TKritik am „Tatort“ aus dem Alten Land: Der NDR wehrt sich
Tatort-Kommissarin Charlotte Lindholm (rechts) ermittelt im Obsthof während der Apfelernte. Foto: Collage/NDR/Christine Schroeder
Es war das Thema der Woche, nicht nur im Alten Land: der „Tatort“ am vergangenen Sonntag. Die Kritik im TAGEBLATT rief den NDR auf den Plan - mit einer interessanten E-Mail.
Stade. Altländer Äpfel waren diese Woche in aller Munde - geschmeckt haben sie aber nicht jedem. Das zeigen die tiefen Kommentargräben im Internet. Selten hat das TAGEBLATT so viele Reaktionen erhalten wie auf die „Tatort“-Folge „Letzte Ernte“. Und wohl noch nie waren so viele davon so kritisch - vorsichtig formuliert.
Für die Redaktion war „Letzte Ernte“ ein Heimspiel. Na ja, fast: Der antiquierte Bio-Bauernhof steht nicht im Alten Land, sondern in Allermöhe. Merkt ja im Fernsehen keiner - orts- und geschichtskundige Menschen hier vor Ort allerdings schon. Genau deren Kommentare im Internet durchforsteten wir am Dienstagvormittag, als um 11.09 Uhr eine E-Mail von der NDR-Pressestelle einging. Wohlgemerkt: unaufgefordert.
Lehrer Lämpels Zeigefinger
Die Betreffzeile lautete: „Hinweis zu Ihrer Berichterstattung über Tatort: Letzte Ernte“. Wie ein erhobener Zeigefinger, mit dem Charisma eines Lehrers Lämpel gegen die Lausbuben vom TAGEBLATT. Doch worauf eigentlich hinweisen?
„Wir haben Ihre Berichterstattung im Stader Tageblatt über den ‚Tatort: Letzte Ernte‘ gesehen und möchte Sie auf die Sichtweise des NDR hinweisen.“ Anschließend folgen en détail die Charakteristika des „Tatort“ als „eine fiktionale Krimireihe, die gesellschaftlich relevante und teils kontrovers diskutierte Themen aufgreift“.

Unfall oder Mord? Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) ermittelt mit dem dösigen Dorfpolizisten Olaf Gehrke (Ole Fischer) auf einem Bio-Apfelhof im Alten Land, der aber in Allermöhe liegt. Foto: NDR/Christine Schroeder
Fiktion ist keine Realität, das ist unbestritten. Trotzdem fragen immer wieder Touristen im Jorker Rathaus nach Bürgermeisterin Schulze, seitdem „Neuer Wind im Alten Land“ im ZDF lief.
Fühlte sich der NDR genötigt, Kritiker zu belehren?
Die wechselnde Schriftgröße im Text der Mail verrät: Hier wurde kopiert, eingefügt und abgesendet. Offenbar gab es neben dem TAGEBLATT noch mehr Lausbuben im Medien-Äther, die Hinweis-Post vom NDR bekamen.
Ungewöhnlich liest sich der Zwölf-Punkte-Katalog im weiteren Mail-Verlauf, in dem das Presseteam Beiträge, Dokumentationen und Podcasts rund um das Thema Landwirtschaft kuratiert hat. „Der NDR berichtet darüber in seinem Programm auf vielfältige Art und Weise“, heißt es dazu.
Fühlte sich der NDR etwa genötigt, diese Copy-Paste-Rechtfertigung proaktiv an alle Kritiker zu verschicken? Die nachrichtliche Qualität des NDR stand ja nie zur Debatte - die dramaturgische dagegen sehr wohl.
Unsere Ernte von „Letzte Ernte“ fiel übrigens üppig aus: Der erste von mehreren Artikeln dazu war in dieser Woche der meistgelesene bei TAGEBLATT Online.
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