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Probleme mit Bordcomputern

A320-Mängel bremsen Airbus aus – Auslieferungsziel gekappt

Die Airbus-Modellfamilie A320 ist die meistverkaufte Flugzeugreihe der Welt. (Archivbild)

Die Airbus-Modellfamilie A320 ist die meistverkaufte Flugzeugreihe der Welt. (Archivbild) Foto: Christian Charisius/dpa

820 Passagierflugzeuge wollte der Flugzeugbauer mit Sitz auch in Finkenwerder in diesem Jahr an die Kunden bringen. Das klappt nicht. Woran das liegt.

Von Steffen Weyer, dpa-AFX und Christian Ebner, dpa Mittwoch, 03.12.2025, 11:49 Uhr

Toulouse/Frankfurt. Der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus kann auch in diesem Jahr nicht so viele neue Jets ausliefern wie geplant. Wegen Mängeln an Rumpfteilen für die Modellfamilie A320 dürften nur 790 Passagierflugzeuge den Weg zu den Kunden finden, teilte der Dax-Konzern am Mittwoch in Toulouse mit. Zuvor standen 820 im Plan. Internen Informationen zufolge muss der Hersteller Rumpfteile an mehr als 600 Maschinen überprüfen - die meisten davon sind noch nicht ausgeliefert.

An der Börse gab es nach den Neuigkeiten Kursgewinne, nachdem die Airbus-Aktie an den Vortagen teils deutlich verloren hatte. Kurz nach Handelsstart am Mittwoch legte sie um fast zwei Prozent auf 194,22 Euro zu und näherte sich damit wieder der Marke von 200 Euro. Zugleich wird das Airbus-Papier damit wieder mehr als ein Viertel teurer gehandelt als zum Jahreswechsel.

Schlechte Nachrichten ballen sich

Rund um das Wochenende hatten sich schlechte Nachrichten von Airbus geballt: Am Freitag wurde zunächst bekannt, dass A320neo-Jets mit Triebwerken von Pratt & Whitney bei bestimmten Wetterbedingungen mit gefrierendem Nebel nicht mehr ohne Weiteres starten dürfen. Am Abend teilte Airbus dann mit, dass Fluggesellschaften an rund 6.000 Maschinen der A320-Familie umgehend ein Software-Update rückgängig machen müssen. An knapp 100 Jets müssen sogar Bordcomputer ausgetauscht werden.

Ein Beluga-Transportflugzeug startet am Airbuswerk-Finkenwerder.

Ein Beluga-Transportflugzeug startet am Airbuswerk-Finkenwerder. Foto: Martin Elsen

Am Montag räumte Airbus schließlich die Qualitätsmängel an Rumpfverkleidungen eines Zulieferers ein. In der Folge rauschte der Aktienkurs zeitweise um mehr als zehn Prozent bis auf 182,46 Euro in die Tiefe.

Probleme mit Rumpfteilen

Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg muss Airbus wegen der Rumpfteile insgesamt 628 Maschinen überprüfen. Nur 168 der Jets seien schon im Einsatz, die übrigen 460 noch in der Fertigung, berichtete Bloomberg am Montag unter Berufung auf eine interne Präsentation des Konzerns.

Eine Airbus-Sprecherin wollte diese Zahlen auch am Mittwoch nicht bestätigen. Allerdings gebe es nicht an allen identifizierten Rumpfteilen Handlungsbedarf, schrieb sie. Zudem sinke die Zahl der möglicherweise betroffenen Flugzeuge von Tag zu Tag, da Airbus mit den Überprüfungen vorankomme. Wie viele Jets der Hersteller im November ausgeliefert hat, will er an diesem Freitag mitteilen.

Airbus-Chef hält an Finanzzielen für 2025 fest

Unterdessen hält Airbus-Chef Guillaume Faury an seinen Finanzzielen für 2025 fest: So soll der um Sonderposten bereinigte operative Gewinn (bereinigtes Ebit) wie gehabt rund sieben Milliarden Euro erreichen. Für den freien Mittelzufluss vor Kundenfinanzierungen hat der Manager weiter rund 4,5 Milliarden Euro im Auge.

Schon im vergangenen Jahr hatte Faury sein ursprüngliches Auslieferungsziel kappen müssen: Weil Zulieferer mit der Lieferung wichtiger Teile wie Triebwerken nicht hinterherkamen, übergab Airbus statt der ursprünglich angepeilten 800 Maschinen letztlich nur 766 Jets an seine Kunden. Auch im Jahr 2022 hatte der Hersteller sein ursprüngliches Auslieferungsziel wegen knapper Teile verfehlt.

A320 ist meistgebaute Flugzeugfamilie der Welt

Derweil sind die Auftragsbücher von Airbus prall gefüllt: Ende September saß der Hersteller auf Bestellungen über 8.665 Passagier- und Frachtjets. Gemessen an den derzeitigen Produktionsraten reicht der Auftragsbestand rein rechnerisch über fast elf Jahre. Am stärksten gefragt sind die Jets der A320-Familie in ihrer seit rund zehn Jahren gebauten Neuauflage A320neo. Faury will die Produktion der Reihe deshalb bis 2027 auf monatlich 75 Maschinen hochfahren.

Mit mehr als 12.000 ausgelieferten Exemplaren ist die A320 die meistgebaute Flugzeugfamilie der Welt und hat damit die 737-Jets des kriselnden Herstellers Boeing aus den USA überholt. Der US-Konzern steckt seit Jahren in einer tiefen Krise. Nach zwei Abstürzen 2018 und 2019 sowie einem Beinahe-Unglück Anfang 2024 steht er inzwischen unter strenger Aufsicht der Luftfahrtbehörde FAA und darf seine Produktion nur noch beschränkt hochfahren. Airbus und Boeing beherrschen den Weltmarkt für größere Passagier- und Frachtjets bisher praktisch allein.

