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Rückkehr der Wölfe

TMinister Meyer bekennt sich zur Jagd auf Wölfe - Stader Landrat trotzdem frustiert

In Niedersachsen gibt es zwischen 500 und 600 Wölfe. Der Bestand verdoppelt sich alle drei Jahre.

In Niedersachsen gibt es zwischen 500 und 600 Wölfe. Der Bestand verdoppelt sich alle drei Jahre. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Es braucht klare Regeln beim Umgang mit dem Wolf. Bei einem Treffen zwischen Landräten und Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer gab es von der kommunalen Seite erneut klare Forderungen an die Landesregierung. Das sagt Stades Landrat Kai Seefried.

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Von Karsten Wisser
Mittwoch, 24.04.2024, 11:50 Uhr

Landkreis. Ernüchtert, um nicht zu sagen frustriert, machte sich Stades Landrat Kai Seefried am Montagabend in Uelzen wieder auf den Heimweg. Sein erstes Fazit: Das Treffen mit Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Bündnis 90/Die Grünen) habe kaum neue Erkenntnisse gebracht. Zwar sei sachlich und konstruktiv diskutiert worden, doch eine Lösung für das Problem Wolf bleibe in weiter Ferne.

Umweltminister Meyer bringt zwei neue Infos mit

Die einzige neue Information aus Sicht des Stader Landrats: Die Verordnung zum Schnellabschuss sei fertig. Ursprünglich hatte der Minister sie bei dem Treffen mit den Landräten präsentieren wollen. Das Ministerium wolle jetzt zunächst die Begründung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg abwarten, das vor wenigen Tagen eine Entnahmegenehmigung kassiert hatte - das TAGEBLATT berichtete. Minister Christian Meyer wolle prüfen lassen, ob die Urteilsbegründung Hinweise liefere, die in die Verordnung eingearbeitet werden müssten.

Der Stader Landrat sprach von einem „Stochern im Nebel“. Die Landkreise stimmten sich auf Initiative des Niedersächsischen Landkreistages bereits jetzt intensiv ab, um mit gemeinsamen Positionen auf das Ministerium in Hannover zuzugehen, sagt Seefried.

Gesellschaftliche Stimmung ist am Kipppunkt

Kai Seefried und seine Landratskollegen wollten vom Minister wissen, ob er sich bei Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) dafür starkmacht, dass sie für Deutschland den guten Erhaltungszustand der Wolfspopulation erklärt und eine von der EU-Kommission angestrebte Herabstufung des Schutzstatus unterstützt. Dies habe Meyer bejaht.

„Hier nehmen wir die Landesregierung beim Wort“, so Seefried. Sollte sich die Bundesregierung bei dieser Frage enthalten, „wäre das ein fatales Signal“. Die gesellschaftliche Stimmung sei an einem Kipppunkt. Die Politik müsse Handlungsfähigkeit beweisen, alles andere wäre „eine Steilvorlage für Extremisten und Demokratiefeinde“.

Wolfsfreie Zonen für den Küstenschutz

„Die Menschen vor Ort sind zutiefst verunsichert“, fasst Landrat Seefried die Situation zusammen. „Alle bei dem Treffen vertretenen Landkreise sind sehr stark von Wolfsrissen auf Nutztiere betroffen.“ Nach den Wolfsattacken auf Schafherden in Jork und in Kranenburg sowie den Bildern eines Wolfes, der im Alten Land durch Obstplantagen und Wohnsiedlungen streift, sei die Angst vor weiteren Vorfällen groß. Die Diskussion zeige einmal mehr: „Wir benötigen endlich wolfsfreie Zonen im Umfeld der Deiche“, sagt Seefried.

Wenn wir jetzt nichts tun, hat sich die Wolfspopulation in drei Jahren verdoppelt.

