TKunde rutscht aus: Sturz im Supermarkt landet vor dem Stader Amtsgericht

Olaf Wunder verletzte sich bei einem Sturz im Supermarkt. Foto: Felsch
Ein Kunde stürzt im Supermarkt und verletzt sich. Warum die Schuldfrage nicht immer eindeutig ist und was die Verbraucherzentrale Niedersachsen Kunden rät.
Stade. Olaf Wunder ging am 29. April 2024, gegen 7.30 Uhr, in einen Supermarkt in Steinkirchen und rutschte plötzlich auf dem Fußboden aus. Im Rahmen eines Termins am Stader Amtsgericht erzählt er seine Version von dem Vorfall.
Schnittwunden, Prellungen und Bruch nach Supermarkt-Sturz
Demnach fiel er auf den Rücken und konnte nicht mehr allein aufstehen. „Es war wie auf Schmiere“, so seine Einschätzung. Mehrere Mitarbeiter kamen angelaufen und halfen ihm auf, erinnert sich der 60-Jährige. Die Flaschen in seinem Einkaufskorb waren bei dem Sturz zerbrochen und hatten ihm Schnittwunden an Armen und Händen zugefügt. Im ersten Schock habe er nur registriert, dass er blutete, erklärte der Journalist. Er habe einen Arzt aufgesucht, um die Wunden versorgen zu lassen und um eventuelle Splitter entfernen zu lassen.
Wie sich herausstellte, hatte er sich zusätzlich einen Lendenwirbel-Bruch sowie Prellungen an der Wirbelsäule und am rechten Arm zugezogen. Die Folge: Krankschreibung über mehrere Wochen. Sechs Wochen durfte er nicht mehr als fünf Kilo heben, dazu kamen monatelange schwere Bewegungseinschränkungen, starke Rückenschmerzen, die nur mit starken Schmerzmitteln auszuhalten waren und Verzicht auf Sport - sein Hobby Badminton musste er gänzlich einstellen. Ein halbes Jahr nach dem Unfall konnte der Journalist immer noch nicht mit der ärztlich empfohlenen Krankengymnastik beginnen, da die Wirbelsäulenfraktur noch nicht ausgeheilt war.
3000 Euro Schmerzensgeld gefordert
Die Versicherung des Supermarkts lehnte, nach seinen Aussagen, jegliche Verantwortung ab und verwies an die Reinigungsfirma, die den Fußboden am Morgen gewischt hatte. Da sich die Gegenseite angeblich weigerte, trotz wiederholter Aufforderung, den Schaden anzuerkennen, reichte Anwältin Dr. Christiane Yüksel im September vergangenen Jahres die Klage auf 3000 Euro Schmerzensgeld beim Amtsgericht Stade ein. Bei der Güteverhandlung im Juli sollte geklärt werden, ob der Supermarkt seine Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt hatte. Um das festzustellen und die gesundheitlichen Schäden einzustufen, wären Sachverständigengutachter erforderlich, so das Gericht.
Vergleich geschlossen
Doch dazu kam es nicht, denn der Kläger erklärte sich bereit, für die Summe von 2200 Euro die Sache zu beenden. Auch, weil er keine Rechtsschutzversicherung habe und ihn das alles nervlich belaste. So kam es zum Vergleich.
Laut seiner Anwältin müsse ein Kunde sich nicht mit erhöhter Vorsicht im Supermarkt bewegen. Da ihr Mandant Wanderschuhe trug, könne es auch nicht an „falschen“ Schuhen gelegen haben. Ein Fehlverhalten oder eine Mitschuld sieht sie bei ihrem Mandanten nicht, dennoch wolle man einen langen Rechtsstreit vermeiden.
Die Anwältin des Unternehmens sagte, dass sie das Angebot von 2200 Euro ihrem Mandanten unterbreiten werde. Ein Widerruf ist bis zum 7. August möglich.
Wer haftet bei einem Sturz?
Wie Juristen anhand von Beispielen erklären, ist die Sache mit der Haftung nicht so einfach. Der Kunde hat nicht generell, sondern nur unter bestimmten Bedingungen, Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadenersatz. Geklärt werden muss im Einzelfall, ob der Betreiber Pflichten verletzt hat, aber auch welche Vorkehrungen angemessen und notwendig sind, um die Sicherheit zu gewährleisten und Unfälle zu verhindern. Genauso gilt, dass der Betreiber nicht stets überall kontrollieren kann und der Kunde den Sturz auch selbst (mit-)verschuldet haben kann, wodurch sich seine Ansprüche verringern oder gar entfallen.
Supermarkt muss für Sicherheit sorgen
Grundsätzlich muss ein Supermarkt gefahrloses Einkaufen sicherstellen. Laut Bundesgerichtshof werden bereits bei der Auswahl des Bodenbelags hohe Anforderungen im Hinblick auf die Sicherheit gestellt, so ist witterungsbedingte Nässe einzukalkulieren. Ist eine falsche Bodenpflege für den Sturz eines Kunden verantwortlich, haftet der Supermarktbetreiber, entschied das OLG Köln (Az. 17 U 76/74.)
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Die Verkehrssicherungspflicht sagt aus, dass der Inhaber den Fußboden des Geschäfts regelmäßig kontrollieren lassen muss. Laut OLG Nürnberg (Az.3 U 806/05) alle 15 bis etwa 25 Minuten.
Ausgelaufene Flüssigkeiten sind schnell zu beseitigen. Nach Reinigungsarbeiten sind entsprechende Hinweisschilder aufzustellen, die vor Rutschgefahr warnen. Unterlässt ein Supermarkt das, haftet er, so das LG Coburg (Az. 24 O 76/18) - wie das Portal anwaltauskunft.de des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.
Beweise sofort sicherstellen
Die Verbraucherzentrale Niedersachsen, die selbst keine Beratung zu solchen Fällen anbietet, gibt - wie die Rechtsschutzversicherung Advocat – folgende Empfehlung: Den Vorfall sofort dokumentieren, wenn möglich Fotos machen, Zeugen ansprechen, deren Kontaktdaten notieren und sich ärztlich behandeln lassen, da eine ärztliche Bescheinigung als Beweismittel dienen kann. Zeitnah nach dem Sturz sollte außerdem der Unfallhergang genau aufgeschrieben werden.
Der Sachverhalt und die Verletzung sollten umgehend beim Betreiber gemeldet werden. Etwaige Ansprüche auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld sollten schriftlich geltend gemacht werden. Grundsätzlich empfehlen die Verbraucherschützer, sich juristisch beraten zu lassen.
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