TKriegsende vor 80 Jahren: Streit ums Gedenken in der Stadt Stade

Der Garnisonsfriedhof in Stade ist regelmäßig Schauplatz von Gedenkfeiern. Die nächste soll hier am 24. April stattfinden. Foto: Landkreis/Schmidt
Wann und wie soll die Stadt Stade an das Ende des Zweiten Weltkriegs erinnern? Zu dieser Frage hat sich ein Disput zwischen der Stadtverwaltung und dem Hobbyforscher Michael Quelle entwickelt.
Stade. Michael Quelle, Mitglied der Partei Die Linke, hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht als Hobbyforscher zur nationalsozialistischen Vergangenheit in und um Stade. Während der jüngsten Ratssitzung hatte er gleich mehrere Fragen und Anmerkungen an die Stadtverwaltung zum Umgang mit dem Kriegsende vor 80 Jahren.
Antrag von SPD und Linke fand keine Mehrheit
SPD und Linke hatten 2024 angeregt, dass die Stadt durch Kranzniederlegungen offiziell an NS-Opfer erinnern solle. Die Stadt hatte keine Veranlassung gesehen und auf Initiativen von Schulen und Zivilgesellschaft verwiesen. Die Vorbereitungen zu solchen Veranstaltungen bänden personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcen und sprächen schlimmstenfalls nur kleine Personengruppen an. So zitiert Quelle die Stadt.
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So habe es in Stade auch keinen Akt zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar gegeben, wenn in Deutschland der „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ stattfindet, moniert Quelle. Er favorisiert, dass die Stadt zum 80. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai oder zum Tag der Befreiung vom NS-Regime in Stade durch englische Truppen am 1. Mai eine Gedenkveranstaltung organisiert. Doch die Stadt hat andere Pläne.
Stadt gedenkt der Opfer von zwei Bombenangriffen
Sie wird zum einen am 24. April den 80. Jahrestag der Luftangriffe durch alliierte Kräfte auf die Stadt begehen. Damals, kurz vor Kriegsende, forderten zwei Luftangriffe am 9. und 24. April in Stade 67 Todesopfer. Auf Nachfrage von Quelle musste Bürgermeister Sönke Hartlef (CDU) einräumen, dass es für dieses Datum keinen Ratsbeschluss gab oder politische Gremien eingebunden waren. Der Termin an diesem Donnerstag von 17 Uhr an findet auf dem Garnisonsfriedhof an der Albert-Schweitzer-Straße statt. Der Bürgermeister lädt gemeinsam mit dem Volksbund zu dieser Gedenkveranstaltung ein. Vorsitzender des Volksbunds ist Landrat Kai Seefried (CDU).
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An diesem Tag werden Hartlef und Seefried sprechen. Schülerinnen und Schüler der Stader Jobelmannschule (BBS I) berichten über Tod und Trauer aus der Sicht von Zeitzeugen. Musik, eine Schweigeminute und ein Gebet sind geplant. Die Schüler zünden Kerzen an. Sie werden wie auch Gedenksteinchen niedergelegt.
Arbeit über die NS-Zeit in Stade wird veröffentlicht
Zudem plant die Stadt eine zentrale Veranstaltung zum Kriegsende und zur Nazi-Zeit in Stade für den 2. Mai. Dann soll auch die Dissertation der Historikerin Anne Lena Meyer veröffentlicht werden, die über drei Jahre zum Thema „Der Nationalsozialismus und seine Folgen in der Hansestadt Stade“ geforscht hat. Unterstützt wurde das Projekt von Kreissparkasse, Lions-Club, Tageblatt, Stadtwerken, Volksbank und Wohnstätte. Ausgangspunkt für die Dissertation war die Diskussion über eine mögliche Umbenennung der Ostmarkstraße in Stade.
Am 2. Mai 1945 richteten sich die Offiziere der britischen Truppen im Regierungsgebäude und im Rathaus der Stadt ein, so Bürgermeister Hartlef unter Berufung auf Stadtarchivarin Dr. Christne Deggim. Damit übernahmen sie die Verwaltungshoheit und –verantwortung der Stadt, und damit endete der Krieg in Stade.