In welchen Momenten Helga Peters die Tochter besonders vermisst? „Jeden Tag und immer. In die Kürze ihrer Zeit hat Wienke so viel hineingelegt. Sie hat unser Leben mit Liebe und Farbe geflutet und uns so einen großen Schatz hinterlassen.“

Mit ihren „Clothi“-Videos sorgte Wienke oft für Heiterkeit - und nun nimmt Helga Peters den Rotschopf immer mit auf Reisen. Foto: Heinz-Lothar Penner
Ein Beispiel ist Clothilde. Die Klappmaulpuppe, die Wienke ihrer Mutter schenkte und jetzt mit ihr überall hin reist, erinnert Helga Peters an das fröhliche Gemüt ihrer verstorbenen Tochter. Das bewahrte sie sich bei allem Kampf gegen den Krebs bis zuletzt.
Der Verlust bleibt schwer. Bei der Frage nach der Angst, noch ein Familienmitglied an den Krebs zu verlieren, kommen Helga Peters die Tränen. Die Sorge um die beiden älteren Söhne Menke und Garlef ist ihr ständiger Begleiter.
Die Stiftung und ihr Freundeskreis
Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 16.500 junge Menschen im Alter zwischen 18 und 39 Jahren an Krebs. Die gemeinnützige Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs bietet Betroffenen Information, Beratung und Vernetzung, um sie in dieser herausfordernden Zeit zu unterstützen. Gegründet 2014 von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. und maßgeblich durch Spenden finanziert, fördert sie Forschung, Versorgung und Aufklärung zur Verbesserung von Therapiechancen, Lebensqualität und Zukunftsperspektiven. Im Fokus stehen auch Themen wie Familienplanung, Ausbildung und soziale Absicherung. Ihre Projekte entstehen in enger Zusammenarbeit mit jungen Betroffenen, Fachärzten und weiteren Experten und leisten direkte und kompetente Hilfe im Alltag mit der Erkrankung.
Doch nicht nur die Erkrankten selbst benötigen Unterstützung. Deren Familien sind oft in ähnlicher Weise betroffen. Deshalb hat die Stiftung im Oktober 2022 ihren Freundeskreis initiiert. Deren Mitglieder sind aktuell vor allem Angehörige und Freunde von jungen Krebspatienten, sowie ehemalige Betroffene und weitere Engagierte, die sich für das Thema „Jung & Krebs“ einsetzen wollen. Sie eint der Wunsch nach einer höheren Sichtbarkeit der Stiftungsarbeit und des Themas „Jung & Krebs“ generell.