Software-Störung bei Airbus

Fluggesellschaften in aller Welt hatten am Wochenende mit Software-Problemen an Flugzeugen vom Typ Airbus A320 zu kämpfen. Laut Hersteller waren mehr als 6.000 Maschinen und damit mehr als die Hälfte der aktiven Flotte des global meistverkauften Passagierflugzeugs betroffen. Die Mehrzahl ist bereits wieder in der Luft: Bei den allermeisten Jets reichte die Rückkehr auf eine ältere Software-Version, während bei weniger als 100 Maschinen voraussichtlich die Bordcomputer ausgetauscht werden müssen.

Zahlreiche Flugausfälle

Die Einschränkungen für den Flugverkehr blieben am Wochenende in Europa überschaubar. Lufthansa, Easyjet und weitere Gesellschaften berichteten von schnellen Umrüstungen und geringen Auswirkungen auf den Betrieb. Air France und die japanische ANA sagten hingegen Dutzende Flüge ab. In den USA wurde der starke Reiseverkehr zum Thanksgiving-Tag beeinträchtigt.

Airbus-Chef entschuldigt sich

Airbus-Vorstandschef Guillaume Faury bat in den sozialen Medien Passagiere und Airline-Kunden um Entschuldigung für logistische Herausforderungen und Verspätungen. Die Teams arbeiteten rund um die Uhr, um die Flugzeuge wieder in die Luft zu bringen.

Airbus-Chef Faury entschuldigt sich. (Archivbild)

Airbus-Chef Faury entschuldigt sich. (Archivbild) Foto: Fred Scheiber/AP/dpa

Einige Airlines nahmen schon ab Freitagabend die Software-Umstellung vor, mit der sich das Problem schnell beheben ließ. Viele Flugreisende, die auf eine A320-Maschine gebucht waren, bekamen von der kurzfristigen Aktion also kaum etwas mit.

Am Montag teilte Airbus mit, dass bei „weniger als 100“ Flugzeugen die Rechner ausgetauscht werden müssten, weil sie nicht mit der vorherigen Software-Version funktionierten. Daran arbeite man gemeinsam mit den Kunden-Airlines.

Verkaufsschlager A320

Wer häufiger auf der Kurz- oder Mittelstrecke geflogen ist, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits in einem Flugzeug aus der Airbus-Modellfamilie A320 gesessen. Sie ist mit mehr als 12.000 ausgelieferten Maschinen in den Längenvarianten A318 bis A321 die meistverkaufte Flugzeugreihe der Welt. Vor allem mit der Neuauflage A320neo stieg der Hersteller zum Marktführer bei Kurz- und Mittelstreckenjets auf und verdrängte den US-Konzern Boeing mit seiner 737-Reihe auf den zweiten Platz. Die beiden Unternehmen beherrschen den globalen Markt für größere Passagierjets.

Rückkehr auf sichere Software-Version

In einer Notfall-Anweisung hatte die europäische Luftfahrtbehörde EASA am Freitagabend die Airlines angewiesen, auf die letzte sichere Software-Version zurückzukehren. Demnach hatte ein fehlerhaftes Update der doppelt eingebauten ELAC-Bordcomputer des französischen Herstellers Thales die Sicherheitsprobleme ausgelöst.

Airbus und EASA reagierten auf einen Zwischenfall bei einem Flug der US-Gesellschaft Jetblue am 30. Oktober. Die A320 hatte nach einem Problem mit der Flugsteuerung und einem plötzlichen unkontrollierten Höhenverlust in Florida notlanden müssen. Bei dem Vorfall wurden mehrere Menschen verletzt.

Partikelströme nach Sonnensturm

Airbus hat die fehlerhafte Datenverarbeitung auf von der Sonne ausgelöste Partikelströme zurückgeführt. Zwar würden die meisten Teilchen von der Erdatmosphäre aufgehalten, erläuterte die Astronomin Barbara Perri von der Universität Paris-Saclay in der Zeitung „Le Parisien“. Einige würden jedoch in Form von Strahlung wieder abgegeben, die in die Erdatmosphäre vordringe. Diese Strahlung könne dann von Flugzeugen absorbiert werden, was deren elektronisches System stören könne.

Airbus-Aktie im Sinkflug

Für die Airbus-Aktie ging es nach den Neuigkeiten steil abwärts. Das Papier verlor am Montag an den Börsen zwischenzeitlich zehn Prozent. Kursgewinne aus den vergangenen Monaten lösten sich in Luft auf.

Der weltgrößte Flugzeugbauer muss neben den Software-Problemen auch an mangelhaften Rumpfteilen nacharbeiten. Betroffen sei eine begrenzte Zahl von metallenen Rumpfverkleidungen der A320-Reihe, teilte der Dax-Konzern in Toulouse mit und bestätigte damit einen entsprechenden Medienbericht. Die Ursache sei gefunden, eingegrenzt und alle seitdem produzierten Teile entsprächen wieder den Anforderungen, erklärte eine Sprecherin. Die Airbus-Aktie dämmte daraufhin ihre herben Kursverluste vom Mittag ein wenig ein. (dpa)

Airbus ist der größte Flugzeugbauer der Welt. (Archivbild)

Airbus ist der größte Flugzeugbauer der Welt. (Archivbild) Foto: Joaquin Corchero/EUROPA PRESS/dpa

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