TLNG-Streit in Stade: Jetzt greift Wirtschaftsminister Lies ein

Da war die LNG-Welt noch in Ordnung: Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (links) und Holger Banik, Geschäftsführer der Niedersachsen Ports, bei der Übergabe des Anlegers für verflüssigte Gase in Stade im Dezember 2023. Foto: Georg Wendt/dpa
Im Zoff um das schwimmende LNG-Terminal in Stade spricht Niedersachsens Wirtschaftsminister Klartext. Olaf Lies will das Projekt retten - und bringt eine interessante Variante ins Spiel.
Stade. „Die können sich nicht auf Kosten der sicheren Energieversorgung Deutschlands streiten“, sagt Olaf Lies in der aktuellen Stunde im Niedersächsischen Landtag am Mittwochvormittag. Der Wirtschaftsminister kündigt an, noch in dieser Woche alle Beteiligten an einen Tisch zu holen. Und er greift der Bundesregierung ins Steuer, indem er eine dritte Partei ins Spiel bringt, um das schwimmende Terminal für Stade noch zu retten: Uniper.
Wie berichtet ist das schwimmende LNG-Terminal (genannt FSRU für Floating Storage and Regasification Unit), das vor einem Jahr in Stade ankam, bis heute nicht in Betrieb. Wer dafür verantwortlich ist, darüber streiten sich die staatliche Betreiberfirma Deutsche Energy Terminal (DET) und das privatwirtschaftliche Konsortium Hanseatic Energy Hub (HEH), das mit der Errichtung des Anschlusses ans Gasnetz beauftragt wurde.
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Das Gewerbeaufsichtsamt (GAA) Cuxhaven sieht die staatliche DET in der Bringschuld, die letzten Details für eine Inbetriebnahme zu klären. Diese klare Positionierung hob auch Lies hervor, der neben den beiden Streitparteien auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und das GAA eingeladen hat, sich an einen Tisch zu setzen.
Um zu einer schnellen Lösung zu kommen, will er als dritte, unbeteiligte Partei den Uniper-Konzern ins Boot holen. Uniper ist fast vollständig in staatlichem Besitz und hat mit Wilhelmshaven I erfolgreich ein schwimmendes LNG-Terminal in Betrieb genommen. „Niedersachsen steht hinter der Inbetriebnahme des schwimmenden und des festen LNG-Terminals“ sagt Lies. Er sei „froh, dass es hier ein klares Bekenntnis dazu gibt“.
Grüne stellen schwimmendes Terminal in Stade infrage
Die Grünen kann er damit nicht meinen: Deren Landtagsabgeordnete Marie Kollenrott aus Duderstadt hat die Inbetriebnahme des schwimmenden LNG-Terminals kurz vorher infrage gestellt. Die Verzögerung in Stade will sie als Möglichkeit begreifen: „Jetzt, mit etwas Abstand zur akuten Energiekrise, ist es möglich, die LNG-Planungen zu überprüfen und in eine nachhaltige Energiestrategie einzubetten.
Niedersachsen hat die Infrastruktur für die Energiewende und Energiesicherheit geliefert - jetzt müssen wir sicherstellen, dass unser Kurs stimmt.“ Fracking-Gas aus den USA zu importieren könne nicht das Ziel sein.
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Das feste Stader LNG-Terminal, das HEH zurzeit als privater Investor baut, und die vom Land Niedersachsen in Rekordzeit errichtete Hafeninfrastruktur in Stade stellt Kollenrott allerdings nicht infrage. Beides diene dazu, Energiesicherheit zu gewährleisten, nicht nur für Deutschland, sondern auch für Tschechien. Zweitens diene es dem langfristigen Ziel, grünen Wasserstoff zu importieren.
Melanie Reinecke (CDU) nimmt DET ins Visier
Die Stader Landtagsabgeordnete Melanie Reinecke (CDU) dürfte Olaf Lies’ Initiative begrüßen. Sie hatte kurz zuvor gefragt: „Wo ist Lies? Wo bleibt die Kritik am Bund und an dessen Steuerung des Projekts?“ Niedersachsen habe geliefert, und sie erwarte vom Wirtschaftsminister Führung, wenn der Bund nicht liefere.
Reinecke nahm auch die bundeseigene DET ins Visier: „In der Praxis stellt sich die Frage, ob dieses Unternehmen überhaupt ein ernsthaftes Interesse hat, das Terminal in Stade zu betreiben.“ Stade sei kein Spielball für Streit um bürokratische Zuständigkeiten oder für parteipolitische Machtspielchen.
Das Projekt des schwimmenden LNG-Terminals in Stade sei ein „Bollwerk gegen geopolitische Abhängigkeiten“, weil es eine Lücke schließe, bis das feste Terminal an Land 2027 in Betrieb gehe.
Aktuell Abhängigkeit von Norwegen
Auch die Landtagsabgeordnete Corinna Lange (SPD) aus Deinste betont, dass die FSRU in Stade ein entscheidender Baustein sei, um die Resilienz des Systems im Hinblick auf die Versorgungssicherheit Deutschlands zu stärken: „Wir beziehen mehr als 40 Prozent Erdgas aus Norwegen. Was, wenn die Pipeline beschädigt wird?“
Dass das Thema in der aktuellen Stunde zur Sprache kommt, geht auf einen Antrag der AfD zurück.
Deren Landtagsabgeordneter Ansgar Georg Schledde spricht von einem „Skandal“, erklärt das Projekt des schwimmenden LNG-Terminals in Stade und mit ihm die Energiewende als gescheitert. Er fordert die Abkehr von Windkraft und Sonnenenergie und Rückkehr zu Atomkraftwerken.
Dafür bescheinigt ihm Reinecke „keine Fakten und keine Ahnung“ zu haben. Lange legt nach: Dass Schledde davon spreche, dass Dow in Stade „nun keine sichere Energie“ habe, zeige nur, dass er „gar keine Ahnung“ vom Energiestandort Stade hat.
Die HEH hofft auf Uniper
Die DET will sich zu Lies’ Vorschlag, die Inbetriebnahme von Uniper durchführen zu lassen, nicht äußern, weil es um eine politische Entscheidung zwischen Bund und Land gehe. Die HEH lässt in einem schriftlichen Statment angesichts von Lies’ Vorschlag Erleichterung durchscheinen: „Wir begrüßen den Vorschlag von Minister Lies, mit Uniper einen sehr erfahrenen Partner für die Inbetriebnahme einzubeziehen. Wir haben mit Uniper in Wilhelmshaven bereits wertvolle Erfahrungen gesammelt, wie ein LNG-Terminal sauber und störungsfrei betrieben werden kann.“