Stades Landrat Kai Seefried

„Wenn wir jetzt nichts tun, hat sich die Wolfspopulation in drei Jahren verdoppelt“, rechnet der Stader Landrat vor. Seefried findet deutliche Worte: „Das kann im Ernst niemand wollen. Schon jetzt ist jegliches Maß überschritten.“

Das Foto zeigt die Übergabe der Resolutionen durch die Verwaltungsspitzen der beteiligten Landkreise an Umweltminister Meyer, von links: Dezernent Dr. Martin Dehrendorf (Landkreis Friesland), Erster Kreisrat Gerald Höhl (Landkreis Celle), Erster Kreisrat Josef Nießen (Landkreis Harburg), Landrat Tobias Heilmann (Landkreis Gifhorn), Landrat Holger Heymann (Landkreis Wittmund), Prof. Dr. Hubert Meyer (Hauptgeschäftsführer Niedersächsischer Landkreistag), Landrat Jens Böther (Landkreis Lüneburg), Landrat Marco Prietz (Landkreis Rotenburg Wümme), Umweltminister Christian Meyer, Landrat Dr. Heiko Blume (Landkreis Uelzen), Landrat Olaf Meinen (Landkreis Aurich), Landrat Kai Seefried (Landkreis Stade) und Landrat Jens Grote (Landkreis Heidekreis).

Das Foto zeigt die Übergabe der Resolutionen durch die Verwaltungsspitzen der beteiligten Landkreise an Umweltminister Meyer, von links: Dezernent Dr. Martin Dehrendorf (Landkreis Friesland), Erster Kreisrat Gerald Höhl (Landkreis Celle), Erster Kreisrat Josef Nießen (Landkreis Harburg), Landrat Tobias Heilmann (Landkreis Gifhorn), Landrat Holger Heymann (Landkreis Wittmund), Prof. Dr. Hubert Meyer (Hauptgeschäftsführer Niedersächsischer Landkreistag), Landrat Jens Böther (Landkreis Lüneburg), Landrat Marco Prietz (Landkreis Rotenburg Wümme), Umweltminister Christian Meyer, Landrat Dr. Heiko Blume (Landkreis Uelzen), Landrat Olaf Meinen (Landkreis Aurich), Landrat Kai Seefried (Landkreis Stade) und Landrat Jens Grote (Landkreis Heidekreis). Foto: Martin Theine

Regeln zur Entnahme von Problemwölfen

Bei dem Treffen in Uelzen hatte Seefried nicht nur die jüngsten TAGEBLATT-Veröffentlichungen über die dramatische Situation im Landkreis Stade im Gepäck. Der Landrat hat dem Minister auch die Stader Kreistagsresolution vom Herbst noch einmal persönlich übergeben. Einstimmig hatte die Kreispolitik ein regional differenziertes Wolfsmanagement und praktikable Regeln zur Entnahme von Problemwölfen gefordert.

Der Zusammenschluss aller Landkreise - der Niedersächsische Landkreistag (NLT) - unterstützt die Landräte. „In vielen Bundesländern sind Wolfsangriffe auf Weidetiere eine große Sorge der Tierhalter und verunsichern die Bevölkerung. In Niedersachsen ist er darüber hinaus eine Gefahr für über eine Million Menschen, weil er die Deichsicherheit gefährdet“, sagt der NLT-Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer.

Abschusserleichterungen scheitern vor Gericht

„Bisher lassen Bundes- und Landespolitik sich für Maßnahmen feiern, die alle vor Gericht scheitern. Das gilt auch für die vorgeblichen Abschusserleichterungen einzelner Problemwölfe durch Bundesumweltministerin Lemke, die vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht keinen Bestand hatten. Das kann so nicht weitergehen“, so Hubert Meyer.

Umweltminister Christian Meyer ist inzwischen auch für die Bejagung. „Das macht man bei Rehen, Schweinen und Füchsen. Warum soll das nicht auch beim Wolf gehen?“, befand Meyer in der Pressekonferenz nach dem Landrätetreffen. „Wir wollen mehr Möglichkeiten, Wölfe zu entnehmen.“ Es gehe nicht um Ausrottung.

44 Wolfsrudel seien, so Meyer in der „Allgemeinen Zeitung“ aus Uelzen, die Untergrenze. In Niedersachsen sei der naturschutzrechtliche gute Erhaltungszustand des Wolfs mit 55 Rudeln längst erreicht.

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