TLärmaktionsplan: Zahnloser Tiger schützt Gesundheit nicht

Die Darstellung zeigt die Lärmbelastung in der Samtgemeinde Horneburg. Foto: Lärmkontor
Vor den Osterferien haben sich die Politiker der Samtgemeinde Horneburg mit einem wichtigen Thema beschäftigt: dem Lärmaktionsplan. Glücklich sind die Politiker mit dem Papier nicht. Dabei könnte es helfen, die Gesundheit vieler Bürger zu schützen.
Horneburg. Der Lärmaktionsplan - eine Fortschreibung des alten - muss im Sommer vom Rat der Samtgemeinde Horneburg verabschiedet werden. Das Bundesimmissionsschutzgesetz schreibt das vor. Ohne den Stempel gibt es Ärger aus Brüssel. Denn Deutschland hat sich gegenüber der Europäischen Union (EU) verpflichtet, dass die Städte und Gemeinden alle fünf Jahre einen Lärmaktionsplan aufstellen. Das Ziel lautet: Gesundheitsgefahren durch Lärm mindern, Herzkrankheiten und Schlafstörungen reduzieren.
Das Büro Lärmkontor hat jetzt im Auftrag der Samtgemeinde den Entwurf eines 35 Seiten starken Lärmaktionsplans für die fünf Mitgliedsgemeinden vorgelegt. Dieser Plan muss laut Vorgabe aus Berlin an Hauptverkehrsstraßen mit einem Verkehrsaufkommen von mehr als drei Millionen Kraftfahrzeugen pro Jahr - sprich Bundesstraße B73 und A26 - und an Haupteisenbahnstrecken mit mehr als 30.000 Zügen pro Jahr aufgestellt werden. In Horneburg werden 46.000 Züge im Jahr gezählt.
1500 Bürger leiden unter Lärm der Bundesstraße 73
Laut Gutachter sind 1500 Einwohner tagsüber - in Dollern, Horneburg und Nottensdorf - und 700 nachts - in Horneburg und Dollern - in 800 Wohnungen vom Straßenverkehrslärm betroffen. Allein die Agathenburger profitieren vom jüngst eingebauten Flüsterasphalt. 1100 Bürger trifft tagsüber der Lärm der Bahn, nachts seien es 910. 10,8 Prozent der Einwohner der Samtgemeinde Horneburg sind durch Umgebungslärm über 55 dB(A) betroffen, einer von 100 Bürgern leide unter „sehr hohe Belastungen“.
Doch es gibt ein Problem: Land und Bund sind nicht verpflichtet, die Bürger vor Lärm zu schützen. „Es gibt keine Verbindlichkeit“, sagte Bauamtsleiter Roger Courtault, eigentlich sei der Plan ein „zahnloser Tiger“. Das Papier koste den Steuerzahler rund 8000 Euro. Ganz so negativ wollte Verena Wein-Wilke (Grüne) das Gutachten nicht einstufen. „Wir können es als Argumentationshilfe nutzen.“ Letztlich sei bei der Sanierung der B73 in Agathenburg mit dem Einbau von Flüsterasphalt eine Forderung des ersten Lärmaktionsplans erfüllt worden. Das müsse auch bei der Sanierung zwischen Horneburg und Hedendorf geschehen, bevor die B73 - nach Freigabe der A26 bis zur A7 - zur Landesstraße herabgestuft wird.
Im Gespräch ist unter anderem - mit Blick auf einen alten und neuen Vorschlag aus dem Lärmaktionsplan der Samtgemeinde - eine Geschwindigkeitsreduzierung zwischen dem Kreisverkehr am Schragenberg (K36neu/B73) und der Kreuzung Postmoor.
Dort seien zahlreiche straßennahe Wohngebäude nachts sehr hoch mit über 60 dB(A) LNight belastet. Eine Absenkung von 70 auf 50 km/h könne den Lärm effektiv um etwa 3,5 dB/(A) reduzieren. Weitere Punkte: Geschwindigkeitsreduzierung auf 60 km/h auf der B73 zwischen Kreuzung Postmoor bis nördlich des Anschlusses „Stader Straße“ bei Bauer „Duden“, zudem ein Austausch der vorhandenen Lärmschutzwand östlich der B73 gegen „effektivere Lärmschutzwände“ und eine Verlängerung der Lärmschutzwand bis zur Einmündung Stader Straße.
Das müsste unter anderem mit der Kreis-Straßenverkehrsbehörde besprochen werden. Der Grund: Weder bei baulichen noch bei Verkehrsregelungen können die Horneburger ein Entscheidung treffen. Sie dürfen lediglich Wünsche äußern. Die Politik hat den Entwurf im Ausschuss für Klima, Planung und Umwelt abgesegnet und wird im Mai/Juni wieder zu dem Thema tagen, außerdem soll eine Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgen.